Schroeders Entscheidungshilfen im Capitol

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Bremerhaven- Am 12.02.2015 trat der 34-jährige Kabarettist Florian Schroeder im Bremerhavener Capitol vor ausverkauftem Haus mit seinem mittlerweile 4. Solo-Programm „Entscheidet euch“ auf. Die Karten waren bereits nach kürzester Zeit vergriffen.

Das Programm war eine gelungene Mischung aus Parodie, Politik und Gesellschaftsbetrachtung. Zunächst berichtete Schroeder, das er mit dem Zug anreisen wollte und am Bahnhof Bremen strandete, da wegen Gleisbauarbeiten kein Zug mehr in Richtung Bremerhaven fuhr. Die Kulturreferentarin Gundula Ott-von Bonin hatte ihn persönlich vom Bahnhof mit dem Pkw abgeholt, damit er noch rechtzeitig zur Vorstellung in Bremerhaven war.

Er stellte sich vor und fragte, wer ihn schon einmal auf der Bühne gesehen hat. Erstaunlich viele Hände hoben sich, obwohl er im Norden nicht ganz so bekannt ist. "Ich bin der Beckham für Arme" spielte er auf sein Aussehen an, "und schreibe meinen Namen mit "oe" und nicht wie der Kollege mit den Pudellocken mit ö!"

Schroeder hatte besonders seine eigene Generation ins Visier genommen, das Publikum im Capitol war aber deutlich älter. Die jungen Erwachsenen, die mitten im Leben stehen müssen wichtige Entscheidungen für die Zukunft treffen. Ausgehen oder zuhause bleiben? Heiraten oder trennen? Geschüttelt oder gerührt? Jeden Tag treffen wir unzählige Entscheidungen.

Und das bereitet Probleme: Wie soll man bei hundert ähnlichen Laptops im Elektronikmarkt das Richtige finden? Alleine Shampoos nehmen viele Meter im langen Regal ein. Schroeders Problem dabei: Er ist „Optimierer“ und will bei jeder Entscheidung alle denkbaren Optionen beachten. Klar, dass er recht lange für eine Entscheidung braucht. Anders sind die Bauchentscheider, meist Frauen. "Aber alles, was man mit dem Bauch entscheidet ist früher oder später für den Arsch!" machte er klar.

Wir leben in der Epoche der Selbstoptimierung. Alles muss perfekt sein, der Job, das Aussehen, der Partner, die Freizeit. Wir googeln permanent, weil wir glauben, dass es noch bessere Möglichkeiten geben könnte. Wir wollen das Beste zum günstigsten Preis. Er redete nicht nur über unsere Probleme, sondern bot Lösungen, z.B. warum weniger Möglichkeiten oft bessere Entscheidungen bedeuten.

Die Liste seiner Erfolge ist lang, die seiner Opfer aber länger. Kabarettist Florian Schröder zeichnet sich durch eine erfreuliche Respektlosigkeit aus und nahm auch an diesem Abend kein Blatt vor den Mund. Scharfzüngig kommentierte er auch das tagespolitische Geschehen. Dabei machte er auch Gebrauch von seinen Fähigkeiten als Imitator. In seinen Kommentaren melden sich auch Merkel, Schäuble, Jauch und Kerner zu Wort, und diskutierte mit Friedmann und Reich-Ranitzki.

Auch den sogenannten „Helikopter-Eltern“ schenkt er ordentlich ein. Für diese Überbesorgten und alles Kontrollierenden, die zu jeder Tages- und Nachtzeit lautlos über ihren Kindern schweben wäre der Begriff „Drohnen-Eltern“ besser, aber wir wissen ja: Die Eltern tun all das nur zum Wohle des Kindes!

 

Diese Elternart hat nur Angst, dass ihre Kinder später mal nicht zu den Global Playern gehören könnten und diskutieren einen passenden Namen vor der Geburt aus, den schon der richtige Name soll das Kind auf den richtigen Weg nach oben bringen.

Schroeder analysierte auch die Entwicklung der Pärchen. Früher waren die „Fusionspärchen“ vorherrschend, die alles gemeinsam gestalteten und sich im Laufe der Jahre immer ähnlicher werden. Heute gibt es immer mehr „Assoziierungspärchen“. Nach Schroeders Definition sind das Paare, „die zwar zusammen leben, aber auf getrennten Matratzen schlafen“, sich gegenseitig die Freiheit lassen und doch eine Einheit bilden. Er nannte auch eine Beziehungsformel, die jeder im Publikum für seine Beziehung überprüfen konnte: Anzahl des Gechlechtsverkehrs minus Anzahl der Streits. Sollte immer noch eine positive Zahl heraus kommen, sollte man doch die Anzahl des Geschlechtsverkehrs mit dem eigenen Partner nehmen.

Schon das Essen beim Lieblingsitaliener kann Entscheidungs-schwierigkeiten bereiten. Eigentlich bestellt er immer Pizza Nr. 7 mit doppelt Käse. Schwieriger wird es, wenn man den Kellner danach fragt, was dieser empfehlen würde und dabei immer wieder ausweichend antwortet. Nach einiger Zeit entstand ein Speisenkuddelnuddel, so dass er doch wieder bei der Pizza Nr. 7 landete.

Florian Schroeder übte sich auch in der Kunst deutscher Dialekte: Als norddeutscher Personalchef, der dem Kandidaten im Bewerbungsgespräch jede Aussage im Munde verdreht oder das sächselnde Pärchen, das einen gemeinsamen Wandertag auf ganz unterschiedliche Weise beschreibt.

Der Abend endet bei den gesetzlichen Bestimmungen über das eigene Lebensende. Verbote sind für Schroeder immer ein Zeichen dafür, dass dem Verbietenden die Frage über den Kopf wächst. Dagegen wehrt er sich: „Der Staat ist mein Diener, auch wenn er sich ab und zu wie ein Schulmeister aufführt!“.

Fazit: Er brauchte ein aufmerksames Publikum, um ihn in all seinen Feinheiten und bei teilweise temporeichen Spracheinlagen zu folgen. Er kitzelte Geist und Lachmuskeln. Er stellte seinen Humor in unseren Dienst und erklärt uns auf seine Art - also wenig einfühlsam - die große weite Welt. Die Qualität seiner Aufführung hätte auch großes Publikum verdient.