Interview mit Jack und Toby von ISLAND

Von Patricia Mikolasch

Die beiden jungen Herren von ISLAND -Jack und Toby- erwiesen mir die Ehre, eine Runde mit mir über ihr neues Album „Yesterday Park" (unsere --> Rezension), Nostalgie, schwierige Fragen, „Fakeantworten“ und teilweise sogar auf Deutsch zu schnacken… 

Euer neues Album erscheint am 25.06.21. Worum handelt es?

Toby: „Wie der Titel vermuten lässt, geht es um Nostalgie. Darum, dass man früher die rosa Brille auf hatte und vieles schöner in Erinnerung hat, als es vielleicht wirklich war. Es handelt davon nun in dem Alter zu sein, in dem man sein Leben reflektiert und sieht, wie es wirklich war, sich mit der eigenen Vergangenheit, Kindheit, Jugend auseinanderzusetzen und damit, was für einen Einfluss das alles auf uns hatte. Oder Jack?“

Jack: „Die Songs entwickelten sich sozusagen „auf dem Weg“- Nostalgie war das „Oberthema“. Einige Songs erzählen davon in einer abstrakten Weise, andere erzählen von Episoden, bzw. Dingen wie Liebe, Verlust, Freundschaft aus bestimmten Blickwinkeln.“

War es also schon zu Beginn des Schreibprozesses klar, dass es um Nostalgie oder nostalgische Gefühlen gehen sollte?

Toby: „Naja, am Anfang haben wir erst mal nur Ideen gesammelt, Songs geschrieben, Material zusammen gebracht. Wir mögen es ein „Oberthema“ für unsere Alben zu finden, die alles ein wenig zusammen halten. Rollo hat durch seine Texte den Songs noch eine spezielle Richtung gegeben, so dass uns allen im Verlauf des Prozesses klar wurde, dass wir uns auf dem Weg der Nostalgie befinden und entsprechend das Album dann in diese Richtung weiterentwickelt haben.“

Jack: „Es kann sehr schwierig sein, wenn man keine Richtung für die Songs hat- man hat so viele Ideen, die einen in die eine und in die andere Richtung ziehen, es ist etwas überwältigend. Da hilft es sehr einen Oberbegriff zu finden, der dem ganzen eine Richtung, ein Fundament gibt. Wir haben uns relativ früh dafür entschieden und hatten noch eine Menges schreiben. Es war aber hilfreich dafür eben schon diese Überschrift zu haben.“

Wir sind ja nun schon im Songwriting angekommen- wie sieht Eure „Songschreibe- Prozedur“ aus? War es bei diesem Album anders als vorher?

Toby: „Ich finde wir haben hier genau so gearbeitet wie wir es sonst tun. Die Songwriting - Formel von ISLAND sieht normalerweise so aus, dass wir vier in einem Raum sind und dann wirklich einfach jammen. Eine Idee kristallisiert sich dann heraus und Rollo singt irgendwelche Quatschwörter darauf. Bei ISLAND kommt eigentlich immer die Musik. Die Lyrics und die Geschichte kommen später von Rollo dazu. Was diesmal eher anders war, war die Art wie wir die Songs, bzw. den Schreibprozess abgeschlossen haben. Normalerweise war es so, dass wir die Songs praktisch zu 100 % fertig geschrieben haben- so gut wie wir es zu viert eben machen können. Diesmal wussten wir, dass wir in ein Studio gehen würden und mit einem Produzenten arbeiten würden. Deshalb haben wir uns diesmal ein bisschen mehr Raum gegeben, haben die Songs zu 95 % fertig gemacht und konnten dann aber noch coole Sachen im Studio ausprobieren und an den Strukturen arbeiten. Das war dieses Mal auf jeden Fall anders als sonst.“

Jack: „Es war ein bisschen merkwürdig- so wie Toby gesagt hat, haben wir die Songs immer schon sehr weit entwickelt und dadurch eben auch schon sehr festgelegt. Diesmal war es schön mit jemand neues zusammenzuarbeiten, der uns neuen Input geben konnte, so dass wir noch viele Dinge verändern konnten- wie Strukturen innerhalb eines Songs zu verändern oder neue Instrumente zu integrieren, Gitarrenparts auf das Keyboard zu übertragen und solche Sachen. Das war sehr schön, gemeinsam mit Mikko Gordon, mit dem wir das Album produziert haben, Neues entdecken zu können.“

Ah, Mikko Gordon, der auch schon das ein oder andere Mal mit Thom York zusammengearbeitet hat. Das hört man an einigen Stellen auch ein bisschen heraus, wie ich finde. Was würdet ihr sagen macht den Sound von ISLAND aus? Was macht Euch anders?

