Scheeßel, 20.06.2025 – In diesem Jahr geht das Festival am Eichenring vom 20. bis 22. Juni in die nächste Runde. Das Line-Up umfasst fast 90 Bands und Künstler auf vier großen Bühnen in den Bereichen Rock, Pop, Alternative, Indie, Hip-Hop und Electro und ist im Gegensatz zum Deichbrand Festival an den Haupttagen erfreulich international.
Preise für Getränke und Speisen sind mal wieder gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr müssen Festivalbesucher tiefer in die Tasche greifen. Eine siebenstellige Summe hat sich der Hamburger Konzert- und Festivalveranstalter für eine Entwässerungssystem – eine Kanalisation unter dem gesamten Infield-Bereich, mit 80 Zentimeter dicken Rohren- kosten lassen, Überflutungen wie in 2006 sollen so verhindert werden. Aber danach sieht es nicht aus. Es war ein perfekter Start mit Sonne und Temperaturen um 20 Grad. Das sorgte für beste Festival-Laune bei den rund 65.000 Gästen. Das Festival ist nicht ganz ausverkauft.
Festival-Impressionen © Nordevents (Antje und Wolfgang Karg) – Sogar Elton kam mal in den Bühnengraben
Der Festival-Donnerstag
Auf das 15,4 ha großen Gelände der Motorrad-Sandrennbahn Eichenring bei Scheeßel zwischen Bremen und Hamburg kamen bereits über 30.000 Gäste am Hauptanreisetag – kleinere Staus bis zu 1 Stunde inbegriffen. Aber das gehört ja zum Festivalfeeling. Immerhin waren in diesem Jahr keine Baustellen im Umkreis des Festivals. Mehr als 20 Prozent der Besucher kommen aber mit dem Zug nach Scheeßel.
Es spielten abends als Warm-Up erste musikalischer Acts auf der Wild Coast Stage im Zelt. Der Kiezchor HANSEMÄDCHEN machte den Opener. HI! SPENCER gehören zu den Bands, die man am liebsten einpacken und mit nach Hause nehmen würde, um sie in schlechten Zeiten wieder hervorzuholen. Als Garanten für unbändigen Spaß auf (und vor!) der Bühne sind sie sympathisch, authentisch und ihr Indie-Punk konnte auch begeistern. Ab und zu blitzt der Comedian des Sängers Sven Bensmann durch (er ist in seinem anderen Beruf als Comedian unterwegs).
Die Leipziger Band 100 KILO HERZ, welche 2015 gegründet wurde, sind neben zwei E-Gitarren, Bass und Drums auf der Bühne auch Saxophon und Trompete vertreten. Für ihren Musikstil, deutschsprachigen Punk mit Bläsern, wählten 100 Kilo Herz die passende Bezeichnung Brass-Punk. Bei den Texten ihrer Songs setzt die Band auf politische, antifaschistische Themen.
Das Indie-Pop-Duo RAUM27, bestehend aus Sänger Tristan und Instrumentalist Mathis, ist bekannt für seine Mischung aus tanzbaren Pop-Melodien und tiefgründigen Texten. Sänger Tristan sprang ununterbrochen herum, suchte den Kontakt zum Publikum und gab alles. Besonders auffällig war die Vielzahl an Instrumental-Solos, die das Konzert zu einem echten musikalischen Erlebnis machten. Es war eine perfekte Balance aus gefühlvollen Momenten und explosiver Energie.
Der deutsche Rapper, Songwriter und Schauspieler FATONI (bürgerlich Anton Schneider) folgte, bevor sich die drei Ausnahmekünstler EDGAR WASSER & JUSE JU die Bühne teilten. Jannek, der vielen wohl eher unter seinem Künstlernamen Beauty & the Beats bekannt ist, war schon 5 Jahre lang bei Deichbrand der Headliner des Donnerstags. Beauty & the Beats verbindet Genres, Musikkultur und Party so flüssig miteinander wie kein anderer und lieferte seinem Publikum eine energiegeladene und explosive Show zum Abschluss des ersten Festivaltages.
