ADAM ANGST: "Neintology"
Aus gescheiterten Versuchen lernen und doch niemals den Mut sinken lassen – dies scheint das Motto des deutschen Sängers Felix Schönfuss zu sein. Gründete der Musiker doch 2010 die Band ‚Escapado‘, welche jedoch nicht mehr als ein Album hervorbrachte; das gleiche Schicksal erlitt zwei Jahre später seine Band ‚Frau Potz‘. Trotz großen Zuspruchs blieben beide Projekte gewissermaßen in der Anfangsphase stecken. Mit ‚Adam Angst‘ hat es nun endlich geklappt, veröffentlicht die Band doch nun mit ihrem neuen Album ‚Neintology‘ schon ihren den zweiten Longplayer, nach dem Selftitled-Debütalbum von 2015. Obwohl ‚Adam Angst‘ seit ihrer Gründung im Jahr 2014 in fast gleicher Besetzung auf der Bühne stehen, wird die Band oft als Soloprojekt von Felix Schönfuss angesehen. ‚Neintology‘ macht schon auf dem Cover unmissverständlich klar: Adam Angst sind eine Band. Mit der Hilfe von David Frings und Roman Hartmann an den Gitarren, Christian Kruse am Bass sowie Johannes Koster an den Drums wurde daqs neue Album zu einer musikalisch abwechslungsreicheren und weitaus dynamischeren Angelegenheit als das Debüt. ‚Neintology‘ beginnt mit dem Epik-antäuschenden Intro ‚Der Beginn von etwas ganz Großem‘: ein Industrial-Instrumental, das sich nach gut 80 Sekunden in Wohlgefallen auflöst, um direkt in ‚Punk‘ zu münden. Bereits nach der ersten simplen Akkordfolge und den klischeehaften ‚Ohoho-Chören‘ ist offensichtlich, dass es sich dabei nur um eine musikalische Persiflage auf ein Genre handeln kann, das um seine Daseinsberechtigung kämpft. Schon dieser Anfang macht deutlich, dass ‚Adam Angst‘ auf ‚Neintology‘ tunlichst den Weg des geringsten Widerstands vermeiden und ein gewisses Verständnis von Ironie voraussetzen. ‚Alexa‘ und ‚Immer noch‘ zeichnen dystopische Zukunftsszenarien. In ‚Alexa‘ haben sich unsere geliebten Smart Devices miteinander vernetzt und die Menschheit in den Untergrund getrieben. Die Song-gewordene ‚Black Mirror‘-Folge warnt aber nicht vor technischem Fortschritt oder bösen Großkonzernen, die uns aushorchen wollen - wer zu diesen Schlussfolgerungen kommt, hat das Prinzip ‚Adam Angst‘ nicht verstanden - sondern will sagen, dass wir uns in dieser schönen neuen Welt mehr denn je bewusst sein müssen, welche Konsequenzen unsere Handlungen haben können. In ‚Immer noch‘ landen die Außerirdischen auf der Erde. Und das ausgerechnet in Haan bei Wuppertal, das hier als exemplarisches Epizentrum für Kleingeistigkeit herhalten muss. Eine der Kernaussagen von ‚Neintology‘ wird in ‚Blase auf Beton‘ auf den Punkt gebracht: ‚Don't fuck with Harmony‘ heißt es da. ‚Alle sprechen deutsch‘ behandelt thematisch die typische Einstellung des deutschen All-Inclusive Touristen. Ob in unmissverständlichen Songs wie ‚D.I.N.N.‘ oder ‚Kriegsgebiet‘, dem erstaunlich ernsten ‚Damit ich schlafen kann‘, das Depressionen thematisiert, oder ‚Alphatier‘ in dem Geschlechteridentität behandelt wird: ‚Neintology‘ ist eine zeitgemäße Rundum Bestandsaufnahme. Die Abschlussnummer ‚Physik‘ rechnet gekonnt mit Internettrollen und genereller Engstirnigkeit ab.
FAZIT: Ein wirklich herzerfrischendes Album, das durch seine Angriffigkeit und Kompromisslosigkeit gleichermaßen überrascht und überzeugt. Klanglich gut ausgearbeitet und doch für keinen Augenblick poliert oder gekünstelt wirkend, mit tiefgründigen Botschaften in jedem einzelnen Song, eingängig und temporeich dargebracht, ohne dass auch nur für einen Moment ein Gefühl der Langeweile aufkommen würde. Dafür gibt es wohlverdiente 10 von 10 möglichen Punkten.
--> Musikvideo: Adam Angst - Alexa |
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