Interview mit Achim Lanzendorf von Helltrail

Von Gregor Eder

Schön bodenständiger Heavy-Metal ist für mich immer ein Genuss. Ein noch größerer Genuss ist es, wenn ich direkt mit einer Rock-Röhre, die derartige Musik mit drei weiteren Kollegen produziert, plauschen darf. Die Truppe Helltrail veröffentlicht am 16.04.2021 ihre 4-Track-EP namens "Always Shoot Twice" und im Rahmen der Veröffentlichung durfte ich mit Sänger und Gitarristen Achim etwas über die neue Scheibe plaudern. Zu Beginn war Achim etwas verblüfft mit einem Österreicher zu reden, da es sich ja um ein Interview für ein norddeutsches Magazin handelte. Daher stellte ich mich kurz etwas genauer vor und als ich zu dem Punkt kam, dass ich Psychologie studiert habe erschallte lautes Gelächter.

Achim meinte: "Ja, ich mache ja Musik auch nur so nebenher. Ich habe klassisch mit Blockflöte und Gitarre beim Schul- und Jugendmusikwerk begonnen. Danach habe ich eine Lehre gemacht, doch das war nicht unbedingt das, was ich wollte. Ich hab dann auch Psychologie studiert, aber neben dem Studium schon konstant in der Veranstaltungsbranche gearbeitet und bin dann in dem Gebiet irgendwie zu meinem Hauptberuf gekommen. Das Studium habe ich dann nicht zu Ende gemacht und arbeite nun schon einige Jahre als freier Ton-Ingenieur. Die letzten Jahre mache ich hauptsächlich Produktion, also Stage-Manager, Produktion-Manager auf Festivals oder auf Touren. Deswegen musste ich so lachen als du gesagt hast, dass du Psychologie studierst."
Wie oft sich die Werdegänge von Musikern mit der Psychologie schneiden ist langsam unheimlich, wenn man bedenkt, dass mir in den letzten 5 Interviews 3 Personen untergekommen sind, welche entweder fertige Psychologen sind oder zumindest das Fach anstudiert haben.
Achim meinte hierzu nur noch: "Das ist vermutlich der Grund warum es auf Metal-Festivals noch immer am friedlichsten zugeht!"

Da konnte ich nur zustimmen. Um direkt bei dem Thema Tontechnik anzuschließen, ging ich direkt auf den Sound der neuen 4-Track EP ein und erzählte Achim, dass mir der Klang der 4 Songs wirklich sehr gut gefällt.
Achim reagierte auf das Kompliment mit: "Das ist herrlich! Es ist schön, wenn es gefällt. Wir haben versucht einen etwas anderen Sound zu machen. Klarerweise ziehen wir als Referenz fürs Mastering auch moderne Sachen hinzu, seien es hochgemasterte Sachen wie die letzte Alter Bridge oder ähnliches, wo wir sagen das ist eine amtliche Referenz. Wir wollten es aber nicht so "totmastern" dass gar keine Dynamik mehr drinnen ist, aber du kannst eben heute nichts mehr rausgbringen, das klingt wie die 90er. Daher haben wir versucht so einen Weg zu gehen auf welchem wir nicht die typischen Sounds nehmen und ich habe das Ganze mit einem Freund von mir gemacht, der beispielsweise das Stage-Monitoring am Rock am Ring gemacht hat. Der war einige Jahre in den 90ern bei den Dirk-Studios in Köln angestellt und hat da einiges mitgemacht von Toten Hosen bis Scorpions und der brachte dann natürlich viel an Erfahrung mit. Ich mache ja auch vieles in meinem Studio, aber der kam da eben mit einer ganz anderen Erfahrung und Ideen um die Ecke. Heutzutag klingen die Veröffentlichungen ja ziemlich ähnlich und wir wollten das eben nicht. Wir wollten vom Mastering modern bleiben, aber das Raue bzw. Brutale, was meist weggebügelt wird, definitiv nicht verlieren."