Toby: „Oh lasst uns hoffen, dass wir anders sind (lacht)- das ist natürlich unser Ziel. Ich denke, was sich auf jeden Fall verändert hat, ist, dass wir früher sehr viel Delay auf den Gitarren verwendet haben und das ein großer Teil des Sounds war. Auf dem neuen Album sind wir davon etwas abgewichen und haben uns mehr auf das Schlagzeug, auf rhythmische Aspekte konzentriert und uns auch vom Sound des 90er Jahre Hip Hops inspirieren lassen. Aber was uns jetzt genau anders macht oder unseren Sound ausmacht…- Jack? ;)“

Jack: „Ich denke, die Tatsache, dass wir wirklich nur zu viert sind und eben auch alles für die Konstellation zwei Gitarren, Drums und Bass konzipiert ist, also das typische Indieband Set Up, gibt uns schon einen eigenen Sound. Aber das Herz liegt vor allem in Rollo´s Rhythmusparts und dem Schlagzeug. Sehr viele Ideen kommen von den Beiden und ich glaube, das ist es, was das Herz, den Kern von ISLAND zum größten Teil ausmacht.“

Toby: „Gute Frage… ;)“

Uhhhh, danke :) Man möchte ja den Künstler auch nicht mit den immer wiederkehrenden, gleichen Fragen langweilen… Habt Ihr einen Lieblingssong auf dem Album? Und natürlich warum?

Toby:„Einen Lieblingssong oder Songs?“… Hm… Songs. Oh das ist die klassische „welches ist Ihr Lieblingskind“- Frage… Das ist sehr schwierig zu sagen, denn jeder Song ist anders und transportiert etwas anderes. Wir haben eine (hoffentlich zumindest) weite Bandbreite and Stücken zusammengetragen, die alle für sich stehen. Ich mag aber zum Beispiel sehr „Everyone´s The Same“, weil es ein etwas schwerer Song ist, mit Distortion - ein bisschen „heavier“, aber auch die „laid-back“ Songs wie „When I Gave You My Heart“ und „Young Days“… und jetzt werde ich alle Songs aufzählen! (lacht) Jack?“

Jack: „ Bei mir ist es „By Your Side“. Es ist einer der ersten Songs, die wir geschrieben haben und er fungiert schon als eine Art „Soft-Single“ für das Album. Ich höre mir nicht unbedingt oft unsere Musik an, aber von dem Song habe ich mir ständig die Demoversion angehört. Ich mag ihn wirklich sehr. Danach kommt wahrscheinlich „Young Days“- der ist vor kurzem erst raus gekommen.“

Ok… dann schauen wir mal was es sonst so im ISLAND-Universum zu erforschen gibt…. Was war Eure intensivste, musikalisch Erfahrung?

Jack: „Als ich 18 Jahre alt war sah ich Sigur Ros auf einem Festival. Es ging auf den Abend zu und die Sonne ging unter- es war einfach ein perfektes Zusammenspiel von Musik, Atmosphäre, Licht- ein sehr emotionaler Moment. Das ist mir sehr im Gedächtnis geblieben. Und Eric Clapton. Das war mein erstes Konzert als ich 12 Jahre alt und mit meinem Vater auf einem Eric Clapton Konzert war. Es war das Lauteste und Beste, was ich je gehört hatte- das hat mich sehr beeindruckt. Also bei mir: Sigur Ros und Eric Clapton“

Toby: "Für mich war es als wir eine Tour in Nordamerika spielten. Wir fuhren die Küste entlang von Seattle nach San Francisco, die Sonne ging unter und es war einfach eine atemberaubende Aussicht. Wir hörten ein Album von Hammock und niemand im Van sagte ein Wort. Wir fuhren schweigend, zu der Musik von Hammock, die etwas cineastisch ist, an dieser wunderschönen Landschaft entlang. Es war so intensiv, so wunderschön…“

Oh wow… die Musik von Hammock gerade zwar nicht im Ohr, drängen sich nichtsdestotrotz unglaublich starke Bilder in meinen Kopf. Wie in einem Film… Wie würdet Ihr Eure persönliche Reise, Eure Entwicklung als Musiker beschreiben?

