Drachen in der Barclaycard Arena

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Hamburg, 15.10.2015 - Bis vor zwei Jahren waren Imagine Dragons nur Szenekennern ein Begriff. Mittlerweile gilt die 2008 von Gitarrist und Sänger Dan Reynolds, Gitarrist Wayne Sermon, Bassist Ben McKee und Drummer Daniel Platzman gegründete Band als eine der größten Sensationen des letzten Jahrzehnts. Sie traten nun im Rahmen ihrer „Smoke + Mirrors“- Deutschlandtournee in der mit ca. 7500 Zuschauern gut besuchten Barclaycard Arena Hamburg auf.

Der weltweite Erfolg der US-amerikanische Indie-Rock-Band aus Las Vegas kam sehr überraschend. 2012 stieg ihr Debütalbum „Night Visions“ in den USA auf Anhieb auf Platz 2 der Billboard Charts und avancierte zum bestverkauften Debüt einer Rockband seit 2006. Anfang 2013 wurde das Album ebenso erfolgreich in Europa veröffentlicht: Nr. 2 in England, Nr. 6 in Deutschland und die Band erhielt insgesamt zwölf Platin-Auszeichnungen.

Imagine Dragons traten in TV-Shows auf, ihre Songs wurden für Serien, Kinofilme wie „Transformers“ oder Computerspiele wie League of Legends lizenziert und ihre umfangreiche Nordamerika-Tournee war restlos ausverkauft. 2013 gewannen sie den American Music Award als „Favorite Alternative Rock Artist“ und erhielten einen Grammy.

Insbesondere der Song It’s Time brachte ihnen erste größere Aufmerksamkeit auch über ihre Heimat hinaus. Den Durchbruch verschaffte ihnen aber die zweite Single Radioactive, die in vielen Ländern die Top 5 erreichte, in Schweden ein Nummer-1-Hit war und die auch in Deutschland Platinstatus erreichte. Am 22. Oktober 2015 startet auf Sat.1 die dritte Staffel der Action-Krimiserie "Crossing Lines" und Imagine Dragons liefern mit "Friction" auch den Titelsong zur Serie.

Bevor die Show jedoch richtig starten konnten, gehörte erst einmal den Surfer-Boys von Sunset Sons die Bühne. Die britisch-australische Formation besteht erst seit 2013, wird wohl nicht mehr lange brauchen, um in aller Munde und Ohren zu sein. Der Sänger hat eine Stimme, die zwischen Phil Collins und Caleb Followill von Kings Of Leon liegt. Das Quartett war bereits im letzten Monat beim Reeperbahn-Festival zu sehen, aber auch bei Hurricane und Southside. Ihr knapp 45-minütiges Set kosteten sie jedenfalls gut aus und ernten für ihren Gig sehr viel Beifall.

Doch dieser war nichts gegen den Applaus, als gegen 21:20 Uhr Frontmann und Sänger Dan Reynolds zusammen mit seinen Bandkollegen die Bühne betrat, verstärkt durch einen fünften Musiker an den Keyboards bzw. Gitarre. Ihr mit mit kraftvollen Melodien, knalligen Rock-Riffs, Satzgesang und voluminösen Chören ausgestatteter Indie-Rock ist weit entfernt vom gewöhnlichen Chart-Sound und sehr abwechslungsreich. Insbesondere die Titel vom 2. Album „Smoke + Mirrors“ sind noch etwas rockiger.

Bereits mit dem dynamischen Opener "Shots" wurden die Fans in Hochstimmung katapultiert. Bei "Trouble" sorgten kräftige Schläge auf eine zusätzliche durchsichtige Trommel, deren Durchmesser nahezu Taiko-Format erreichte dafür, dass der Rhythmus noch wuchtiger klang.

 

Musikalisch präsentierten sich die Amerikaner in Bestform. Immer wieder ging Reynolds auf einem langen Bühnensteg nach vorne ins Publikum. Ein lockerer Typ mit Charisma und einer natürlichen Lässigkeit. Er erzählte, dass er sich in Deutschland vor einigen Tagen den Arm gebrochen hatte. Und das er Gitarrist Wayne gefragt hatte, was „Cheers!“ auf deutsch heißt. Dieser sollte es ja wissen, den er hatte Deutsch auf der Highscool. Seine Antwort „Das heisst Tschuus!“ hat viel Verwirrung bei Feiern gesorgt, denn immer wenn anstossen wurde und er Tschuus sagte, waren die Leute irritiert und waren der Meinung, er wolle gehen. Er hat es Wayne offensichtlich verziehen, denn er durfte ein langes Gitarrensolo spielen. Und Reynolds versprach, wenn er das nächste Mal wieder in Deutchland ist, kennt er noch mehr deutsche Worte.

Vor 2 Tagen veröffentlichte die Band ihre Benefiz-Single "I Was Me" auf Apple und unterstützen mit dem Verkauf die Menschen, die ihre Heimatländer aus Angst vor Krieg, Verfolgung und Tod verließen und Schutz in Europa suchen. Reynolds nahm sich die Zeit auf der Bühne, über die Flüchtlingskrise zu sprechen und als Dank an alle Deutschen für die Aufnahme von Hunderttausenden von Flüchtlingen wurde eben dieses Lied gespielt. Jeder der Musiker beeindruckte durch sein Können und seine Begeisterung. Die fand besonders Ausdruck in Hits wie "Demons" oder "On top of the world". Auch Gold, Roots, Polaroid und I´m so sorry wurden performt.

Das Konzert war fast zu Ende, die Kehlen heiser vom Mitsingen, die Hände wund vom Klatschen; im gedämpften Licht sah man, wie ein paar Helfer weitere Trommeln auf die Bühne schleppten. Der Megahit "Radioactive" stand noch aus. Es ist ein düsterer Text über die atomare Apokalypse. Eigentlich sollte man sich längst satt gehört haben, er war auf allen Medienkanälen extensiv präsent. Aber jeder Widerstand war zwecklos: Man wurde wieder mitgerissen und, als der letzte Ton nach siebeneinhalb Minuten verklungen war, wollte man es am liebsten noch einmal hören.

Nach nicht einmal 90 Minuten ging die Band von der Bühne. Einige Fans strebten den Ausgängen zu. Doch die meisten in der ausverkauften Halle wollten einen Nachschlag: Applaus, Pfeifen, Rufen. Die Band ließ sich nicht lange für die Zugabe bitten. Passend zum Zugabelied „The Fall“ fielen aus Papier geformte Blätter, die wie glitzerndes Herbstlaub aussahen, von der Decke.

Fazit: Ein zu kurzes Konzert, aber eine klasse und sympatische Band, die für beste Simmung sorgte.