Ein unvergesslicher Bilderbuch-Abend in Braunschweig

Josephin Neumann

Braunschweig – Am 29. Mai 2025 machten Bilderbuch Halt im Applaus Garten Braunschweig und lieferten eine Show, die genauso klang, wie sie aussah: verspielt, verschwitzt und stilvoll übertrieben. Seit 20 Jahren steht die Wiener Band für eine Pop-Ästhetik, die sich nicht scheut, Kitsch zu umarmen – im Gegenteil: Bilderbuch machen daraus Kunst. Zwischen glänzenden Gitarrensoli, absurden Textfragmenten und R’n’B-beeinflussten Arrangements entsteht ein Sound, der sich über Genregrenzen hinwegsetzt.

Nils Keppel © Nordevents

Bevor Bilderbuch die Bühne betraten, eröffnete Nils Keppel den Abend mit einer energiegeladenen Show. Der 23-Jährige lieferte eine eindrucksvolle Mischung aus Post-Punk und Noise-Pop, die brachial und unmittelbar wirkte. Tracks wie „Wellblech“ entfalten live eine Wucht, die das Publikum sofort mitriss. Keppels Sound ist dreckig, direkt und definitiv nicht zu überhören.

„Kennt ihr ein Kaschpertheater? Lass mich dein Vorbild sein, Braunschweig!“ Mit dieser charmant absurden Zeile wandte sich Sänger Maurice Ernst direkt zu Beginn an das Publikum. Der Himmel über Braunschweig war allerdings grau und regnerisch, die Stimmung eher zurückhaltend. Doch nach ein paar Songs hörte es auf zu regnen und mit dem Wetter klärte sich auch die Atmosphäre. Als hätte die Band persönlich den Himmel durch ihre Gitarren aufgerissen. Spätestens bei „Aber Airbags“ flogen alle Hände in die Luft – der Applaus Garten verwandelte sich in einen dampfenden, tanzenden Raum zwischen Nostalgie, Aufbruch und Ekstase.

Bilderbuch © Nordevents

Bilderbuch sind live keine Band mit einem Set – sie erzählen eine Geschichte. Von Indie-Rock über R’n’B bis hin zu psychedelischen Siebziger-Vibes: Alles, was diese Band anfasst, klingt nach ihnen. Dabei feiern sie in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen, lassen es sich aber nicht nehmen, noch immer alles anders zu machen als erwartet. Songs aus dem aktuellen Album „Gelb ist das Feld“ treffen auf ältere Hits, verspielte Disco-Momente und die sphärischen Sounds der neuen EP „Softpower“.

Zwanzig Jahre Bilderbuch – eine musikalische Zeitreise

Kurz vor halb elf kündigte Maurice Ernst an, dass die Polizei bald kommen könnte – in Braunschweig sei es eigentlich schon zu spät. Die Band drehte die Lautstärke runter und das Publikum sang leise mit, fast ehrfürchtig. Kein pompöses Finale, sondern ein zartes Ausklingen, getragen von sanftem Gitarrenspiel, das den Abend still und emotional enden ließ.

Bilderbuch beweisen auch nach 20 Jahren, dass sie nichts von ihrer Energie und Kreativität verloren haben. Ihr Konzert in Braunschweig war ein mitreißendes Erlebnis voller Überraschungen, das Gefühl und Glamour auf einzigartige Weise verbindet. Hier trifft Kitsch auf Echtheit – und genau das macht ihre Musik so besonders. 


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