Scheeßel, 22.06.2025 – High Noon. Die Sonne brennt. Staub wirbelt auf. Es fehlen nur „Tumbleweeds“, diese seltsamen runden Ballen, die durch die Prärie rollen. Bei Temperaturen von gefühlt bis zu 36 Grad wurde auch der letzte Tag beim Hurricane Festival im Landkreis Rotenburg heiß. Zum Abend sollen laut DWD Unwetter über Niedersachsen ziehen- örtlich soll es demnach starke Gewitter mit Starkregen geben. Wird es das Hurricane treffen? Kurz nach High Noon – das Trio von KADAVAR aus Berlin duelliert sich mit dröhnenden Riffs und verspielten psychedelischen Melodien und geben den bereits zahlreichen Zuschauern schon mal richtig was auf die Ohren.
Auch an diesem Tag wurde es eine staubige Angelegenheit. Deshalb mal kurz googlen, ist der Staub gesundheitschädlich? Nein! Die Staubpartikel sind zu groß, um tief in die Lunge zu gelangen. Feinstaub in unseren Grossstädten ist viel gefährlicher- und wenn man da wohnt, ist man dem ein Leben lang ausgesetzt.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) war schon als Kind auf dem Mega-Event in Scheeßel. Und das ließ er sich eben auch als Finanzminister und Vizekanzler nicht nehmen, sich auf dem Festivalgelände der größten Open-Air-Musikveranstaltung des Nordens zu zeigen. Privat ist ein Besuch für ihn nicht mehr möglich, aber es hatte heute für einen mehr oder weniger kurzen Besuch gepasst.
Impressionen © Nordevents (Antje Karg)
Infos von der Abschlusspressekonferenz
Die wohl heißeste Pressekonferenz seit Jahren im Pressezelt war um 14:30 Uhr anberaumt. Sarah Kaiser, PR Managerin FKP-Scorpio, eröffnete routiniert und freundlich die Pressekonferenz.Anwesend waren “alte Hasen”, wie CEO Stephan Thanscheidt (17 Jahre Hurricane Erfahrung) und die Bürgermeisterin von Scheeßel, Ulrike Jungemann. Neuling ist der Polizeieinsatzleiter Dieter Klingforth, er profitiert von der langjährigen Erfahrung seines Vorgängers und seinem gesamten Polizeiteam Rotenburg. Über eine relativ ruhige Einsatzzeit bis heute 12 Uhr resümiert Feuerwehreinsatzleiter Frithjof Hellwege. Gefordert sind seine Kollegen besonders an den Stages auf denen Pyrotechnik zum Einsatz kommen. Hier ist immer eine Brandwache vorgeschrieben, nicht nur im Dürre- und Staubjahr 2025. Oliver Voß, Einsatzleitung Rettungswesen, zählt bis heute 12 Uhr, 12.000 Behandlungen. Dies ist einerseits den tropischen Temperaturen geschuldet, anderseits die gängigen kleinen Verletzungen, Verstauchungen ect. Vergleichsweise wenige 36 RTW- Transporte mit Einweisung in Krankenhäuser wurden gefahren.
Da war wohl die Aufforderung an das Festivalfolk, viel Wasser zu trinken und Schattenplätze aufzusuchen, eine gut angenommene Empfehlung. Es gab ausreichende Wasserspendestellen auf dem Festivalgelände. Anmerkung der Redaktion: Wünschenswert wären bei der hohen Sonnenstundendauer/ UV-Strahlung zum Midsommer auch einige Sonnencremespender.
Durch das trockene Wetter standen alle Gewerke, Bühnen, Behandlungszelte ect. schon am Mittwoch zur Abnahme fertig und einsatzbereit an Ort und Stelle. Das sieht in Hurricane Schlammjahren ganz ander aus. CEO Stephan Thanscheidt wirkte entspannt und zufrieden. 3 1/2 wundervolle Tage und Nächte liegen hinterher gesamten Planungsteam. Ein tolles und entspanntes Publikum, überraschende Bühnenperformance von Nachwuchskünstlern. Ein fachkundiges Musikpublikum hat dieses Booking mit viel Applaus und tänzerischen Einlagen honoriert. “Auch ein Ed Sheeran, der ja im Jahr 2024 als Headliner hier auf der Stage aufgetreten ist, hat einmal als Nachwuchstalent angefangen”, so Thanscheidt.
Mit 65.000 Tickets war das Hurricane 2025 nicht ganz ausverkauft. 2024 fanden 85.000 Festivaljünger ihren Weg auf den Festivalground. Thanscheidt zeigt sich dennoch sehr zufrieden. Letztendlich macht er die derzeitige finanzielle Engpasslage der Ticketkäufer dafür mitverantwortlich. Auch im Booking passt es nicht immer für den Veranstalter und die angefragten Künstler/Bands.
Das sind dann auch finanzielle oder terminlich Gründe. Auch einige Headliner stellen Bedingungen in puncto Nachwuchstalente – sie treten nur auf, wenn auch die Nachwuchsband/ Einzelkünstler einen Gig auf dem Festival bekommen.
