Eurovision Song Contest 2017
Die Proben

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Köln-Mühlhausen, 08.02.2017 - Am 9. Februar findet in Köln der deutsche Vorentscheid "Eurovision Song Contest - Unser Song 2017" statt. Man erinnerte sich nach dem schlechten Abschneiden in den letzten beiden Jahren an das Castingshow-Auswahlformat unter der Leitung von Stefan Raab und den ersten Platz von Lena. Die fünf recht unbekannten Kandidaten Axel Maximilian Feige, Felicia Lu Kürbiß, Helene Nissen, Isabella Levina Lueen und Yosefin Buohler stellen sich dem Votum der Zuschauer aus Deutschland in vier Abstimmungsrunden. Während der Pressekonferenz liefen auch zeitgleich die Proben der Kandidaten.

Die jüngste Interpretin Helene Nissen hatte den ersten Probeauftritt. Man merkte der 20-Jährigen ihre Nervosität anfangs noch sehr an. Sie beherrscht auch den Flirt mit den Kameras und dem Publikum noch nicht so professionell wie manche Konkurrenz im Studio Köln-Mühlheim. Sicher präsentierte sie ihren Countrycoversong. Hier hört man die Routine aus ihren Auftritten im Norden, z. B. auf der Kieler Woche. Bei den beiden Pflichtsongsaller Kandidaten aller Kandidaten ist aber sofort spürbar, dass sie Helene "nicht pasent". Kaum Bewegung auf der Bühne, die wenigen Tanzmoves sehen eher nach einem hilflosen Welpen aus. Der Blickkontakt zur Kamera wird möglichst vermieden. Es ist ein jugendlich frischer Moment auf der Bühne zu spüren, der aber für den ESC-Entscheid in Kiew nicht ausreichen wird. Es sind noch ein paar Jahre Liveauftritte nötig, um eine komplette Künstlerpersönlichkeit zu präsentieren.

Yosefin Buohler ist da schon viele Schritte weiter, ein Leichtes für sie, kommt sie doch aus einer Musikerfamilie. In Schweden hat sie schon viele Bühnenauftritte performt, so bewegt sie sich selbstsicher auf der Bühne, gibt selbst Anweisungen. Das "Strahle-Powerpäckchen" hat eine breite Stimmvariation zu bieten. Geprägt durch ihre schwedische Mutter, die in Yosefins Kindheit viele Blues und Gospelsongs gespielt hat.
Sie tanzt und jumped über die gesamte Bühne, vergisst nie, sich in die richtige Kameraposition zu bringen, auch der Blickkontakt und Augenflirt mit dem Publikum und Kamera ist gekonnt und einstudiert.
Sie interpretiert zunächst einen Coversong von Beyonce, Gesangsstücke des amerikanischen Superstars sind schon vielen Castingsängerinnen zum Verhängnis geworden - einfach weil die Stimme und Gesangstechnik perfekt sein muss, da stört schon die kleinste Prise Nervosität - allerdings war das heute bei Yosefin in keinster Weise zu spüren.

Felicia Lu Kürbiß - der Nachname der Sängerin wird ihr nicht gerecht. Die Gesangsprobe ist ein Augen- und Ohrenschmaus. Sehr selbstsicher auf der Bühne, die Körperbewegungen auf Minimum reduziert, aber doch sehr präsent. So, wie sie auch ihre Songs singt, mit glockenklarer Stimme, wohl akzentuiert vorgetragen. Ein klassischer, aber auch moderner Vortragsstil. Für den modernen Klang sorgen sphärische Klänge a la Banks etc. Felicia favorisiert auch den Electronic-Pop. Die Selbstsicherheit und Präsenz auf der Bühne hat sie sich durch ihre zahlreichen YouTube Coveraufnahmen erarbeitet.

 

Die dadurch erworbene Bekanntheit wird bei der Abstimmung sicher helfen.

Axel Maximilian Feige covered den Titelsong aus dem Bond Film Casino Royal. Der einzige Mann im Quintett des Eurovision Song Vorentscheid tritt im Anzug auf die Bühne. Doch so wie der Anzug passt der Song nicht massgeschneidert zu dem Alternativ-Rocksänger.

Yosefin Buohler wartet auf ihren Auftritt

Er kann den Song nicht emotional ausdrücken, der Kontakt zum Publikum ist nicht wirklich vorhanden. Seine Bewegungen beschränken sich auf das Nötigste. Seine Stimme ist kraftvoll und hat ein unverwechselbares Timbre. Zudem scheint den Sänger eine starke Erkältung zu plagen, umso anstrengender die Proben. Aber es sind nicht seine Songs und Texte. Man nimmt ihm den Popsänger nicht ab, hier könnte man am ehesten einen Kandidaten a la "ich nehme die Wahl nicht an, es ist doch nicht meine Weltanschauung“, vermuten.
Axel ist ein charismatischer Künstler, der sich nicht verbiegen lassen wird. Er wird mit seinen Bands und seinen Projekten den Weg auch ohne den ESC finden, zumal er am Folgetag nach dem ESC in Hamburg seine neue CD vorstellt. Das Publikum ist allerdings immer für eine Überraschung gut, vielleicht entscheidet es sich gegen den Mainstream.

Isabella Levina Lueen tritt heute als Schlussact auf die Probebühne. So perfekt sie die Probendurchläufe abspult, so perfekt auch jede ihrer einstudierten Posen, die sie durch ihren Adele-Song begleiten.
Auch das gemeinsame Stück "Wildfire", welches jeder der Kandidaten darbietet, wird perfekt abgeliefert, leider fallen unnötige Bewegungen der Anspannung zum Opfer.
Man hört und sieht, dass hier ein Gesangsstudium und etliche Jahre Musicalengagements mit in den Auftritt einfließen. Auf den Punkt ist Isabella präsent - der Vollprofi der fünf gecasteten Finalisten. Die englischsprachigen Songs glasklar in der Aussprache durch ihren Aufenthalt in London. Hier könnte die Perfektion zum Wahlverhängnis werden. Eine Natürlichkeit und vielleicht ein kleiner Sympathieschmunzelfehler würden der Sängerin mit Sicherheit mehr Votingstimmen einbringen.