Interview mit Hirsch von Montreal

Von Gregor Eder

Nachdem Montreal ja keine Junghüpfer in der Welt der Musik sind wird es Zeit für eine Bestandsaufnahme. Das Trio hat sich für das im September kommende Album ein sehr cooles Projekt überlegt und ich durfte mit Gründungsmitglied und Sänger Hirsch eine Runde darüber plaudern. Die Idee hinter dem Album ist, dass die Fans aus den Diskographie der Band Tracks für das Album bestimmen können und natürlich war ich neugierig wie die Band auf eine derartig geile Idee gekommen ist. Nachdem Hirsch mich gekonnt als Österreicher entlarvt hatte kamen wir direkt zur Sache:

Also euer Projekt mit der "Bestandsaufnahme" ist schon sehr beeindruckend. Ich habe schon lange nicht mehr ein Album mit derartiger Mitwirkung der Fans gesehen, meinte ich.
Hirsch erwiderte: "Es ist vor allem sehr gefährlich. Wir haben uns da weit aus dem Fenster gelehnt, weil wir natürlich selbst nicht abschätzen konnten was da herauskommt. Da sind natürlich auch einige Überraschungen dabei. Mittlerweile haben über 1.800 Leute ihre Top-15 eingereicht und das sind nicht die typischen "Spotify-Top-15", sondern da sind auch Ausreißer dabei. Wir sind jedenfalls gespannt was da am Ende herauskommen wird."

"Ja das ist schon eine etwas gefährliche Angelegenheit, vor allem bei dem Repertoire das ihr habt." schoss ich nach.
"Richtig! Die andere Komponente ist ja, dass wir gesagt haben, dass wir am 26.05.2021 ein Streaming-Konzert in Bremen im Club 100 spielen, wo wir diese Top 15 vorstellen. Da sind zum Teil auch Lieder dabei, die wir nicht so oft gespielt haben. Dementsprechend holprig kann das werden und wir proben die Songs schon, aber seit der letzten Probe haben sich die Songs schon wieder geändert. Da ist auf den letzten Plätzen noch sehr viel Bewegung. Da haben sich schon wieder ein paar Lieder nach vorne geschossen die wir noch nicht auf dem Zettel hatten. Da dürfen wir voraussichtlich noch ein paar Mal rumüben." erklärte Hirsch.

Bei so einem waghalsigen Projekt stellte sich mir logischerweise folgende Frage: "Wie ist die ganze Idee hinter der "Bestandsaufnahme" überhaupt ins rollen gekommen?"
Hirsch erklärte: "Wir hatten 3 neue Lieder, welche wir schnell raus bringen wollten. Zum Beispiel das Lied welches wir gerade veröffentlicht haben: "Zum Glück nicht relevant". Da wussten wir, dass muss so schnell wie möglich rauskommen und kann nicht erst im März erscheinen, da die Thematik ja sehr aktuell war. Dann haben wir uns überlegt was wir machen können, da Live-Konzerte ja dieses Jahr voraussichtlich nicht mehr veranstaltet werden. Ein richtiges Album in dieser Zeit zu veröffentlichen war uns dann etwas zu gefährlich, da wir gesehen haben wie Alben von Kollegen momentan einfach versanden und untergehen. Das wäre uns zu schade gewesen und so wie wir es jetzt angegangen sind, haben wir eine gute Mischung aus frischen Songs und "Altem" geschaffen. Nach 7 Jahren haben wir ja genug Material, ein Best-of haben wir ja auch noch nicht veröffentlicht und so dachten wir uns, dass wir mit unserem eigenen Label da etwas mit den Songs spielen könnten. Ich weiß von anderen Bands, dass es oft bei Best-of`s durch die Rechte an den Liedern etwas schwierig ist. Wir können in dem Fall mit dem eigenen Label werken und schalten wie wir wollen und so dachten wir uns, bevor wir nun die Singles einfach da raus klatschen, lassen wir einmal unser sehr aktives Publikum die Setlist bestimmen. Eine einfache Best-of wäre uns etwas zu trist gewesen und so kam uns eben die Idee die Fans mitarbeiten zu lassen. Somit mussten wir uns vorteilhafter Weise nicht mit den Songs die auf das Album kommen auseinandersetzten und können denen, welchen es nicht gefällt simpel sagen, dass wir das nicht entschieden haben. Es ist ja auch für die Fans auch eine coole Sache während der Pandemie, wo man nur zuhause sitzt, sich ein paar Minuten hinsetzten zu können und eine Setlist der Lieblingssongs zusammenstellen zu können. Vielleicht kommt es ja dadurch auch etwas dazu, dass sich die Leute wieder etwas mehr mit der Musik auseinandersetzten, dass war mitunter auch ein Hintergedanke."

