Interview mit Billy Andrews / The Dark Tenor Von Laura Fatteicher Die Maske ist zurück! The Dark Tenor veröffentlicht am 20.05.2022 sein neues Livealbum “Classic RoXX Live”. Billy Andrews und “die Maske” verbinden auf der Bühne klassische Meisterwerke u.a. von Mozart und Beethoven mit selbstgeschriebenen Pop- und Rockmelodien. Auf dem Album finden sich neben zwölf Liveaufnahmen von seinen Klassikern bis zu den neuesten Hits auch die zwei brandneuen Demotracks “To be Somebody” und “Darker Hearts”. In unserem Interview spricht Billy Andrews über das Comeback des Phantoms, den Songwritingprozess und seine Mission, den Menschen zu zeigen, wie geil Klassik ist. Du verbindest Rock- und Popmusik mit Klassik. Wo liegen deiner Meinung nach die Gemeinsamkeiten zwischen Rock und Klassik? Billy: Ich komme ja aus der Klassik. Als ich damals in den Stimmbruch kam, wurden Bands wie Green Day, Foo Fighters oder Bon Jovi super interessant für mich. Zu der Zeit hatte ich mit dem Chor, der Klassik, weniger zu tun, weil man durch den Stimmwechsel aus der ganzen Geschichte erstmal rausfällt. Und da habe ich immer mehr Parallelen zwischen diesen Genres gesehen. Wenn man sich beispielsweise große Metalbands anguckt und dann wiederum Stücke von Beethoven, merkt man erstmal, wie viele Dinge der Rocker sich vielleicht vom Klassiker geklaut hat. Die Parallelen sind da schon sehr beeindruckend gewesen. Da sind auf jeden Fall mehr Gemeinsamkeiten da, als man erstmal vermuten lässt. Dein Markenzeichen ist die schwarze Maske. Was glaubst du, fasziniert die Menschen so sehr am Phantom? Billy: Das Phantom ist ja zurück. Kurz vor der Pandemie habe ich das Phantom demaskiert und bin jetzt im Nachhinein auch ganz froh darüber, weil ich so natürlich die Möglichkeit hatte, innerhalb der Pandemie aus meinem Wohnzimmer heraus Livestreams zu machen, ohne zu verkleidet zu wirken. Weil das, was wir in der Pandemie auf einmal nicht mehr hatten, war die Nähe zueinander. Und so hatte ich zumindest mit meinem echten Gesicht und ohne Maske die Möglichkeit, mit den Fans etwas mehr zusammenzurücken. Jetzt gibt es ja endlich wieder eine Tournee. Am 1.12.2022 geht’s in Nordhorn los und anschließend nach Bochum, ... Da ist die Maske dann auch wieder da. Sie ist jetzt auch Teil der Show, das heißt, das Phantom und Billy Andrews gleichzeitig. Das Phantom umrahmt natürlich eine ganz große Mystik in der Show. Es wird also ganz klare Songs für Billy Andrews geben und es gibt auch ganz klare Songs für das Phantom auf der Bühne. Wie unterscheidest du denn, wann das Phantom auftritt und wann die Maske fällt? Billy: Die Songs, die zum Phantom gehören, sind tatsächlich eher die großen Dramastücke wie “After The Nightmare” oder “Ultraviolet Hearts” – also alle, wo die Dramatik eine riesengroße Rolle spielt. Und wenn es dann in die etwas leichtere Ecke geht, wie zum Beispiel mit Mozart-Stücken, “Love Is Light” oder “Darker Hearts”, da wiederum kommt ein bisschen mehr Licht und weniger Dunkelheit auf die Bühne und die Mystik verschwindet dann erstmal wieder für einen Moment der Show. Bei vielen Bands wartet man mehrere Jahre auf ein neues Album – bei dir kann man sich fast jedes Jahr auf neues Material einstellen. Wie oft nimmst du dir Zeit für’s Songwriting? Billy: Songs entstehen eigentlich permanent. Ich arbeite sehr sehr gerne in Finnland mit Erik Nyholm, mit dem ich schon seit dem zweiten Album zusammenarbeite und auch schon einige der Dark Tenor Hits geschrieben habe. Aber auch hier in Berlin sind viele Songs entstanden und das passiert auch immer wieder zwischendurch. Also es gibt keinen vorgegebenen Zeitrahmen, in