Von Gregor Eder
Blues ist schon ein ganz eigenes Genre! Die Variationen reichen von West Coast Blues, Delta Blues, Country Blues bishin zum Chicago Blues und bis heute gibt es viele Musiker, welche die diversen Spielarten zelebrieren. Der Chicago Blues dürfte es dem Sänger und Harp-Spieler Charlie Musselwhite ziemlich angetan haben, denn jener sorgte über die Jahre seiner Karriere, dafür, dass das Genre immer wieder seine verdiente Aufmerksamkeit bekam.
Natürlich hat sich der Musiker nicht nur mit diesem Genre beschäftigt und so konnte der mittlerweile 81-Jährige beispielsweise mit Cyndi Lauper, Tom Waits und Cat Stevens zusammenarbeiten, um nur ein paar seiner Kooperationen zu nennen. Über 40 Alben hat Herr Musselwhite bisher veröffentlicht und am 16.05.2025 darf man sich über das Neueste freuen, welches den Namen „Look Out Highway“.
Im Rahmen der Veröffentlichung hatte ich die Möglichkeit, ein paar Fragen via Mail an die Blues-Legende zu stellen.
Meine erste Frage lautete: „Was bringt dir, nach all den Jahren des musikalischen Schaffens, noch Inspiration? Oder besser gesagt, was gibt dir deinen „Drive“?“
Charlie antwortete: „Die Musik selbst hat mich immer und immer wieder inspiriert und mir Kraft gegeben. Meine Musik kommt von Herzen und geht auch ins Herz. Selbst wenn ich nicht ein professioneller Musiker geworden wäre, dann hätte mich der Blues trotzdem kontinuierlich inspiriert.“
„Wie war die Arbeit am neuen Album? Habt ihr mehrspurig oder einzelspurig aufgenommen und was ist für dich überhaupt das Wichtigste beim Aufnehmen?“ lautete meine nächste Frage.
„Alle Instrumente wurden gemeinsam eingespielt, so als wären wir auf der Bühne. Wir haben in den Greaseland Studios aufgenommen und hatten sehr viel Spaß. Das Wichtigste, wenn es um Aufnahmen geht, ist, dass es sich gut und spontan anfühlt. Wenn genau dieses Gefühl auftritt, dann wissen wir, dass wir unseren Job gut gemacht haben.“ erklärte Charlie.
Nachdem somit die Frage hinsichtlich der Aufnahmen geklärt war, ging ich auf das Songwriting selbst ein: „Wenn es um das Schreiben von Songs geht, was ist diesbezüglich deine bevorzugte Vorgehensweise?“

Fotocredit: Michael Weintrob
Charlie meinte: „Ich habe keinen „Standardweg“ beim Schreiben meiner Songs. Manchmal fallen sie mir einfach ein und ein anderes Mal muss ich die Ideen in den Schwitzkasten nehmen und zu Boden ringen, um etwas daraus zu machen. Meistens finde ich einen Beat oder einen Rhythmus, den ich mag und der Rhythmus gibt dann oft schon eine Idee, wohin der Text gehen könnte. Ich habe einen Haufen an Notizen, teils auf Servietten, Lesezeichen und Ähnlichem und sollte ich einmal beim Schreiben stecken bleiben, dann blättere ich durch diese Ideen, bis ich etwas finde, was dem Song wieder eine klare Richtung gibt.“
Als Musiker kenne ich diese Berge an Notizen, die im Zimmer herumliegen sehr gut. Es war schön zu lesen, dass auch Grammy-Gewinner noch so frei arbeiten. Meine nächste Frage war eine etwas Größere: „Wo siehst du den Standpunkt des Blues in der heutigen Zeit? Hast du die Hoffnung, dass die jüngere Generation die Blues und sein Erbe weitertragen werden?“
„Für einige Zeit wirkte es so, als hätten die Leute das Gefühl, welches der Blues mit sich bringt, vergessen. Sie spielten zwar die richtigen Akkorde und Noten, aber irgendwie klang alles so, als ginge es mehr um die Spieltechnik als um das Gefühl dahinter. All diese „Guitar-Shredders“ wurde über die Zeit enorm langweilig. Für mich wirkte es so, als würden viele den Blues nutzen, um ihre eigene Technik in den Vordergrund zu stellen, wobei es ja eigentlich andersherum sein sollte. Heutzutage gibt es aber auch viele junge Menschen, welche den richtigen Blues wieder gefunden haben, ihn fühlen und dadurch auch richtig spielen. Leute wie meine Freunde Rel Davenport und Jontavious Willis machen es zum Beispiel richtig und das, was sie machen, macht mich wiederum sehr glücklich. Es gibt noch viele weitere Musiker, die es können, aber ich kann mir nicht alle Namen merken. Aus meiner Sicht sieht es auf jeden Fall gut aus für die Zukunft des Blues.“ erklärte Charlie.