Somit erklärte sich für mich, warum die Songs trotz klassischer Metal-Komposition so frisch und innovativ klingen. Da ich natürlich immer sehr neugierig bin, was die Metaebene einer Veröffentlichung angeht, stellte ich folgende Frage: "Habt ihr eigentlich mit dieser EP eine spezielle Message an die Leute da draußen im Zusammenhang mit der momentanen Situation?" Dazu meinte Achim: "Das könnte ich so pauschal jetzt nicht sagen. Weder machen wir Konzeptalben, noch erzählen wir irgendwelche Fantasy-Geschichten. Ich glaube bei uns hat jeder Song für sich seine eigene Geschichte bzw. Story. Ich meine, als wir uns entschieden haben die EP zu machen, waren wir uns alle eigentlich einig "Constant-Resisstance" als Single zu veröffentlichen. Da habe ich mir schon im Vorhinein gedacht, dass der Titel momentan blöd ankommen könnte und 3 Tage vor der Veröffentlichung wurde dann auch noch das amerikanische Kapitol gestürmt.

 

Da haben wir dann natürlich klargestellt, dass der Song nicht in diesem Kontext steht, um nicht in irgendeine Ecke gestellt zu werden. Wie die meisten Metaller sind wir nicht politisch rechts orientiert. Das ist beispielsweise eine Hintergrundgeschichte zu dem Song. Eben auf diese Art hat jeder Song seine Geschichte, aber so eine Pauschalaussage gibt es nicht. Wir haben uns da auch nie wirklich über eine pauschale Message Gedanken gemacht, da unsere Songs eben entstehen, wie sie entstehen."

Zu diesem klaren Statement lässt sich eigentlich nichts mehr hinzufügen. Nachdem dies geklärt war, brachte ich folgende Frage ins Spiel: "Wie sah es nun eigentlich mit dem Recording bei euch aus, hinsichtlich der Pandemie?"
Achim antwortete sofort: "Sehr gemischt. Wir haben viel vor der Pandemie schon gemacht, aber die volle Produktion fand währenddessen statt. Wir haben ja im Dezember noch das Video zu "Constant Resistance" gedreht und da gab es ein ganz klares Hygienekonzept. Ich hab damals eine Reihe Schnelltests besorgt und dann haben wir uns eben vor dem Dreh durchgetestet. Man muss sich eben nach der Situation richten, doch wir haben dann doch eine 2 Tage lange professionelle Produktion hinbekommen."

Bevor man überhaupt etwas produzieren kann braucht man natürlich dementsprechendes Material. Daher lautete meine nächste Frage: "Wie enstehen bei euch eigentlich die Songs bzw. Wie sieht Songwriting bei euch aus?"
"Wir fangen oft mit einem Gitarrenriff an. So in die Richtung "Hey, hör mal! Das könnte gehn". Dann bastelt sich das Ganze meist Stück für Stück zusammen. In den seltensten Fällen fangen wir mit dem Gesang an. Das kommt davon, dass ich eigentlich ja kein Sänger bin bzw. war. Ich bin da ja eigentlich auch dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Früher habe ich hier und da Gesangharmonien als Zweitstimme gemacht und es ist sozusagen durch Zufall dazu gekommen, das, ich dann die Hauptstimme gemacht habe und so ist es dann auch geblieben. Deswegen funktioniert das bei uns etwas anders. Da zwei meiner Kollegen ja hauptberufliche Musiker sind haben wir eine ganz andere Herangehensweise bzw. Art des Arbeitens. Wir arbeiten sehr diszipliniert. Bei uns im Studio gibt es kein Bier, aber die Kaffeemaschine läuft eben andauernd. Wir arbeiten auch eher am Tag und weniger Abends, was uns auch etwas von anderen Bands unterscheidet." meinte Achim dazu.

So ein diszipliniertes Vorgehen bei der Musikproduktion kann man sich nur wünschen. Wenn das Endprodukt dann auch noch dementsprechend authentisch klingt, hat die Band schlussendlich alles richtig gemacht. Was meiner Meinung nach alles richtig gemacht wurde bei Helltrail`s "Always shoot twice" könnt ihr dann in der dazugehörigen --> Review lesen!

Achim und ich plauderten weiter noch ein wenig über die Musikbranche und die aktuelle Situation bis uns schlussendlich die geplante Zeit für das Interview ausging.
Somit bleibt abschließend nur zu sagen, dass ihr euch definitiv die feinen vier Tracks der EP reinziehen solltet und ich mich nochmals bei Achim das sehr entspannte Interview bedanken möchte!