dem wir Songs schreiben. Es ist eigentlich ein Prozess, der immer mal wieder zwischendurch passiert, wie zum Beispiel heute. Da habe ich auch wieder ein Telefonat mit zwei Songwriterkumpels geführt und sie gefragt, wann wir uns treffen können, weil ich eine neue Idee für einen Song habe. Das ist tatsächlich eine eher spontanere Geschichte. Und ich finde, vier Jahre kein Album zu veröffentlichen, ist auch ein bisschen öde. Für deine Songs greifst du oft auf ein Thema eines klassischen Meisterwerks zurück. Gibt es bei der Nutzung rechtliche Einschränkungen, die beachtet werden müssen? Billy: Also erstmal muss es gefallen und eine gewisse Inspiration wecken, das ist das allerwichtigste. Ich bin kein riesengroßer Fan davon, dass Rechte das Kreative blockieren, das nimmt einem schon ein bisschen die kreative Freiheit. Das Konzept des The Dark Tenor ist auf jedenfall, alte Musik neu zu interpretieren und vielleicht dann auch wie beim 3D gedruckten Cello neue Materialien zu nehmen und alte Instrumente neuzuentwickeln. Und klassische Stücke, bei denen die Komponisten mehr als 70 Jahre verschieden sind, sind sowieso rechtefrei. Solange man kein Stück nimmt, was quasi schon aufgenommen wurde – die Komposition also neu aufnimmt und dabei auch neu interpretiert – ist das völlig in Ordnung und es wird ein völlig neues Produkt. Du hast eben schon das Cello angesprochen. Wie kommt man denn auf die Idee, ein Instrument in 3D zu drucken? Billy: Wenn du meine Mutter fragen würdest, würde sie sagen, dass ich völlig irre bin und nicht mehr alle Tassen im Schrank habe (lacht). Sie kommt ja aus der Klassik und spielt Geige. Ich versuche immer die Faszination für Klassik in den Mainstream hinein zu bringen und habe mich gefragt, ob man das nicht auch mit Instrumenten machen kann. Im April 2019 war ich auf der Karajan Music Tech und habe da den 3D-Druck kennengelernt. Da gab es einen Kollegen, der hat eine mittelalterliche Flöte gedruckt. Das Original steht in einem Museum und darf nicht gespielt werden. Er wollte aber unbedingt wissen, wie sie klingt. Also hat er sie eingescannt, 3D gedruckt und das fehlende Teil, was noch da war, damit sie überhaupt klingen kann, ergänzt und sie dann zum spielen gebracht. |
Das hat mich so krass fasziniert, sodass ich überlegt habe, ob man das nicht auch mit einem Cello oder einer Geige machen kann. Und dann begann meine Reise. Fotocredit Alexandra Maria Sira Ich habe angefangen, mich damit auseinanderzusetzen, was das alles bedeutet und was es für Materialien gibt, mit denen man das überhaupt machen kann, bis ich dann den richtigen Partner hier in Berlin gefunden habe, der genauso irre denkt. Dann ist eine ganze Weile vergangen und ich habe am Ende des Tages erstmal eine Geige gedruckt und sie zum Spielen gebracht – mit einem richtigen Hohlkörper, nicht einfach nur eine Elektrogeige. Die habe ich dann meiner Mutter gezeigt und sie hat darauf Probe gespielt und war völlig überrascht, dass das überhaupt so ist, wie's ist. Das Cello war dann das nächste Projekt. So ist Poppy, so heißt das Cello, das erste 3D-gedruckte, akustische Instrument entstanden. Es ist komplett aus Maisstärke gedruckt. Du kannst es also in den Wald werfen und es würde irgendwann zur Natur zurückkehren. Wir haben es auch zur Premiere auf die Winter Lights Tour Ende 2021 mitgenommen, um zu gucken, wie es funktioniert. Mir hat es aber nicht gereicht, das Ganze 3D zu drucken und so habe ich dann noch mit einem dritten Partner gemeinsam Nano-LEDs eingesetzt, die jeweils 256 Farben können. Und jetzt kann das Cello auch leuchten. Die Reise ist da auch noch nicht zuende, weil