Interview mit Matthias Schweighöfer Von Janina Heinemann JH: Die meisten kennen Sie aus dem Kino. Ist es für Sie als Sänger eher förderlich oder hinderlich, als Schauspieler bekannt zu sein? MS: In meinem Fall ist es förderlich, weil die Leute, die zu den Konzerten kommen, sich erst einmal fragen: „Hä, der singt? Das kann doch nicht sein, wie soll das werden? Das klingt bestimmt total beschissen.“ Und sie haben meist Recht. (lacht) Aber viele gehen eben zum Konzert und gucken sich das an. Das ist toll, weil die Leute nicht wissen, was sie geboten kriegen. Ich finde es schön, dass die meisten trotzdem mit einer guten Stimmung nach Hause gehen. Wir hatten ein Konzert vor 7000 Leuten und keiner kannte das Album. Aber nach zwei Stunden hatten alle die Hände oben und haben mitgesungen. Darauf bin ich stolz. Konzerte machen echt Spaß. JH: Mit „Lachen Weinen Tanzen“ hatten Sie bereits 2017 ein paar Auftritte. Warum jetzt noch mal? MS: 2017 haben wir auf Festivals und in kleineren Städten gespielt, um die Band zusammenzuschweißen. Wir wollten sehen, wie ist das, wenn wir auf Tour gehen würden und haben vorgeprobt. Jetzt haben wir ein paar neue Songs im Gepäck und touren los, um uns und dem Album eine Chance zu geben. JH: Inwiefern gehören Schweighöfer und Musik zusammen? MS: Wenn ich einen neuen Film mache, gebe ich vorher Playlists in alle Abteilungen, damit jeder weiß: So klingt der Film, so klingt das, was auf uns zukommt. Deswegen ist Musik ein Teil meiner Arbeit. Früher habe ich die Scores (Filmmusik, Anm. d. Red.) mit ausgearbeitet. Bei den ScoreTracks waren so viele gute Klavierideen dabei, dass wir gesagt haben, es wäre vollkommen bescheuert, die wegzuschmeißen. Daraus ist das Album entstanden. Das bedeutet, dass jeder Schauspieler oder Produzent mit Musik zusammengehört... Das stimmt, Film war gerade früher mit Leuten verbunden, die singen konnten, mit Entertainment, mit Musik. Heutzutage kommt in Filmen kaum noch Musik in dem Sinne vor, dass Schauspieler richtig singen und tanzen können. Aber früher gehörte das zum Entertainment. JH: Warum machen Sie ausgerechnet Deutschpop? Hätten Sie von den Klavierlinien nicht auch bei Punkrock landen können? MS: Ich wollte deutsche Musik machen. Wenn wir Englisch singen würden, wäre das bescheuert. Natürlich sind wir beim Pop gelandet. Denn Rap wäre nicht gegangen. Ich als Rapper, wäre ja noch krasser gewesen. Wenn es hieße, der Schweighöfer rappt jetzt und macht ein Album mit Kollegah oder macht einen auf Rammstein, hätten alle gedacht, dass ich vollkommen durchdrehe. Zum Pop passen auch unsere Themen. Die Konzerte zeigen, dass es die richtige Entscheidung war. Das Album macht Spaß – gerade weil es melancholisch und intim ist. JH: Warum sind Ihre Texte so nachdenklich? MS: Auch meine Filme haben als Grundthematik immer etwas Tragisches oder Trauriges. Es geht um die Definition von Mangel und Verlust. Mein Leben ist nicht nur rosig. Themen wie die Beziehung zwischen Mann und Frau, wie es ist, wenn man richtig liebt, ob man vielleicht doch nicht richtig liebt, Zurückweisung, Partnersein, wie es ist, eine Firma zu führen beschäftigen mich. All diese Themen kommen in dem Album zusammen. Und das ist eben nicht lustig. JH: Wie bringen Sie Musik in Ihrem Schauspieler-, Regisseur- und Produzenten-Alltag unter? Haben Sie mehr Stunden pro Tag zur Verfügung als andere? MS: Mein Musikprojekt ist entstanden, damit ich mal wieder herauskomme und unter Leuten sein kann. Das ist wichtig, weil Film etwas sehr Anonymes ist. Und der Rest läuft auch mal ohne mich. Ich habe Mitarbeiter in der Firma. Der Laden ist groß und die Aufgaben werden verteilt. |
JH: D.h. Sie nehmen sich bewusst Zeit für angenehme Sachen? MS: Klar, das muss ich machen. Ich muss und will ja noch ein bisschen leben. Sie spielen 2019 nur in ausgewählten Städten. Wieso in diesen? Unser Veranstalter Live Legend entscheidet, wo wir spielen. Leider haben wir uns eine schwierige Zeit ausgesucht. Zu der Zeit touren viele, sodass nur noch bestimmte Veranstaltungsorte frei waren. Schweighöfer beim Eurovision Song Constest 2017 (© Nordevents) JH: Auf welchen Gig freuen Sie sich besonders? MS: Ich bin gespannt, verschiedene Leute in verschiedenen Städten zu sehen. Mal sehen, wie unterschiedlich die Leute sind. Ich habe nämlich noch nie im Westen gespielt. JH: Inwiefern ähneln oder unterscheiden sich der Beruf des Sängers und des Schauspielers? MS: Die Filmwelt ist sehr anonym. Da bin ich wenig live mit Leuten unterwegs. Aber wenn ich als Sänger abends live rausgehe und Musik mache – mit meiner Band und vor Publikum – ist das in dem Moment ultimativ nah. Wenn ich es verkacke, verkacke ich es an dem Abend richtig. Das ist das Schöne und Verlockende am Musikmachen: Wenn ich falsch einsetze und die ganze Band lacht, muss ich trotzdem wieder rauskommen. (lacht) JS: Ist Ihnen das schon mal live passiert? MS: Ja klar, wir verkacken dauernd irgendetwas. Aber das ist lustig. Die Leute kriegen das gar nicht mit, nur wir als Band. JS: Haben Sie denn auch Lampenfieber? MS: Klar, ich bin immer nervös und aufgeregt. Aber das gehört dazu. Das ist gesund. JH: Sind Sie im Herzen mehr Schauspieler oder mehr Sänger? MS: Ich bin mehr Schauspieler, aber jeder Sänger ist auch Schauspieler. Denn das gehört zum Entertainment dazu. Aber ich habe Musik im Herzen, bin sozusagen ein musikalischer Schauspieler. JH: Warum sind Sie nicht bei einer großen Plattenfirma? Die hätten Sie doch sicher alle genommen. MS: Ich wollte erst einmal gucken, wie ich das allein hinkriege, ohne Vorgaben. Ich muss in meinem Leben und in der Filmwelt Freiheiten generieren können. Wenn ich bei einem großen Major Label wäre, könnte ich schlecht sagen, dass nächste Dreivierteljahr raus bin. JH: Wäre es nicht trotzdem Zeit für eine neue Platte? MS: Ja, wir schreiben sogar schon an einer neuen Platte. Ich denke, Ende 2019 können wir die veröffentlichen. Was genau darauf ist, darf ich noch nicht sagen. Aber wir treffen uns gerade mit HipHop- und Pop-Produzenten und gucken, welche neuen Sounds wir generieren können. JH: Das heißt, es wird musikalisch breiter gefächert? MS: Es wird ein bisschen extremer, ein bisschen musikalischer und singender, nicht so gesprochen. Einfach ein bisschen mehr Musik. |
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