Polizeieinsatzleiter Klingforth berichtete über eine starke Anreisewelle am Donnerstag, Fronleichnam in vielen Bundesländern kamen dort wohl gut zu Pass. Die Lage entspannte sich schon nach einer Stunde, nach Öffnung der Campingfächen. Ein rundherum gelungenes, staubiges Moshpit Hurricane 2025 neigt sich dem Ende zu. Green Day schließt die große Bühne für dieses Jahr. Ein Jahr ohne Polarschlafsack und Daunenjacken.
Heisse Musik bei heissem wetter
ROYAL REPUBLIC aus Schweden boten Rock’n’Roll gepaart mit einer explosiven Liveshow. Die Band hat natürlich ihr neues Album „Lovecop“ (unsere → Rezension) dabei. Hits wie „Full Steam Spacemachine”, „Baby“ und „Anna-Leigh” gingen direkt in die Beine. Die vier Musiker nahmen die Bühne vollkommen für sich ein. Die Mimik von Adam Grahn war unschlagbar. Aber die Lederjacken mit Perlenkette blieben auch in der Mittagshitze an.
Royal Republic, 102 Boys, Parcels und Yellowcard © Nordevents
Mit ihrem Emo-Punk und dem unverwechselbaren Einsatz einer Violine haben die Jungs von YELLOWCARD aus Florida die Punk-Szene der 2000er nicht nur mit ihrem Album „Ocean Avenue“ entscheidend mitgeprägt. Die Mischung aus kraftvollen Riffs, ehrlichen Lyrics und epischen, von klassischem Sound unterstrichenen Melodien sorgten live für Gänsehaut-Momente.
Die Punker AMYL AND THE SNIFFERS kommen aus Melbourne und enterten die River Stage. Die fantastische Frontfrau Amy Taylor schreibt bissige Texte, schreibt und sang ebenso bissig. Die nicht mehr ganz junge Sängerin tanzte und sang die ganze Zeit- und das bei über 30 Grad. Respekt!
PARCELS kommen ursprünglich aus New South Wales, Australien. Mittlerweile sind Louie Swain (Keyboard), Patrick Hetherington (Keyboard), Noah Hill (Bass), Anatole Serret (Schlagzeug) und Jules Crommelin (Gitarre) in Berlin ansässig. Die Band selbst beschreibt ihre Musik als Mischung aus Elektro-Pop und Disco-Soul-Musik kurz: „wie eine bunte Disco-Party auf Acid“.
Ein Nachmittagsslot wurde für einen Überraschungsgast reserviert. Seit einigen Tagen war nun klar, der Britische Singer-Songwriter und Pianist Tom Odell füllte den Slot. Er wurde 2012 mit dem Song Another Love bekannt, der ein internationaler Hit war und sich rund 10 Millionen Mal verkaufte. Zuletzt war Tom Odell 2024 auf dem Hurricane-Festival. Im Gegensatz zum letzten Jahr wollte er keine Fotografen im Graben haben.
Nina Katrin Kaiser, geboren in Wedel bei Hamburg, besser bekannt als Nina Chuba, hatte viele Fans vor ihrer Stage versammelt. Als Siebenjährige spielte sie in der TV-Serie „Die Pfefferkörner“ die jüngste Ermittlerin der Detektivbande. Ein Meer aus Smartphones erwartete ihren Auftritt mit Gute-Laune-Feminello-Rap. Berühmt wurde sie mit dem Ohrwurm „Wildberry Lillet“. Wer einen guten Platz haben wollte, musste früh kommen. Mit dabei sind ihr Schlagzeuger, ihre Bassist*innen und ihre Mädels mit Saxophon, Trompete und Oboe. Alle wird Nina später übrigens einzeln vorstellen. Sie performt authentisch und lässig auf der Bühne. Berühmt wurde sie mit dem Ohrwurm „Wildberry Lillet“. Der Song durfte natürlich nicht fehlen Charmant holt sie auch Hits wie „Ich Hass Dich“, „Fieber“ oder „Glatteis“ auf die Blue Stage, das Publikum sang enthusiastisch mit. Das Infield war proppevoll, eigentlich wäre der Act vor der größeren Red Stage besser plaziert gewesen.
Deutschlands Satiriker No. 1 JAN BÖHMERMANN (ZDF Magazin Royale) aus dem kleinen Bremer Ortsteil Vegesack brachte DAS RUNDFUNK- TANZORCHESTER auf die Bühne. Eine Trompeterin aus Ninas Band war auch in Orchester. Böhmermann erschien auf einem Scooter rollend auf der Bühne und trug einen Fahrradhelm sowie einen Regenumhang. Er fordert direkt dazu auf, vor der Haustür anzufangen, die Welt zu verbessern – zum Beispiel mit Fahrradwegen auch in kleinen Gemeinden. Passten dazu gab es einen Song. Spontane Einlagen und Interaktionen mit dem Publikum machten das Konzert einzigartig. Mache Fans hatten sich im Vorfeld um die Personalien mit politischem Background gestört.