genau das Gleiche soll auch z.B. mit meiner Gitarre passieren. Es geht einfach darum, die Faszination von Klassik neu zu wecken und Menschen vielleicht davon zu überzeugen, weil vielleicht dieser elitäre Vibe der Klassik dem im Wege steht, zum Beispiel in die Oper zu gehen – da gibt es ja ganz viele Hemmschwellen für den Mainstream. Und diese Hemmschwelle möchte ich gerne als Brückenbauer überwinden und den Menschen zeigen, wie geil Klassik ist. Du hast die Coronazeit mit regelmäßigen Streamingkonzerten überbrückt. War das für dich eine gute Alternative und willst du das auch weiterführen? Billy: Ja, ich habe tatsächlich morgen den nächsten Livestream und mache das jetzt zweimal im Monat. Nicht, weil ich nicht mehr live auftreten kann, sondern weil Social Media und die ganzen Algorithmen sowie auch die Community dazu, gewachsen ist – während der Pandemie auch unheimlich in Brasilien und in Mexiko. Das hat dazu beigetragen, dass diese Livestreams es möglich machen, mit allen Fans weltweit in Kontakt zu treten und mit diesen Menschen musikalisch verbunden zu sein. Deswegen werden die Livestreams auch weiterhin existieren. Und ich freue mich jedes Mal darüber. Die Fans können sogar aussuchen, welche Songs ich spielen soll. Damit versuche ich alle mit einzubeziehen. Dein neues Livealbum (“Classic RoXX Live”) beinhaltet Aufnahmen von zwei Konzerten, die du 2019 und 2021 in Berlin gegeben hast. Was kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an diese Abende zurückdenkst? Billy: Zwei Dinge. Das Erste: wir haben Ultraviolet Hearts das erste mal mit einer Band gespielt und waren uns vorher alle sicher, dass das nicht funktionieren würde, weil der Song so schwer ist, ihn in der Produktion umzusetzen. Wir haben dann geprobt und am Ende des Tage war das immer noch nicht cool (lacht), aber bei der Generalprobe dann, hat dieser Song auf einmal so krass gerockt, dass wir dachten, dass wir ihn genau so jetzt spielen müssen. Und es war auch der allererste Moment, wieder mit der Maske rauszugehen und die Menschen wieder als Phantom zu begeistern. Und das schöne ist: keiner hat’s erwartet. Das hat mir so viel Spaß gemacht, diese Inszenierung des Phantoms wieder zu planen und kreativ tätig zu sein. Und es wird auch auf der kommenden Tour so sein, dass das Phantom mit Ultraviolet Hearts das allererste mal wieder raus auf die Bühne kommt. Vor der Pandemie gab es auch einen Podcast von dir (“#klassikistgeil”). Was ist daraus geworden? Wird es da irgendwann eine Fortsetzung geben? Billy: Die nächste Folge ist gerade produziert worden – das Veröffentlichungsdatum gibt es in Kürze! Was sind deine nächsten Ziele mit The Dark Tenor? Billy: Ich würde natürlich noch gerne ganz viel Musik machen, das ist das eine. Zum anderen stehen ganz aufregende Konzerte an, bei denen die Menschen keine Masken tragen müssen, bei denen wir alle wieder gemeinsam ganz normal Musik zelebrieren dürfen und Spaß haben können. Es wird beispielsweise auch zwei Konzerte in Mexiko geben, in Frankreich gibt’s eins und in die Tschechische Republik geht’s nächsten Monat auch, sodass es sich so langsam aber sicher auch ins Ausland verteilt. Also da passiert relativ viel gerade, auch im Hintergrund, und ich freue mich schon ganz brutal auf die Konzerte Ende des Jahres! Die “Classic RoXX”-Tour startet in Deutschland am 01.12.2022 in Nordhorn und macht dabei in vielen anderen deutschen Städten halt. Zudem tritt The Dark Tenor bereits am 08. und 09. Juli in Wittenberge bei den Elblandfestspielen auf. Seid dabei und sichert euch noch schnell Tickets! |
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