„Chicago“ im Stadttheater Bremerhaven

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Bremerhaven, 19.9.2020 (VH) - Gangster, Jazz und Glamour: Die goldenen Zwanziger sind nach 100 Jahren zurück in Bremerhaven. Das Broadway-Musical „Chicago“ von John Kander und Fred Ebb feierte am 19. September 2020 Premiere im ausverkauften Stadttheater. Und das konnte sich hören und sehen lassen.

Es herrscht nach wie vor Alarmstufe Rot, sowohl für die Veranstaltungsbranche als auch für die Kulturliebhaber. Davon bleibt auch die Musicalszene nicht verschont. Umso erfreulicher ist es, dass, während die großen Musicaltheater im Norden noch geschlossen bleiben müssen, das Stadttheater Bremerhaven gleich zu Beginn der neuen Spielzeit den Klassiker „Chicago“ auf den Plan ruft. Das Musical spielt im Chicago der Zwanziger Jahre, das geprägt ist von Verbrechern, Intrigen und Kriminalität, aber auch vom Wirtschaftsaufschwung und Jazz.

Das Bühnenbild ist mit Stein- oder halbdurchlässigen Glasfassaden, die regelmäßig durch hoch angebrachte Brückenkonstruktionen unterbrochen werden, überwiegend minimalistisch gehalten und lenkt den Fokus zwangsläufig auf die Akteure.

Diese sind während des ganzen Stücks zweisprachig unterwegs. Während in den Dialogen durchgängig deutsch gesprochen wird, werden sämtliche Songs im englischen Original zum Besten gegeben. Die passende Übersetzung findet der Zuschauer bei Bedarf auf einer Anzeigetafel an der Decke des Theaters.

Das Stück beginnt mit dem Mord der Nachtclubsängerin Roxie Hart (Valentina Inzko Fink) an ihren Liebhaber Fred Casely. Auf das Urteil wartend trifft sie im Gefängnis auf Ihr Idol Velma Kelly (Jasmin Eberl), die wegen Doppelmordes ebenfalls hinter schwedischen Gardinen sitzt und von dort aus zum Medienstar avancierte. Dort schmieden die Rivalinnen jeweils für sich mit Hilfe der Insassin Mama Morton (Mona Graw) und dem Rechtsanwalt Billy Flynn (Frank Winkels) an Strategien um nicht nur der Todesstrafe zu entkommen, sondern um natürlich auch das perfekte Comeback hinzulegen.

 

 

 

 

Mit Lügen und Intrigen unter gezielter Ausnutzung der Boulevardpresse ergaunern sich die beiden Showsternchen Freisprüche und starten nach diversen Ups and Downs zu guter Letzt doch noch mit einer gemeinsamen Show voll durch.

In „Chicago“ überzeugten nicht nur die beiden Protagonistinnen Valentina Inzko Fink und Jasmin Eberl mit perfektem Gesang auch die weitere Besetzung glänzte an diesem Abend. Insbesondere Frank Winkels in der Rolle des aalglatten Rechtsanwalts Billy Flynn setzte starke Akzente und teleportierte im weißen Nadelstreifen-Jackett reichlich authentischen Swing aus den 20ern aufs Parkett der Gegenwart.

Das Geschehen auf der Bühne wurde neben dezent verführerischen Tanzeinlagen zur Auflockerung auch mit jeder Menge überzogenem und klischeehaftem Klamauk abgerundet. Dafür hatten sich insbesondere die Herren der Schöpfung mit Perücken und Frauenkleidung ordentlich in Schale geworfen. Herausragend war sicherlich auch die instrumentale Unterstützung durch das unsichtbar im Chicagoer Underground agierende Orchester in Big Band Besetzung. Das Musical ist noch bis Ende November im Stadttheater Bremerhaven zu sehen. Wer die Zeitreise in die 20er Jahre noch antreten möchte, sollte aber den jeweiligen Verkaufsstart gut im Blick haben, denn die wenigen verfügbaren Tickets sind heiß begehrt