 

 

 

 


 

Toby: „Es ist interessant, ich würde sagen. Jack und ich haben einen ähnlichen „Werdegang“ hinter uns. Wir haben schon sehr früh angefangen ernsthaft Musik zu machen- in unseren frühen Teeniejahren, glaube ich. Wir spielten in Pop-Punk Bands und spielten ersten Shows nach der Schule mit 200 Leuten und es war unglaublich aufregend für uns. Inzwischen sind wir natürlich etwas gereift und etwas entspannter, was den Trubel drumherum angeht. Was wir aber auch gelernt haben und das ist das wo wir uns vielleicht hin entwickelt haben, ist, dass wir als Band viel mehr zusammengewachsen sind. Es klingt nach einem Klischee wenn ich sage, wir spielen wirklich zusammen- wir vier, aber das ist es was wir gelernt haben- so spielen wir Musik, so macht es uns Freude. Wenn wir zusammen spielen. Alleine spielen macht überhaupt nicht mehr so viel Spass und gibt einem nicht mehr so viel. Ich finde, wir sind als Band wirklich zusammen gewaschen.“

Fotocredit: Island

Jack: „Als ich ein Teenager war, verbrachte ich meine Zeit fanatisch damit neue Akkorde, neue Skalen, neue Tabs zu lernen, als Gitarrist besser zu werden. Mit der Zeit verliert man ein bisschen diesen „Teeniefanatismus“ und lernt, dass es auch noch andere Dinge gibt, die einen zu einem guten Musiker machen. Ich habe angefangen mich mehr auf das Zusammenspiel zu konzentrieren, um ein besserer Livemusik zu werden, um zu lernen deine Mitspieler besser lesen zu können, aufeinander zu achten und reagieren zu können, falls mal etwas schief läuft. Die Prioritäten haben sich im Laufe der Jahre verändert.“

Interessant… Was war der beste Rat oder die beste Kritik, die ihr bekommen habt? Nicht nur als Musiker, sondern im Allgemeinen?

Toby: „Mir hat mal jemand gesagt, für Lliveshows jeden Gig direkt zu spielen, also gleich loszulegen und gleich die Energie aufzubringen und rüber zu bringen. Nicht erst warm machen, sondern gleich los. Das ist die Art, die ich beim Performen immer bevorzugt habe. Das ist unsere Strategie- wir spielen unsere Shows immer sehr lebendig, sehr energiegeladen. Das ist der Ort, an dem wir wirklich zum Leben erwachen. Und dieser Tipp begleitete mich immer…“

Jack: „Für mich war es „Spiel jeden Gig gleich“, also mit der gleichen Energie, mit der gleichen Leidenschaft und Spaß. Egal, ob es vor ausverkaufter Halle oder halb leerem Saal ist- man weiß nie, was passiert, wer dorthin kommt oder was ihnen dein Musik bedeutet und es gibt nichts schlimmeres, als sich eine Band anzusehen, die einem viel bedeutet oder mit deren Musik man etwas Besonderes verbindet und die Band spielt schlecht. Das verändert nicht nur die Sicht, die Wahrnehmung der Band und deren Musik, sondern es verändert einen selbst. Und das sollte einem nie passieren.“

Gab es einen Moment für Euch oder eine Schwelle an dem die Musik zu einnehmend war?

