Der Junge muss total verrückt sein - Rob Adelberg wagt Frontflip in Wunderino-Arena

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Kiel, 04.02.2023 (CH) - Bereits im Januar 1987 gab es eine Ankündigung, die bis heute nachhallt. Damals verkündete das Team von MSC Nordmark, dass ein Hallen-Moto-Cross in Kiel stattfinden würde. Der Austragungsort sollte die Ostseehalle sein. Die Organisatoren wollten dafür sorgen, dass Liebhaber des Motorsports auch im Norden eine Veranstaltung haben, bei der es richtig zur Sache gehen soll. Den ersten Sieg konnte sich Harald Ott sichern. Was nun folgte waren Jahre voll von rasanten Fahrten und beeindruckenden Sprüngen in der Ostseehalle in Kiel.

Der Erfolg der ersten Veranstaltung war beeindruckend und so wurde die 700-Meter-Runde auch in den folgenden Jahren immer wieder in der Ostseehalle aufgebaut und zog Fahrer und Fans aus verschiedenen Ländern an. Auch wenn es nicht möglich war, jedes Jahr ein Moto-Cross-Rennen in der Halle in Kiel stattfinden zu lassen, war doch eine gewisse Regelmäßigkeit zu erkennen und mehr als 6.000 Zuschauer fanden den Weg zu den Veranstaltungen. Letztendlich war es der ADAC-SX-Cup, der die Halle noch voller werden ließ.

Auch in diesem Jahr war es endlich wieder soweit. Der 25. Internationale Jump & Race Masters fand in der Wunderino Arena in Kiel statt. Die Zuschauer strömten in Scharen zur Arena und stürmten voller Begeisterung in die nahezu ausverkaufte Halle. Diese öffnete bereits zwei Stunden vor Beginn der Show ihre Tore, sodass sich Interessierte über einzelne Fahrer informieren, Merchandise Artikel erwerben oder sich mit Speisen und Getränken versorgen konnten. Über allen schwebte die Frage: Wo habe ich die beste Sicht auf das zu erwartende Spektakel? Zwar gab es feste Sitzplatzkarten, aber immer wieder verirrten sich vereinzelt Zuschauende um wenigstens für ein paar kurze Augenblicke die Sicht auf die Strecke zu verändern.

Die benzingetränkte Luft war aufgeheizt von Vorfreude und Energie. Der Austausch über die Teilnehmer, deren Maschinen und die Bahnen war in allen Reihen zu hören. Völlig fremde Menschen begannen ein aufgeregtes Gespräch mit anderen Zuschauern. Jump & Race gilt schon lange als eine Veranstaltung, die Menschen aus verschiedenen Ländern über eine gemeinsame Leidenschaft zusammenbringt: Moto-Cross.

Gegen 18:30 begann das Pre-Opening mit Live-Musik. Gut zwanzig Minuten sorgte die Band Nordhelden für gute Stimmung und heizte ordentlich ein.  Gegen 19:00 Uhr dann das Opening: Beeindruckend. Gestartet wurde mit einer Kombination aus Lasershow und Feuerwerk. Wer braucht schon Silvester, wenn er auch Jump & Race haben kann? Die Veranstaltung erstreckt sich über zwei Tage. Bereits die Teilnahme am ersten Tag hat aber keine Wünsche offengelassen. Über einen Zeitraum von gut vier Stunden wurde rasante und sehr kurzweilige Abwechslung geboten. Nie kam Langeweile auf und gefühlt gingen die einzelnen Disziplinen verzugslos ineinander über. Klar strukturiert und sehr gut durchdacht führten die Moderatoren durch den Abend.

Von Freestyle über Supercross darf hier alles erwartet werden und die hoch gesteckten Erwartungen werden nicht enttäuscht. Motorsport auf allerhöchstem Niveau trifft auf Akrobatik auf zwei Rädern. Die Kombination aus Supercross und Freestyle gilt bis heute als einzigartig. Nun haben die Organisatoren aber eine Schippe oben draufgelegt, was mit Spannung erwartet wurde. RACE’N’STYLE hielt Einzug in die Arena. Meister auf den Maschinen zeigten, wie sich Freestyle und Supercross in einer Disziplin vereinen lassen.

Für den Freestyle haben nur die besten Fahrer eine Karte ziehen können. Die Sprünge, die hier bis unter das Dach reichten, erreichten Distanzen von bis zu 30 Metern. Doch die Besonderheiten sind nicht Höhe und Distanz. Es sind die atemberaubenden Sprünge und Jumps, die den Zuschauern geboten werden. Mehr als einmal haben die Zuschauer den Atem angehalten, wenn die Fahrer an den Rand der Körperbeherrschung gebracht wurden. Zwischen Backflip und Fender Kiss kam immer wieder die Frage auf: Wie schaffen die das nur? Die Fahrer schienen allesamt die Physik regelmäßig außer Kraft setzen zu können.