 

Man merkt, dass Montreal schon sehr darauf bedacht sind ihre sehr aktive Crowd am laufenden und eben aktiv zu halten. Da Hirsch betont hatte, dass die Band mit dem eigenen Label einige Vorteile haben, stellte ich die Frage: "Was würdest du sagen wären gute Tipps für Bands die ihr eigenes Label auf die Füße stellen wollen?"

Fotocredit: Montreal

"Es ist ja nicht so, dass jede Band das von Anfang an machen muss. Wir haben es ja auch erst gelernt. Die ersten 3 Alben haben wir ja bei einem anderen Label gemacht und haben uns dann davon getrennt, alles selbst gemacht und auch so schnell es ging die Rechte an den Songs wieder geholt. Das Problem welches sich einer jungen Band stellt und was man nicht so absehen kann ist, dass man bei einem Label wohl möglich einen Vertrag unterschreibt, welchen man nicht ganz durchblickt und plötzlich sind die Rechte an den Songs für die nächsten 10 Jahre weg. Das ist gerade in der heutigen Zeit von Streaming sehr ärgerlich. Das heißt, Bands die vor 10 Jahren einen Vertrag unterschrieben haben, wo Streaming nicht nicht so existent war, haben den Labels, meist für einen geringen Vorschuss, die Rechte in die Hand gegeben mit welchen sie bis heute über Streaming gut verdienen. Da stimmt das Verhältnis nicht mehr. Also mein erster Tipp ist, dass man die Nutzungs-rechtszeiträume in einem Vertrag sehr kurz hält, damit man sich nicht für Ewigkeiten bindet.

Wenn man dann beginnt sein eigenes Label zu machen, was heutzutage wirklich kein Hexenwerk ist, dann würde ich dazu raten alle möglichen Plattformen auch zu nutzen. Am Ende des Tages muss man einfach am Ball bleiben. Bei uns ist es so, dass sich bei jeder Platte die Außenbedingungen etwas geändert haben. Wenn man alle 2-3 Jahre eine Platte herausbringt kann man nicht simpel die Scheibe so veröffentlichen wie vor 6 Jahren, weil sich einfach die ganze Musiklandschaft wieder verändert hat. Eigentlich ist die Aufgabe konstant mit anderen Bands und Leuten die Musik veröffentlichen im Austausch zu bleiben. Was ist bei euch so los? Wie ist die Lage? Man muss da sehr beweglich bleiben. Es gibt keine wirkliche Formel was nun richtig oder falsch ist. Man muss eben gut netzwerken und im Austausch bleiben, um voneinander zu lernen. Ich persönlich tausche mich viel mit Alex, dem Gitarristen der DONOTS aus und das hilft sehr. Man kann sich eben immer gegenseitig helfen." legte Hirsch dar.

Ich war sehr erfreut über den schönen alten "Punk-Spirit", was den Austausch und den Zusammenhalt anging und plauderte noch etwas mit Hirsch über ein paar gemeinsame Bekannte. Die Punkszene ist eben noch lange nicht tot und die Fans von Montreal zeigen mit der Beteiligung an der "Bestandsaufnahme" sehr schön, wie viele Menschen hier noch aktiv am Werke sind.
Mittlerweile ist das Voting vollendet und am 26.05.2021 könnt ihr euch via Live-Stream zu Gemüte führen, wie das Trio die Setlist für Euch zelebriert. Im September gibt es dann die Scheibe auch käuflich zu erwerben!

Somit sei Hirsch nochmal für das feine und aufschlussreiche Interview gedankt und ich hoffe man läuft sich bald einmal bei einem Konzert über den Weg!