Der Festival-Freitag
Um 15:00 Uhr wurde wie jedes Jahr die großen Bühnen vom HURRICANE SWIMTEAM eröffnet. Auf der River Stage folgte Folk-Pop mit PARIS PALOMA im weißen Gewand, die ihr Debütalbum „cacophony“ im Gepäck hatte. KATE NASH bot DIY-Vibes und catchy Melodien mit reiner Female-Bandpower. Der 33-jährige Joe Keery unter dem Pseudonym DJO aus den USA folgte. Als Sänger mag er hierzulande noch als Geheimtipp gelten. Er ist bekannt als Schauspieler aus Netflix-Serien wie „Stranger Things“ als Steve Harrington oder auch aus „Fargo“. Aber er ist ebenso als Musiker mit eingängigen Pop-Hooks unterwegs. Am 4. April 2025 erschien sein drittes Album namens „The Crux“. Die Single-Auskoppelung „End of Beginning“ von seinem ersten Studioalbum konnte bei gängigen Streamingdiensten bereits die Milliarden-Marke knacken. Esgab ein Drumsolo und er stetze sich auch mal selbst an den Synthie.
Paris Paloma, Querbeat, Kate Nash, Olli Schulz, Dayseeker und DJO © Nordevents
Die 13-köpfige Band QUERBEAT aus Bonn eröffnete auf der großen Forest Stage mit ihrem Brasspop-Sound und füllten die Bühne gänzlich, nicht nur räumlich sondern auch musikalisch. Ihre musikalischen Acts und versetzen die Zuschauer bereits zu früher Zeit in Feier-Ekstase. Zwischen akustischen Gitarrenklängen und feinen Indie-Folk-Tönen erzählte OLLI SCHULZ Geschichten und regte sich über die derzeitige Weltlage auf. Als der Gitarrist eine handvoll Konfetti aus der Tasche holte und damit die Gitarristin bewarf, kommentierte Olli: „Das ist der einige Spezialeffekt von uns für heute!“ Der Musiker ist dem breiten Publikum in Deutschland nicht nur durch seine Musik bekannt, sondern auch durch seinen Podcast mit Jan Böhmermann, seine Auftritte bei Circus HalliGalli und durch Auftritten bei diversen Fernsehshows. Was soll man sagen; ein Auftritt von Olli Schulz ist ein besonderes Erlebnis. Wunderbare Musik, Wortwitz, Humor, aber auch zum Nachdenken anregende Anekdoten runden ein Konzert mit Olli Schulz ab. Ein besonderer Gast stand neben uns im Graben: Elton. Elton und Olli arbeiten oft zusammen, insbesondere im Podcast „Fest & Flauschig“.
Der kältesten Tag des Hurricane WochenEndes war schon warm Genug
Über die Indie-Band Von Wegen Lisbeth aus Berlin muss nicht mehr viele Worte verlieren. Ausverkaufte Shows und Festivalauftritte begründen eine wahnsinnig rasante Musikkarriere. Songs wie “Meine Kneipe”, “Sushi” oder “Wenn du tanzt” hatten sie mitgebracht. Die Zeit verging während des Auftritts wie im Fluge und als sich die Band dann nach gefühlten zehn Minuten verabschiedete, stand man ein wenig in sich verloren vor der Bühne und hoffte, dass man vielleicht noch eine Zugabe genießen kann.
Im großen Zelt gab sich die DIY-Musikerin McKenzie Ashton Ellis aka MOTHICA mit ihrer Mischung aus Dark Pop, Rock und Electronic die Ehre. Joe Hicklin und Callum Moloney sind als das Duo BIG SPECIAL mit Post-Punk unterwegs und DAYSEEKER überzeugten mit harten Metalcore-Riffs im fast leeren Zelt. Den Abend läuteten die Indie-Rocker von THE BACKSEAT LOVERS aus Provo/Utah ein. Ihr Song „Kilby Girl“ eroberte bereits die Billboard Rock & Alternative Airplay-Charts. Aus der sechsköpfigen Truppe Eisberg, Shoki, MC Kneipenkrieger, Don Juan, Double G und dem Produzenten Retado setzt sich TIEFBASSKOMMANDO zusammen. TBK brachten den Berliner Atzen-Rap der 2000er auf die wohl provokanteste Art auf die Hurricane-Bühne zurück.
Hot Water Music, Biffy Clyro, Rise Against und Landmvrks © Nordevents
Das Berliner Duo KALTE LIEBE X CAIVA folgten mit Post-Punk, Dark Wave, EBM und Techno. Für ihre einzigartige Version von Techno kombinieren sie elektronische Beats mit Gitarre, Klavier und Saxophon.
