Deichbrand 2013: Sonne, Staub und Heiratsantrag

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Cuxhaven/Wanhöden (wk) - Sommerzeit ist Festivalzeit. Der Wettergott hatte sich für das verregnete und stürmische Vorjahr entschuldigt, in dem eine zerrissene Fire-Stage und Schlammlöcher zu beklagen war. 38.000 Fans waren dieses Jahr bei strahlendem Sonnenschein rundum zufrieden.

Bei der 9. Auflage vom Deichbrand-Festival wurde am Seeflughafen Nordholz vom 18.-21. Juli 2013 auf zwei großen und zwei kleineren Bühnen mit ca. 80 Bands gerockt. Das trockene Wetter hatte einen Nachteil: Eine wahre Staubglocke hing über dem Festivalgelände. Insbesondere die Fahrzeuge auf dem Parkplatz waren mit einer dicken Staubschicht überzogen. Das Open-Air-Gelände lud aber auch zum Entspannen ein. Sonnenschirme wurden aufgespannt und Picknickdecken ausgebreitet. Insbesondere am heißen Sonntag wurde jeder kleine Fleck, der Schatten spendete ausgenutzt.

Im Vergleich zu manch anderen Festivals geriet man hier nicht in Stress, weit von Bühne zu Bühne zu hasten um die Lieblingsbands, die ausgerechnet wieder genau gleichzeitig auf möglichst weit voneinander entfernt liegenden Bühnen spielen, nicht zu verpassen. Alles war dicht zusammen, da das Gelände nicht zu groß ist. Eine gewisse familiäre Atmosphäre hat sich das Festival trotz der jetzigen Größe noch erhalten.

Geboten wurde den Fans auf Deutschlands nördlichstem Festival ein Mix aus Hip Hop, Pop, Electro, Rock und Metal. Zu den Headlinern zählten unter anderem die Toten Hosen, Sportfreunde Stiller, In Flames, Bosse, Kraftklub, Jennifer Rostock, Casper, Frida Gold, Bush, Madsen und die Orsons.

4 Tage lang feierten die musikbegeisterten Fans bei sommerlich-heißen Temperaturen. Lediglich am Freitag waren ein paar Wolken zu sehen. Sanitäter und Sicherheitsleute waren bei der prallen Sonne im Dauereinsatz, sie versorgten die Feiernden immer wieder mit Getränken. Außerdem sorgte die Security vor der Bühne immer wieder für Getränke und Abkühlung mit dem Wasserschlauch. Das Unternehmen O.K.S. aus Syke machte einen hervorragenden Eindruck. Sie hatten sicherheitstechnisch alles im Griff, mehr noch, sie rockten mit und animierten das Publikum zum klatschen. Fans stimmten sogar O.K.S Sprechchöre an, woraufhin diese kurzerhand eine Laola-Welle mit dem Publikum starteten.

Am Freitag gab es u.a. Slime, Broilers, Jennifer Rostock und Casper auf die Ohren. Anti-Flag gaben direkt von der ersten Sekunde an richtig Gas und wussten das Publikum auf ihrer Seite. Auf der Fire-Stage ging es direkt weiter mit den Melodic-Death-Metallern von In Flames. Die Menschen vor der Bühne waren deutlich verhaltender als noch zuvor und das, obwohl die Band sich sichtlich Mühe gab, allen voran Anders Fridén.

Am Samstag heizten die Hamburger Le Fly! mit ihrer "St. Pauli Tanzmusik" bei gut 30 Grad den feiernden Gästen gehörig ein, und die machten bereitwillig mit. Le Fly ist zu Recht dieses Jahr auf die große Bühne umgezogen, nachdem sie im Vorjahr noch den Red Bull Tourbus bespielten. Musikalisch eine härtere Schiene fuhren die Schweden von Adept direkt im Anschluss sowie Your Demise auf der Fire-Stage. Die T.C.H.I.K. alias The toten Crackhuren im Kofferraum alias fünf Frauen in Begleitung von drei Männern versprühten Partystimmung und gute Laune mit Musik irgendwo zwischen genial und bescheuert.

Nun war Kraftklub auf der großen Bühne. Mit ihnen die schönste Geschichte des Festivals: Während sich Felix von Kraftklub mal wieder stagedivend zur Mitte des Publikums tragen ließ, seinen Schuh verlor, welcher sich dann auf der Bühne wieder anfand, bekam er eine Mütze und einen Zettel zugesteckt.

 

Zurück auf der Bühne merkte er, das der darin enthaltene Heiratsantrag nicht an ihn gerichtet war, sondern an Romy. Wer war Romy? Und wie aus dem Nichts stand Franz auch schon der Bühne, um seiner  Romy, mit der er bereits seit 4 Jahren zusammen war, genau diesen zu machen.

Alle Zuschauer mussten sich hinsetzen, bis die Begehrte gefunden wurde. Romy signalisierte mit Daumen nach oben, dass sie ihren Franz heiraten will. Als hätten die Kraftklub Jungs es geahnt, spielten sie im Anschluss „Songs für Liam“. Solche Geschichten können einfach nur auf Festivals passieren und verursachen doch etwas Gänsehaut.

Der Sonntag glänzte mit abermals über 30 Grad. Zum Abschluss der Hauptact: 30 Jahre Bandgeschichte, unzählige Konzerte, Nr. 1-Hits und allem, was sich eine Band wünschen kann, und dennoch scheinbar keinen Tag gealtert: Die Toten Hosen.

Textsicher wurde sich durch alle bekannten Songs gesungen, angefangen mit "Bonny und Clyde", über "Paradies" und "Alles nur aus Liebe". Es wurde gepogt und getanzt bis fast zum Festzelt zurück. Dazu kamen noch Coverversionen von The Clash – "Should I stay or should I go", Hannes Waders´ "Heute hier, morgen dort" und sogar Die Ärzte mit "Schrei nach Liebe" zollte man Tribut.

Leider war die Abreise dann noch chaotischer als die Anreise. 38000 Fans über eine einzige Straße zu einer weit entfernten Autobahnauffahrt abzuleiten kostete den Abreisenden unendliche Stunden und brachten manchen, der am Montag wieder früh aufstehen musste zur Verzweiflung. Da bekam der Tote Hosen Song „An Tagen wie diesen wünscht man sich Unendlichkeit“ eine paradoxe Bedeutung.

Ein Lob an die Organisation des Festivals selbst. Ein gelungenes Festival. Es lag an den freundlichen gut gelaunten Menschen und nicht zuletzt dem Bühnenprogramm, obwohl es natürlich auch den ein oder anderen Kritikpunkt gab. Die meisten letztes Jahr z.T. wetterbedingt zu Stande gekommenen Probleme wurden aber super in den Griff bekommen. Die Trennung der beiden Hauptbühnen, die nicht mehr nebeneinander standen, sondern mehr Platz dazwischen hatten, hat sich durchaus positiv ausgewirkt.

Aber sollte man sich noch für die Zukunft Gedanken über die Verkehrsführung machen. Da wird mancher am Montag arbeitende Besucher beim Jubiläums-RockCity 10.0 vom 25. bis 27. Juli 2014 überlegen, ob er nicht den Headliner am Sonntag lieber ausfallen lässt und früher heimreist.

In unserer Bildergalerie seht ihr Auftritte von Donnerstag bis Sonntag. U.a. In Flames, Casper, Jennifer Rostock, Bush, Madsen, Anti-Flag, Blumentopf, Mrs. Greenbird, Ropyal Republic, die Toten Hosen und einige andere.