Erst Flamingos, dann Evakuierung
Die beiden Spandauer Vincent Stein und Dag-Alexis Kopplin von SDP feierten letztes Jahr ihr „25zigstes“. Sie begannen im Kinderzimmer mit der Musik und gaben sich den Namen „Stonedeafproduction“, woraus im weiteren Verlauf die geläufigere Abkürzung „SDP“ entstand. Sie boten wieder ein Feuerwerk der guten Laune. 2022 waren Vincent und Dag Teil der VOX-Sendung „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“. Spätestens seit diesem Zeitpunkt hat die „bekannteste unbekannte Band der Welt“ eine große Fangemeinde dazugewonnen und zählt zu den erfolgreichsten des Landes. Auch Elton ist wohl ein Fan der Truppe, war er doch wieder im Fotograben zu sehen.
Kurz nachdem SDP ihre Flamingos über die Crowd schickte, wurde das Konzert abgebrochen – Unwetterwarnung! Alle Festivalbesucher wurden aufgefordert, unverzüglich das Infield zu verlassen, um sich in die Fahrzeuge zu begeben. Kurz danach zuckten bereits die Blitze und es begann zu regnen. Besucher harrten in Autos aus, das Timetable wurde um gut 2 Stunden verschoben.
Viel Rap, Bässe, Techno und Hip-Hop, aber auch Punk
Das Trio BLACKOUT PROBLEMS aus München hat ihre Auftritte gut auf den Punkt gebracht: „Kontrolle abgeben, Augen zu und mit voller Energie hinein ins Chaos!“. Und so ist es auch. Als Fotograf hat man es schwer, den Sänger der Alternative-Rocker einzufangen- Energie aus jeder Pore des Körpers. Ständig ist er hin und her auf der Bühne in Bewegung. Die Band hat auch schon den Support von Enter Shikari oder FEVER 333 gespielt. 102 BOYZ aus Leer nennen sich nicht ohne Grund einen Haufen „Asis”. Straßenrap ist ihr Genre. Verstärkt werden Alkoholexzesse thematisiert.
Die Band JEREMIAS war, nachdem ein Skandal um ihren ehemaligen Fotografen die Runde machte, eigentlich abgeschrieben- wurde aber schneller rehabilitiert. Dass sie nun auftreten, sorgt für Diskussionen. Musikalisch zeigt sich die Band gewohnt eingespielt, musikalisch ist aber deren Mix aus Groove, Melancholie und Euphorie absolut austauschbar. Pressefotografen waren nicht zugelassen.
Weiter ging es mit dem Hamburger Sänger BERQ, der in 2022 seine Debütsingle „Echo“ veröffentlichte. Entstanden ist sein Song „Echo“ durch eine spontane Aufnahme um 2 Uhr nachts am Klavier, gefolgt von sieben Monaten Arbeit. Er ist in kurzer Zeit zu einem festen Bestandteil der deutschen Musikszene geworden. Die Art seiner Musik ist schon etwas speziell, etwas ruhiger, aber besonders. Er selbst sagte hierzu auch, dass er mit seinen Songs oft für eine kleine Down-Stimmung sorgt und beim nächsten Act wieder Platz für besser Stimmung ist.
Nina Chuba, Jan Böhmermann und SDP © Nordevents
Die Schweizer Band ZEAL & ARDOR (englisch für „Eifer und Inbrunst“, um den schweiz-amerikanischen Musiker Manuel Gagneux startete anfangs als Experiment, das sich zum Ziel setzte, eine Mischung aus Black Metal und Gospel zu schaffen. Mit energiegeladenen Sounds und fesselnden Klängen begeisterten sie die Crowd. Über die beeindruckende musikalische Performance hinausgehend wirkten die Eidgenossen ungemein sympathisch und vermittelten dabei glaubhaft, dass sie ihre Live-Shows mit Leib und Seele spielen.
Der südafrikanische Musiker David Scott nennt sich THE KIFFNESS und bot elektronische Musik. DJ und Produzent BENNETT war der letzte Act auf der Wild Coast Stage. Sein Viralhit „Vois sur ton chemin“ durfte an dem Abend natürlich nicht fehlen.
Sonntags-Headliner GREEN DAY waren wieder beim Hurricane und kamen als Letzte auf die Bühne! Seit über drei Jahrzehnten schreiben sie Musikgeschichte und haben mit Alben wie „Dookie“ und „American Idiot“ ganze Generationen geprägt. Ihre Tradition? Vor der Show läuft „Bohemian Rhapsody“ von Queen. Auch „Murder City“, „Jesus of Suburbia“ und „Basket Case“ standen auf der Setlist. Ein Mitsing-Moment der Extraklasse! Die Band hatte auch neue Songs im Gepäck.
Das 30. Hurricane Jubiläum ist für den 19.- 21.06. 2026 angekündigt.
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