Jack: „Ich finde es kann sehr schwierig sein Songs zu schreiben. Der ganze Prozess, Ideen zu sammeln, auszuwerten, zu sehen, was gut ist, was nicht… es kann sehr entmutigend sein. Woher weiß man, wann die eigene Musik wirklich gut ist?“

Toby: Ich verstehe nicht wirklich was Du meinst… Kannst Du es vielleicht auf deutsch erklären?“

Das ist auch definitiv das erste Mal, dass ich von einer britischen Band gefragt werde, ob ich meine Frage auf Deutsch stellen kann! Also erkläre ich noch einmal auf Deutsch und siehe da- nun ist alles klar…! :)

Toby: „Ja, definitiv… Musik ist eine Form der Kunst und ich glaube, dass es immer diesen Punkt gibt, an dem man sieht und hört, was man gemacht hat und es gut findet und hinter dem steht und dann fünf Minuten später, zerreißt man es selbst, weil man es selbst für zu schlecht hält. Manchmal ist es schwierig den richtigen „Abstand“ das das richtige „Verhältnis“ zu dem zu schaffen, was man selbst geschrieben oder erschaffen hat. Ich finde gerade jetzt zu Zeiten von CoVid ist es noch schwieriger geworden. Dadurch, dass man nicht rausgehen konnte und seine Musik präsentieren konnte, hat man überhaupt kein Gefühl dafür, wie es ankommt, was es in unserem Publikum auslöst. Man sieht Streams auf irgendwelchen Plattformen, man sieht Likes und Klicks…aber man spürt keine Verbindung, man fühlt keine Reaktion. Das kann manchmal sehr schwierig sein und einen innerlich auch stark verunsichern. Da wird es manchmal unheimlich und beängstigend.“

Uh, die Zeit wird wieder mal knapp… Wenn Ihr die Wahl hättet- mit wem würdet Ihr gerne mal arbeiten? Egal wer- tot oder lebendig :)

Toby: „Huhhh… Du hast sehr gute Fragen ;) oh man… Jack? Hast Du jemanden?

Jack: „Musikalisch? Es wäre ziemlich beeindruckend mal einen Tag neben einem Gitarristen wie Hendrix zu stehen und mit ihm zusammen zu spielen. Ich glaube, mir fällt niemand besseres als Hendrix ein… :) Das wäre wirklich wahnsinnig toll.“

Toby: Ich würde zurück gehen in die 90er, frühe 2000er und einmal eine Tour mit Blink 182 spielen wollen. Einmal in den Schuhen von Travis Barker stecken. Die Szene war damals so groß und so stark- es war eine tolle Zeit und tolle Musik. Das ist jetzt mehr eine Fakeantwort auf Deine Frage, weil sie nicht so musikalisch ist… ;)“

Gute Antwort nichtsdestotrotz… :) Ok, eine Frage zum Schluss: Was ist Euer All-Time- Favorite - Album oder Künstler, oder beides?

Toby: „PPUUHHHH….!! Ich muss mal meine Hausaufgaben machen für solche Fragen (lacht). Meine Erinnerung ist so schlecht…. Jack?

Jack: „Ich würde sagen Rainbow und Harvest…. Vielleicht auch Musik, die ich durch meinen Vater kennengelernt habe - das waren die alten Bob Dylan Sachen… Also alte folky Sachen… Aber wenn es mehr um ein Album, also um ein Gefühl geht, dann würde ich sagen, Radiohead und Rainbows…aber ich hasse es solche Fragen beantworten zu müssen ;)“

Toby: „Ja, es ist eine sehr schwierige Frage… ich habe nicht ein einziges! Was ist Deins, Patricia?“

Uhhhh… ok, eins auszuwählen ist schwierig…. aber wahrscheinlich „Selling England By The Pound“ von Genesis und „Portishead“ von Portishead.

Toby: „Ah, sehr gute Alben! Ich habe das Gefühl, ich müsste mit einer wirklich coolen Antwort um die Ecke kommen, aber was mir durch den Kopf geht, sind alles Teenagebands (lacht). Da ist nichts wirklich cool. Vielleicht am ehesten noch The Strokes, aber es tut mir leid, auf die Frage müsste ich später nochmal zurückkommen.

Das ist kein Problem- das Gespräch war wunderbarer Weise wieder sehr informativ und unterhaltsam und ich hoffe darauf, die Jungs bald live auf der Bühne sehen zu können. Vielen Dank an Jack und Toby von ISLAND und alles Gute weiterhin.