Nachdem Charlie den Großteil seines Lebens auf Tour verbracht hat, lag folgende Frage auf der Hand: „Nachdem du ja über die Jahre viel auf Tour warst, würde ich gerne wisse, was deine bevorzugte Art des Tourens ist und was du als Vor- und Nachteile daran anführen würdest?“
Charlie erklärte: „Ja, ich bin schon über mehrere Jahrzehnte in den USA und anderen Ländern mit dem Auto von Stadt zu Stadt getourt. Mittlerweile fliege ich meistens zu den Konzerten oder miete vor Ort einen Van um dort ein paar Konzerte zu spielen. Die Pandemie hat das Touren für mich wirklich stark verändert, aber im Endeffekt läuft alles gut und ich habe genügend Arbeit.“
„Blues ist für dich da, wenn du am Boden bist, aber auch dein guter Freund, wenn du gut drauf bist. Der Blues ist einfach immer für einen da!“
Charlie Musselwhite
„Du hast ja schon mit einem Haufen an renommierten Musikern zusammen gearbeitet. Welche Kooperationen stechen für dich hier hervor und warum?“ lautete meine nächste Frage.
„Alle Kollaborationen, die ich gemacht haben, waren durchwegs interessant und oft sehr spaßig. Es ist wirklich schwer zu sagen, welche ich am meisten gemocht habe, da ja alle einzigartig sind, aber wenn es ums Aufnehmen und Touren geht, dann war die Kooperationen mit Eliades Ochoa, Cyndi Lauper und Ben Harper schon speziell. Was für mich auch einzigartig war, auch wenn man es nicht direkt als Kollaboration bezeichnen kann, waren die gemeinsamen Arbeiten mit John Lee Hooker, Mavis Staples und Tom Waits.“ meinte Charlie.
Charlie brachte vor insgesamt 58 Jahren sein Debütalbum heraus und daher lag folgende Frage nahe: „Wenn du daran zurück denkst wie „Stand Back“ entstanden ist, was hat sich dann seither an deinem Workflow verändert und warum?“
„Ich habe das Album 1966 aufgenommen. Alles Songs wurden in unter 3 Stunden aufgenommen. Ich war 22 Jahre alt und hatte keine Ahnung, ob das Album irgendeine Wirkung erzielen würde, doch als es dann veröffentlicht wurde, bekam ich Fanpost und Anrufe aus der ganzen Welt. „Stand Back“ hat mich unter die Leute gebracht und mir die Karriere gegeben, welche ich bis heute weiterführe. Hätte ich dieses Album nicht veröffentlicht, würde ich wohl heute noch die kleinen Bars auf der Süd-Seite von Chicago spielen.“ erklärte Charlie.
„Hast du irgendwelche Tipps für junge Musiker?“: war meine nächste Frage.
Charlie antwortete kurz und knapp: „Mein Ratschlag an junge Musiker ist und bleibt immer derselbe: „Folge deinem Herzen und bleib deinen Gefühlen treu!“
Meine letzte Frage lautete: „Hast du irgendeine Message, die du gerne über dieses Interview an die Leute da draußen richten möchtest?“
„Alles, was ich euch da draußen sagen kann ist, dass ich hoffe, dass ihr das mögt, was ich mache, dass ihr einmal vorbeikommt und uns live seht, falls ihr könnt oder zumindest unsere Alben genießt. Ich glaube, meine Musik ist ehrlich und kommt direkt von Herzen und ich hoffe, dass sie euch Freude bringt. Blues ist für dich da, wenn du am Boden bist, aber auch dein guter Freund, wenn du gut drauf bist. Der Blues ist einfach immer für einen da!“ meint Charlie.
Das sind doch wirklich schöne Worte zum Abschluss! Somit bedanke ich mich auf diesem Wege nochmals bei Charlie Musselwhite für seine Antworten und empfehle euch „Look Out Highway“. Unsere Rezension zum Album findet ihr –> hier.
1 Gedanke zu „INTERVIEW MIT CHARLIE MUSSELWHITE“
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