Mein Baby gehört zu mir – auch noch nach 35 Jahren! Bremen, 23.02.2023 (CH) - „Mein Baby gehört zu mir!“ – Dieser Satz hat Filmgeschichte geschrieben und sorgt auch heute noch, nach gut 35 Jahren, noch immer für eine nicht enden wollende Gänsehaut. Ja, richtig gelesen – 35 Jahre ist es her, dass Dirty Dancing das erste Mal in den Kinos lief. Obwohl nur ein kleines Budget von sechs Millionen Dollar für die Produktion des Films zur Verfügung stand, wurde der Film zum Welterfolg. Und Patrick Swayze mit Jennifer Grey über Nacht zum Traumpaar. Mehr als 170 Millionen Dollar spielte der Film seit August 1987 an den Kinokassen ein. Die Liebesgeschichte rund um Johnny und Baby wurde, nicht zuletzt auch durch die Songs aus dem Musical-Film, zu einer Hommage an das Leben. Dennoch dauerte es über 20 Jahre bis Eleanor Bergstein – Drehbuchautorin, Regisseurin und Produzentin des Klassikers - einer Bühnenversion zustimmte. Nach einer frischen Überarbeitung geht die aktuelle Inszenierung für sechs Monate auf Tour. Rund 1.000 Zusehende konnten gestern bei der zweiten Aufführung im Bremer Metropol Theater mit Baby mitfiebern, bevor es nach fünf weiteren Shows am 01. März in Hannover weitergehen wird. Auch wenn das Musical in einer Neuauflage erscheint, so stammt die deutsche Inszenierung noch immer aus der Feder vom Regisseur Alex Balga, der mit seinen Stücken schon seit 2014 schon rund 900.000 Zuschauer begeisterte. Und auch in der aktuellen Version schafft es Balga wieder, durch an die heutige Zeit abgestimmte Anpassungen neue Akzente zu setzen und der Geschichte der Geschichte das besondere Etwas einzupflanzen. Denn neben all dem Herzschmerz, der unweigerlich zum Stück dazugehört, kommt auch die politische Message nicht zu kurz. So spricht auch in der diesjährigen Inszenierung Baby immer wieder von der US-amerikanischen Friedensbewegung, welche sogar Anlass für einen Streit zwischen Baby und Johnny bietet. Und Neil Kellermann, Neffe des Ressort-Besitzers, versucht Baby damit zu beeindrucken, dass sich im Spätsommer einer Demonstration anschließen möchte, die für Menschenrechte kämpft. Die Rede ist hierbei natürlich vom „Marsch auf Washington“ im August 1963. Der Vorhang hebt sich, die Zuschauer werden still – die Bühne verwandelt sich in das Familien-Ressort Kellermanns im Sommer 1963. Die Familie Houseman macht sich auf den Weg in ihren wohlverdienten Sommerurlaub und kommt im Ferienresort an. Hier beginnt vor allem für die jüngste Tochter Frances, gespielt von der gebürtigen Oldenburgerin Deike Darrelmann, die Zeit ihres Lebens. Für die Zuschauer beginnt ebenfalls eine „Time Of Your Life“, denn kaum ertönen die ersten Klänge der bekannten Lieder, ist auch schon zu beobachten, wie leise mitgesungen wird und die Beine im Takt zu wippen beginnen. Deike Darrelmann konnte als Frances Housemann für das Musical gewonnen werden. Die Darstellerin überrascht durch eine junge und sprühende Persönlichkeit. Sie verschmilzt auf der Bühne so sehr mit ihrer Rolle, dass sie die Kombination aus Schüchternheit und Esprit die „Baby“ bezeichnen, wahrlich Gestalt werden lässt. Mit Máté Gyenei hat sie einen „Johnny“ an ihrer Seite, der ihr zu Füßen liegt. Das Knistern zwischen Baby und Johnny war fast körperlich zu spüren. In diesem Musical erleben die Zuschauer eine wahre Achterbahnfahrt an Emotionen: Von himmelhochjauchzend bis hin zu Tode betrübt – obwohl eigentlich jedem im Saal von Beginn an klar ist, dass sich Baby und Johnny am Ende in den Armen liegen werden, denn immerhin tanzt Johnny immer den letzten Tanz der Saison und lässt sich nichts verbieten, wird heftig mitgefiebert. „Hungry Eyes“ ist eine Hommage an die Sehnsucht und das Flattern der Schmetterlinge im Bauch. „She’s like the wind“ greift die Unerreichbarkeit auf, die über der Liebe von Johnny zu Baby liegt. Mehr als 50 packende, teilweise sogar Oscar- und Grammy-prämierte Songs werden in diesem Musical gespielt. |
