Interview mit Saltatio Mortis

Von Laura Fatteicher

Eigentlich sollte das Interview mit Frontsänger Jörg (Alea der Bescheidene) geführt werden, da er krank war sprangen Gunter (Falk Irmenfried von Hasen-Mümmelstein) und Jan (Jean Méchant, der Tambour) für ihn ein.

Ihr habt euer Album “Für immer frei” im Oktober letzten Jahres veröffentlicht. War zu dem Zeitpunkt schon geplant, dass noch eine weitere Edition folgen wird?

Wenn wir an einem Album arbeiten, gehen wir in der Regel nicht davon aus, dass wir eine weitere Edition folgen lassen. Nur wenn es sich, wie in diesem Fall anbietet, eine neue Edition zu veröffentlichen, dann gehen wir so ein Projekt an. Im Fall unserer„Für immer frei– Unsere Zeit Edition“ hatten wir durch die Coronazeit plötzlich unfreiwillig spielfrei - und konnten unser ursprünglich veröffentlichtes Album weder gebührend mit den Fans feiern, noch wie normalerweise üblich auf Tour gehen. Anstatt aber den Kopf in den Sand zu stecken, haben wir die freie Zeit genutzt, voller Elan weitergearbeitet und jede Menge neue Songs geschrieben. Nach einiger Zeit war dann genug Material entstanden, dass wir uns entschlossen haben, alles in einem Paket rauszuhauen und sogar noch das Streamingkonzert als DVD mit reinzupacken. So bekommen auch neue Fans, die uns vielleicht erst jetzt entdecken, die Chance, uns trotz coronabedingter Pause gleich per Vollbedienung zu erleben.

Worin seht ihr die größten Unterschiede zwischen eurem ersten und eurem neusten Album?

Unser ersten Album war die „Tavernakel“. Dabei handelt es sich um ein Album mit reiner Mittelaltermarktmusik, ganz ohne Rock Einflüsse .Unterschiedlicher könnten zwei Alben einer Band kaum sein. Damals war es unser Ziel, mit historischen Instrumenten und alten Melodien Musik für die Clubs von heute zu machen. An Nummer-1-Alben und Goldene Schallplatten dachte damals aber sicher noch keiner.

Mehr als zwanzig Jahre später fühlen wir uns mindestens genauso kraftvoll und neugierig auf alles, was die Welt uns so zu bieten hat, haben aber die ursprünglichen Grenzen unseres Genres längst gesprengt. Diese Freiheit genießen wir sehr, bietet sie uns doch die Möglichkeit, uns künstlerisch in jede Richtung zu entwickeln, die uns gerade passend erscheint.

Im Song “Nie allein” geht es um den Zusammenhalt unter-einander. Seid ihr der Meinung, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Coronazeit gewachsen ist oder eher verloren geht?

Corona hat uns alle viel gelehrt, unter anderem Demut und Bescheidenheit. Und es hat uns auf eine heilsame Art geerdet. Wir haben gelernt, auf wen wir uns verlassen können und wer zu uns hält. Corona hat unsere Band und deren Umfeld weiter zusammenwachsen lassen. Es wäre schön, wenn man das für unsere Gesellschaft auch sagen könnte. Allerdings beobachten wir, dass diese Zeit die bereits existierenden Verwerfungen vertieft und teilweise in unberwindbare Klüfte hat wachsen lassen. Wir würden uns wünschen, dass ein Song wie „Nie allein" und die darin enthaltene Botschaft vielleicht mithelfen kann, den verlorenen Zusammenhalt wieder ein klein wenig zu fördern.

War der altnordische Text des Songs „My Mother Told Me“ eine Herausforderung?

Unser Sänger Alea ist über die Jahre fast schon Spezialist auf dem Gebiet der Recherche für alte Sprachen geworden - und hat sich für den Fall, dass er Hilfe braucht, ein Netzwerk an Muttersprachlern, Linguisten und Sprachwissenschaftlern geschaffen, das er in so einem Fall anzapfen kann. So auch im Fall von „My mother told me“, wo wir Hilfe von gleich mehreren Fachleuten hatten, um den altnordischen Text glaubwürdig zu performen. Denn das Ganze in Gesang umzuwandeln, ist immer wieder eine Herausforderung, auch wenn es tierischen Spaß gemacht hat, die Nummer entstehen zu lassen.

Passend zu dem Song habt ihr auch ein Video im Vikings-Style gedreht. Wie verliefen die Dreharbeiten dazu? Das Video sieht wirklich sehr aufwendig aus.

Das war es auch, zumindest war es unser bisher aufwendigstes Video. Die Location, die Menge an Darstellern, dazu noch Statisten, Kostüme, Maskenbild, Pyrotechnik... hier lief so viel Hand in Hand. Wir sind all unseren Freunden, die uns dabei geholfen und uns unterstützt haben, auf ewig zu Dank verpflichtet. Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen, ein derart episches Video zu veröffentlichen. Wir hatten wenig Zeit, dafür aber viel Begeisterung und von allen Seiten unglaubliche Einsatzbereitschaft.

Nicht selten überrascht ihr mit neuen Kooperationen, zuletzt auch bei “Hypa Hypa” oder "Kaufmann und Maid". Wenn ihr die freie Wahl hättet, mit welchem Musiker oder welcher Band würdet ihr gerne mal zusammenarbeiten?