RACE AND STYLE ist ebenfalls nicht hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Das Zusammenspiel aus Rennanteilen und Freestyle erreicht ein ganz neues Niveau in der Arena. Zwei Fahrer stehen an der Startlinie. Sie starten gleichzeitig, sie fahren gleichzeitig und sie gehen gemeinsam in die Jumps.

 

Doch hier geht es nicht nur darum, wer mit Schnelligkeit überzeugt. Je höher der Anspruch an die Sprünge, umso höher auch die Gewinnchancen. Es wurde schnell deutlich, dass der Ehrgeiz groß ist. Reifen drehten durch, der Geruch von Gummi lag in der Luft und der Schweiß stand den Zuschauern auf der Stirn.

Dagegen wirkte Supercross fast schon wie eine Pausenunterhaltung. Aber nur fast. Die Cross-Strecke in der Arena war beeindruckend. Enge Kurven und ein anspruchsvoller Parcours brachten auch die Champions aus der ganzen Welt ins Schwitzen. Hier ist der Sieg wirklich nicht leicht verdient.

Bis zur Pause gegen 21:00 Uhr waren die Vorläufe der einzelnen Disziplinen angesetzt. Nach der Pause ging es dann mit den Finals weiter. Auch wenn man hätte schwören können, dass keine Steigerungen mehr möglich wären, gaben die Fahrer und Fahrerin wirklich alles und legten noch eine ordentliche Schippe drauf. Völlig zu Recht erhielt Rob Adelberg aus Australien den Pokal im Wettbewerb Best Trick. Wahnsinn was der Junge abgeliefert hat. Er legte einen absolut erstklassigen Frontflip auf dieser ultrakurzen Bahn hin. Wie befürchtet reichte die Länge der Bahn nicht aus – der Junge vollführt diesen Trick im dritten Gang!!!! Und nach der Landung konnte ihn nur die gut gepolsterte Bande stoppen. Leider schrottete er dabei sein Bike. Nicht umsonst sammelte der Weltklasse-Fahrer schon unglaublich 15 Medaillen bei den X-Games und erhielt zahlreiche Goldmedaillen im Freestyle und Best Trick.

Hohe Erwartungen wurden auch an Johanna Göhlich geknüpft. Die 26-Jährige sorgt schon seit einiger Zeit für Begeisterung und wirbelt die noch immer männerdominierte FMX Welt durcheinander. Sie ist damit die erste Deutsche, die den Mut hat, sich in dieser Disziplin mit den Männern zu messen. Leider konnte sie am Samstag Abend nicht ihre komplette Leistung abrufen und blieb leider hinter den Erwartungen der Zuschauer zurück. Schade – denn gerade ihr hatte der ein oder andere Fan kräftig die Daumen gedrückt.

Damit der Adrenalinpegel nicht völlig aus dem Ruder läuftt, sorgen die Kleinsten in den Disziplinen“ KIDS RACE – STACYC“ und KIDS RACE – SX E5 für etwas Beruhigung. Mit 3 Jahren war Hanna Lange vom MSC Mölln die jüngste Fahrerin des Abends. Vielleicht klein in der Körpergröße, leisteten die Kids Großartiges auf dem Parcours.

Zum Abschluss des Abends lässt sich erneut festhalten, dass sich die Organisatoren des Jump and Race in der Wunderino-Arena in Kiel wieder einmal selbst übertroffen haben. Die Stimmung in der Halle war absolut einmalig. Zwei schier endlos laufendene La Ola Wellen liefen durch die Halle und sorgten für eine Gänsehaut. Die Stimmung durch die Stunts ohnehin schon aufgeheizt, war dieses Erlebnis gepaart mit der mitreißenden Musik und der Lichtshow mit Feuerwerkeinlagen, absolut einzigartig.

Hochkarätige Sprünge in bis zu fünfzehn Meter Höhe und dichtes Gedränge auf dem Pacours beim SX-Supercross ließen das Herz eines jeden Vollblutbikers höherschlagen. Nicht nur einmal hielt das bunt gemischte Publikum den Atmen an und so manches Kind hielt sich vor Anspannung die Augen zu. Sicherlich wird der ein oder andere Fahrer ein paar Blessuren oder blaue Flecken davongetragen haben – zumindest sah ich einige humpelnde Fahrer beim Frühstück- aber ernsthafte Stürze blieben zum Glück aus.

Einen kleinen Wehrmutstropfen gab es dann aber doch: die vom Veranstalter gutgemeinte „Autogrammstunde“ in der Pause konnte aufgrund des enormen Interesses nur von den Wenigsten genutzt werden. Und durch die wartenden Autogrammjäger war es für die anderen Zuschauenden so gut wie unmöglich an Getränke- oder Essensstände zu gelangen. Aber wer konnte ehrlicherweise bei dieser Anspannung überhaupt ans Essen denken?