27 Darsteller und Darstellerinnen, von denen Jede und Jeder eine Wahnsinns-Leistung abgeliefert hat, erwecken auf der Bühne eine Geschichte zum Leben, die schon längst Kultstatus erreicht hat. Vom Kellner über den Hotelgast bis hin zu den Tänzern scheint der gesamte Cast optimal aufeinander abgestimmt. Aber nicht nur die Darsteller überzeugen – auch das Bühnenbild war absolut stimmig und ließ sich mit nur wenigen Handgriffen vom Ferienressort in Johnnys „Firefly Cove“ verwandeln. Und selbst die Szene der Hebefigur im Lake Lure konnte authentisch abgebildet werden. Zeitweise schien es, als wären die Bühnenbilder aus den Studios in Hollywood direkt auf die Bühne in das Metropol-Theater übertragen worden. Jeder Schritt bei den Tänzen saß. Egal, ob es sich dabei um die beiden Hauptdarsteller handelte oder um eine der Nebenrollen. Die Hingabe und Leidenschaft mit der die Rollen regelrecht gelebt wurden, war tief beeindruckend. Das Zusammenspiel aus Musik, Bühnenbild und Schauspielern war es, was einen alles um sich herum vergessen ließ. Es wurde eine Stimmung geschaffen die einen Teil eines Ganzen werden ließ. So hatte ich selbst oft das Gefühl mitten im Kellermann’s zu sitzen. Aus Sorge gleich zum Mitmachen aufgefordert zu werden erwischte ich mich dabei, dass ich tatsächlich überlegte was ich wohl vortragen könnte, sollte ich Teil der großen Abschlussveranstaltung werden. Kurz vor dem Ende war es dann so weit. Denn selbst wer es noch bis hierhin geschafft hatte sitzenzubleiben – und das waren gestern Abend leider sehr Viele - der dürfte spätestens mit den ersten Worten von „Time Of Your Life“ eine Gänsehaut und den ununterdrückbaren Drang verspüren, aufzustehen, zu klatschen und laut mitzusingen. Niemand störte sich daran, dass der Sitznachbar endlich selbst ein Teil des Musicals wurde und den Atem stocken ließ, als Baby zur Hebefigur ansetzte. Tatsächlich bot in meinen Augen nur das Publikum selbst Anlass zur Kritik. Wer gestern Abend Gast der Vorstellung gewesen ist oder die Fotos meiner Fotostrecke betrachtet, wird das Feuer und die Leidenschaft in den Augen der Tänzerinnen und Tänzer sehen. Dem werden die vielen kleinen Details bei den Darstellern auffallen, die aufgrund des mitreißenden Schwungs des Stücks gestern Abend vielleicht nicht immer bis ins Kleinste sichtbar waren. Die Körperspannung bei den Tänzen, die Professionalität mit der Situationen gespielt wurden und die Selbstverständlichkeit, mit der das Bühnenbild in kurzen Augenblicken verwandelt wurde. Selten habe ich so eine hervorragende Gesamtleistung eines ganzen Ensembles zu sehen bekommen. Vollkommen zu Recht gab es am Ende der Vorstellung Rosen für jeden einzelnen Mitwirkenden und auch beim Publikum platzte endlich der Knoten, die Leute kamen aus sich heraus und forderten mit stehenden Ovationen mehrere Zugaben. Für mich noch immer wenig nachvollziehbar, wie man ausgerechnet bei so einem Stück, das förmlich danach schreit mitzumachen, sich so still und zurückhaltend verhalten konnte. An der Leistung der Schauspieler lag es mit Sicherheit nicht – schieben wir es also auf die norddeutsche Kühle. Wer übrigens, so wie ich, schon immer wissen wollte, wie die Geschichte mit Baby und Johnny wohl ausgegangen ist, dem kann geholfen werden: Die Fortsetzung der Romanze soll nach derzeitigem Stand im Februar nächsten Jahres in die Kinos kommen. Und bis es soweit ist, müssen wohl weiterhin DVD oder Streamingdienste die Schnulze hoch und runter spielen.... |
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