Alltag aus, Hurricane an
Mittlerweile wurde es auf den großen Bühnen hochkarätiger. Die Alternativrockgenies aus Schottland BIFFY CLYRO performten ihre Hits „Bubbles“, „Medicine“ und „Biblical“. Die Songs der Band um Sänger Simon Neil sind wirklich breit gefächert und das Publikum war erstaunlich textsicher. Die sympathischen Schotten wirbeln über die Bühne und legen nicht nur bei den großen Songs wie „Black Chandelier“ und der Überballade „Rearrange“ ihr Herz offen vor ihre Fans. Von ruhiger Musik bis sehr harten Rocknummern war alles dabei. Es war ein sehr energischer und intensiver Auftritt.Trotz Wärme zog Simon erst nach dem 3. Song seine Jacke aus, um seine Tattoos zu zeigen.
Druckvollen Punkrock gab es von Tim McIlrath, Zach Blair, Joe Principe und Brandon Barnes aus Chicago, besser bekannt als RISE AGAINST. Über die Band hatten wir erst vor 3 Wochen berichtet, als sie auf der Gilde Parkbühne in Hannover spielten. Vom ersten Akkord an sind die Fans dabei und feieren Klassiker wie „Prayer Of The Refugee“, „Savior“ und „Give It All“. Frontmann Tim McIlrath zeigte sich in Bestform und ging im 3. Song auf seine Fans im Bühnengraben zu um „abzuklatschen“. Die Setlist an diesem Abend war gut gemischt aus alten Klassikern wie „Satellite“ und neuen Songs wie „I want it all“ sowie „Nod“ aus dem kommenden Album „Ricochet“, welches am 15. August dieses Jahres veröffentlicht werden soll. Auch Feuerstöße gab es reichlich.
Die Post-Hardcore-Band HOT WATER MUSIK aus Gainesville, Florida, erfreute die Metalfans. Raue und heisere Vocals von Chuck Ragan paarten sich mit origineller und melancholischer Gitarrenarbeit. Besonders ausgeprägt ist auch das Bassspiel von Jason Black, das durch schnelles Finger-Picking gekennzeichnet ist. Chuck stolperte auch mal beim Zurückgehen und ging zu Boden. Motionless in White mussten krankheitsbedingt absagen, dafür traten die Leoniden auf.
Die Metalcore-Band LANDMVRKS aus der französischen Metropole Marseille mischte mit viel Dynamik auf der Bühne die Metalfans auf. Nicht nur auf der Bühne war viel Bewegung, auch vor der Bühne. Die Security hatte viel zu tun, die Crowdsurfer in Empfang zu nehmen.
ANNENMAYKANTEREIT begeisterten mit Blues gemischt mit temperamentvollem Pop und Sänger und Pianist Henning May seine markante, raue Stimme erklingen lässt, ist es schon etwas Besonderes. Er machte zwar einen nachdenklichen Eindruck, aber das ist wohl seine Art, den Moment zu genießen. Es war auf jeden Fall deutlich zu erkennen, wie sehr sich die Band gefreut hat, auf der Bühne zu stehen. Der beliebten Songs „Pocahontas“ und „Ozean“ durften auf der Setlist nicht fehlen.
Hip-Hop-Tunes trafen auf Nu-Metal: Lokalmatador Lukas Strobel, aus Langen bei Bremerhaven, den Meisten aber als Alligatoah bekannt, beendete den musikalischen Reigen auf der River Stage im roten Trainingsanzug mit Fellmantel und -schuhen und sprengte Genregrenzen. In seinen Texten schlüpft er in unterschiedliche Rollen, um sich mit gesellschaftlichen Themen auf ironische oder zynische Weise auseinanderzusetzen. Der aktuelle Longplayer ist zum Teil im Genre Metal angesiedelt. Somit wurde es auf der Bühne bereits beim 2. Song etwas härter mit kreischenden Gitarren.
Hurricane 2025 live im Stream
Nach dem Rückzug von RTL+ als Anbieter für Rock am Ring wechselte nun auch das Hurricane Festival den Streaming-Partner. MagentaTV übernimmt in diesem Jahr die Übertragung des Musikfestivals.
Der Livestream erstreckt sich über alle drei Festivaltage. Neben der Übertragung auf MagentaTV und #dabeiTV wird das Festival auch auf MagentaMusik, TikTok und Facebook gestreamt – kostenlos und ohne Abo. Kessy Schygulla und Markus Kavka führen an den drei Festival-Tagen durch das Programm. Links von der Green Stage aufgebaut wird, erstrahlt eine riesige Tribüne eines neuen Sponsoren – in Magenta.
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