Cuxhaven,10.03.2024 – Am irischen Nationalfeiertag, dem St. Patrick’s Day, hat irische Kultur Hochkonjunktur. „Irish Heartbeat“ ist eine Tour, die die Hand am Puls der irischen Musikszene hat und gastierte wieder in den ausverkauften Hapag-Hallen. Seit über 20 Jahren gibt es zu diesem Zeitpunkt auch in Cuxhaven Irish Folk live zu erleben. Die Besucher:innen durften sich auf drei außergewöhnliche Bands freuen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zusammengestellt und moderiert wurden sie wieder von Petr Pandula, der in Dublin lebt. Eingeladen hat der Jazz und Folk Cuxhaven e. V. Er hatte wieder einen grünen Kleeblattanzug angezogen (grün ist die Farbe der Verbundenheit zu Irland) und moderierte in amüsanter Weise durch das Programm. Auf seine Frage, wer noch nie Irish Hearthbeat gesehen hat, hoben nur vereinzelte die Hand. Dem eingefleischten Publikum erzählte er weiter, das bei den Proben ein Polizeiboot den gleichen Funkfrequenz wie das Konzert nutzte. Alles musste noch einmal neu gebootet werden. Zuletzt amüsierte er sich über die diesjährige Tischanordnung: “So was kenne ich nur aus dem bayrischen Bierzelt!”. Er danke Wolfgang Kuhn und dem Verein, denn es gibt immer weniger Menschen, die sich ehrenamtlich um die Erhaltung der Kultur bemühen.
© Nordevents – Irish Heartbeat
Den etwas ruhigen Start in den Konzertabend machen „Léda“ (griechisch: Frau, aber auch Glückseligkeit), zwei junge Musikerinnen, die wildes Fiddlespiel, sphärische Harfenklänge, Honky Tonk Piano und Gesang zum Besten gaben. Éadaoin Ní Mhaicín hat 0 All Ireland Titel auf verschiedensten Instrumenten gewonnen. Schwerpunkt ist aber irische Harfe und Fiddle. Ihr Soloalbum war 2019 eine Zeit lang die No. 1 der ITunes World Music Charts. Der irische Fiddlegott Frankie Gavin lässt sich von ihr begleiten. Éadaoin erklärte, das ihre Harfe immer ein Problem als Fluggepäck sei und freute sich auf die besten Bäckereien der Welt, die es in Deutschland gibt.
Die zweite in dem Duo, die Kanadierin Emily Jean Fleck spielte gefühlvolles Piano, schreibt eigene Songs und singt. Die größten Stars der kanadischen Folkszene haben Emily bereits in ihre Band geholt.
Éadaoin und Emily hatten das Privileg, in einigen der besten Konzerthäusern und Stadien der Welt gespielt zu haben, wie z.B: Broadway, dem Croke Park (Irlands größtes Stadion), der National Concert Hall in Dublin und dem Barbican Theatre in London. Zum Abschluss ihres Gigs gab es eine schottische Weise.
Grey Panthers of Irish Folk
Anschließend übernahmen die sogenannten „Grey Panthers of Irish Folk“ das Ruder. Geraldine MacGowan & Kevin Griffin gehören zu den Pionieren des Irish Folk. Sie haben das Folk Revival in den 70ern angestoßen. Jetzt, 50 Jahre später, teilen die grauen Folk-Panther ihre musikalische Lebenserfahrung und Tradition noch immer mit dem Publikum.
Geraldine tourt trotz ihrer 77 Jahre immer noch und ist angeblich immer noch die Letzte an der Hotelbar. Das Repertoire der Bodhran-Spielerin besteht aus traditionellen Liedern der Grünen Insel und aus Songs irischer Singer/Songwriter von heute. In den Siebzigern war sie die Frontfrau und Stimme von Oísin, einer der bekanntesten irischen Folkbands aller Zeiten. Seit Anfang der Neunziger wandelte sie mit eigener Band auf Solopfaden. Auf diesen Weg hat sie fünf Solo-Alben eingespielt. Zwei davon schafften es in die zehn Besten des jeweiligen Jahres und bei den Irish Music Awards war sie in der Kategorie „best female artist“ nominiert.
Da ihre früheren Bandmitglieder bereits gestorben waren muss sie nun mit Jüngeren, wie den 60-jährigen Kevin Griffin musizieren. Er ist in dem kleinen Fischerdorf Doolin geboren, dem Mekka des Irish Folk. Dort begannen die weltberühmten Cliffs of Moher ihren rasanten Aufstieg. Musiker aus der ganzen Welt pilgern nach Doolin um einmal mit Kevin und Geraldine eine Session spielen zu dürfen. Er war Fischer und als er seinen Job verloren hatte, hatte er mehr Zeit für sein Instrument.
Der Joungster im Trio, Michael Coult begleitete die Beiden auf der Gitarre und Querflöte. Er hat einen Bachelor of Arts für irische traditionelle Musik an der Uni von Limerick absolviert. Um sich Inspiration zu holen und vor allem ein authentischer Musiker zu werden, ist er in die Gegend um Doolin und dann nach Dingle gezogen. Dort haben Geraldine und Kevin sein Talent gesehen und ihn schnell unter ihre Fittiche genommen. Michael hat mit vielen Größen der irischen Musik zusammengespielt oder der Tanzshow Rhythm of the Dance mitgewirkt.
Armagh Rhymers sind in ganz Irland die einzige professionelle Mummings-Gruppe
Das große Finale übernehmen in diesem Jahr die Armagh Rhymers, die sich der Kunstform des Mummings verschrieben haben. Mumming ist eine Art musikalisches Volkstheater, Celtic Voodoo sozusagen. Diese Tradition nur noch in ein paar ländlichen Gebieten lebendig, die Armagh Rhymers sind in ganz Irland die einzige professionelle Gruppe und mit über 40 Jahren die dienstälteste Theatergruppe Nordirlands.
Die Darsteller tragen aus Weidezweigen kunstvoll gefertigte überdimensionale Tierkopfmasken wie Pferd, Hase, Rind oder Ziege. Dazu ziehen sich die Darsteller, die Mummers genannt werden, Kostüme aus Lumpen an. Alles erinnert ein wenig an die Hexen der badischen Mummenschanz.
Die Mummers setzen einen Scat-ähnlichen Sprechgesang ein, lärmen mit Rasseln, bimmeln mit Schellen und spielen auf ihren Instrumenten. Es gibt aber auch mystische und spirituelle Elemente, die auf über zweitausend Jahre alte Bräuche zurückgehen. Die Mummers wirken wie keltische Schamanen oder Voodoo-Priester.
Am Konzertende gab es wieder eine gemeinsame Session aller drei Gruppen. Da hielt es das Publikum bereits nicht mehr auf den Sitzen und es gab gebührenden Applaus. Nach gut 3,5 Stunden inklusive 2 Umbauphasen war ein irischer Abend zu Ende. „Irish Heartbeat“ wird es in Cuxhaven wieder am 13. März 2025 geben.