Ich denke, jeder von uns sieben würde da eine andere Antwort geben, je nachdem, wenn man fragt. Das könnte stilistisch von Marteria über Peter Fox bis hin zu Slayer und Slipknot reichen. Wir haben bestimmt auch in Zukunft Lust, mit so vielen verschiedenen Freunden und Kollegen wie möglich zusammenzuarbeiten und möchten uns dabei nicht durch Genregrenzen limitieren lassen.

 

 

 

Nach langer ungewollter Bühnenabstinenz konnten sich eure Fans auf ein Streamingkonzert freuen. War das Onlinekonzert für euch eine gute Alternative oder würdet ihr es nicht wieder machen?

Wir haben sehr lange damit gewartet, unser erstes und bisher einziges Streamingkonzert auf die Beine zu stellen. Wenn es nach uns ginge, dürfte es auch gern ein Unikat bleiben. Ja, es war toll, nach monatelanger Abstinenz wieder ein Konzert für die Fans spielen zu können, und die Reaktionen darauf waren ja schlichtweg fantastisch. Die Leute haben auch zuhause unsere Energie gespürt, sicherlich auch, weil wir live gestreamt und bewusst auf die Sicherheit einer Aufzeichnung verzichtet haben. Dennoch kann so ein Streamingkonzert nicht die direkte körperliche Erfahrung einer Liveshow ersetzen, bei dem das Publikum direkt in der Halle oder auf dem Festivalgelände vor Ort ist. Weder für die Fans, noch für uns als Musiker auf der Bühne. Aber ja, auch das Streamingkonzert hat (ungeachtet aller Umstände) sehr viel Spaß gemacht. Besonders unsere Papplikum-Aktion wurde irgendwie zu einem unerwarteten Motivator für uns. Eine begrenzte Anzahl von Fans konnte uns ein Bild von sich senden - und wir haben dann daraus lebensgroße Pappaufsteller herstellen lassen, die wir als Publikum in der Halle aufgestellt haben – unser Papplikum! So hatte man zumindest den Eindruck, nicht völlig allein in dieser großen Halle zu performen.

Mittlerweile konntet ihr wieder live vor Publikum spielen. War die Aufregung vor eurem „ersten Konzert” nach dieser langen Zeit größer als sonst?

Selbstverständlich waren wir nervös. Wir hoffen aber, dass uns das niemand angemerkt hat. Es war Aufregung bis zur ersten Note, dann aber war es, als ob keine Zeit verstrichen war - und wir donnerten los! Es war eine unglaubliche Erleichterung, dieses erste Konzert nach so langer Zeit zu spielen.

Unter anderen durftet ihr auf dem Durbuy Rock Festival in Belgien spielen. Gibt es Unterschiede bei den Hygienemaßnahmen auf Konzerten/Festivals zwischen Belgien und Deutschland?

Als wir in Durbuy gespielt haben, waren die Einschränkungen in Deutschland noch strenger als in Belgien. Dort wurde, wie bei uns auch, viel Wert auf die 3G-Regelung am Einlass gelegt. Auf dem Gelände aber durften sich die Leute frei bewegen, und es war fast so frei und ausgelassen wie vor der Pandemie. Ein tolles Erlebnis! Ähnliches hatten wir aber auch schon kurz zuvor bei einem Festival in Österreich erleben dürfen.

Wir als Band richten uns nach den jeweils geltenden gesetzlichen Vorgaben und Maßnahmen und passen uns bestmöglich daran an. Wir versuchen, den Regelungen zu entsprechen und zusammen mit den Veranstaltern alles gut und sicher für alle Beteiligten umzusetzen. Dennoch fühlten wir uns in Belgien im ersten Moment ein bisschen wie auf einem anderen Stern. Die plötzliche Nähe von so vielen Menschen war zugegeben auch für uns zunächst irgendwie fremd.

Konntet ihr die neuen Songs schon live spielen? Wie waren die Reaktionen des Publikums?

Ja natürlich, einen Großteil der neuen Songs konnten wir schon live und vor Publikum spielen. Die bisherigen Reaktionen waren einfach MEGA! Geradezu überwältigend, wie gut das neue Material bei den Fans ankommt. Dennoch werden wir uns noch einige Stücke in der Hinterhand behalten, damit wir nachlegen können, sobald es im kommenden Jahr hoffentlich wieder auf Tour geht.

Wenn ihr drei Wünsche für Saltatio Mortis frei hättet, was würdet ihr euch wünschen?

- Gesundheit für alle (gerade hat unser Sänger Alea einen Hörsturz erlitten & wir alle wünschen ihm gute Besserung.

- Bald wieder echte Normalität für Kultur, die Veranstaltungswelt und die Gastronomie.

- Aber eigentlich haben wir schon alles, was wir uns wünschen... eine großartige Band, die Unterstützung unserer Familien, dazu noch Freunde und Fans. Den dritten Wunsch schenken wir lieber denen, die wirklich gerade Wunder brauchen... z.B. den Flutopfern im Ahrtal.

Vielen Dank für das Interview und Jörg (bzw. Alea) alles Gute und bis bald wieder live auf einem eurer Konzerte!