Die fetteste Rockshow Deutschlands

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Hamburg, 11.06.2016 – Selten geworden sind Stadionkonzerte in Deutschland. Ab und zu werden die großen Arenen von den internationalen Megastars gebucht, es wird aber immer schwieriger für Veranstalter diese dann auch voll zu bekommen, weil die Künstlergagen in den letzten Jahren enorm gestiegen sind. Um so erstaunlicher ist es, das ein 70-jähriger Deutscher das Hamburger Volksparkstadion mit 45.000 Menschen bis zum letzten Platz belegen kann und dann auch noch eine fast 180 minütige Show abzieht.

Man kann eigentlich nur mit Superlativen von diesem Mann sprechen: Udo Lindenberg. Der Panikrocker war der Erste, der Schlager und Rock erfolgreich vermischte. Er ist mit seiner größten Show aller Zeiten wieder durch Deutschland unterwegs. Bereits die öffentlichen Generalproben im Maritim Seehotel Timmendorfer Strand waren ausverkauft, der Auftakt seiner "Keine Panik"-Tour in der Veltins Arena in Gelsenkirchen war ein voller Erfolg. Eine Mixtur aus 14 gigantischen, perfekt durchchoreographierten Shows in Stadien und Megahallen erwarten die Fans auf seiner Tour. Und nun machte er in seiner Wahlheimatstadt halt.

Fans, zum Teil wie Udo Lindenberg mit Karottenhose, lässiger Krawatte und Hut gekleidet, warteten gespannt auf das groß angekündigte Konzert. Und ein großes Stadion erfordert eine große Show. Udo fährt alles auf, was geht. 31 Trucks kutschieren die Materialien für diese Shows durchs Land der Bunten Republik Deutschland, mit 200 Lautsprechern über 71 Funkstrecken und 31 Kilometer Kabelstränge, 400 qm Bühne (ohne Steg), 300 Spezialscheinwerfern, bedient von einer Crew von 120 Mitarbeitern und 100 weiteren Helfern.

Noch mehr Superlative: Die beiden letzten Alben „Stark wie Zwei“ und „MTV Unplugged – Live aus dem Hotel Atlantic“, gingen ungebremst von 0 auf Platz 1 der Charts, mehr als eine halbe Million Menschen kamen zu den Hallen- und Stadienkonzerten der vergangenen 3 Jahre, das letzte Album liegt inzwischen weit über der Millionengrenze.

Sein eigenes Musical „Hinterm Horizont“ kommt im November auch nach den erfolgreichen Jahren in Berlin nach Hamburg. Wir werden sicherlich von der Premiere berichten. Kaum zu glauben, dass dieser Udo Lindenberg vor einigen Jahren noch als abgeschrieben galt. Aufgedunsen war er, seinen Plattenvertrag hatte er verloren, tingelte mit seinen alten Hits durch halbvolle Hallen. Und nun wieder volle Stadien.

Den Support machte Daniel Wirtz, den wir vor zwei Wochen bereits auf dem NDR 2 Plaza Festival trafen und brachte das Publikum überzeugend auf Betriebstemperatur. Er bekam Anweisungen, immer wieder noch ein Lied zu spielen, weil die Anreise der Zuschauer länger dauerte aus erwartet und Udo wert drauf legt, dass alle das komplette Konzert genießen können.

10 Minunten verspätet zu "Odyssee" schwebte die „Paniknachtigall“ lässig mit Zigarre auf einer Plattform an einem Drahtseil hängend quer durch Stadion an den Anfang des langen Bühnensteges der riesigen 400 qm großen Bühne. Auf der riesigen LED-Leinwand, die den gesammten Hintergrund abdeckte, wurde ein Schiffsbug sichtbar- der „Rock Liner“. Zu „Coole Socke“ kam der Düsseldorfer Kinderchor "Kids of Stages" auf die Bühne.

Zur Begrüßung nahm Udo einmal die Brille ab, gab den Blick frei auf sein Kajal geschminktes Augenpaar. Ohne Pause heizte er von der "Odyssee" weiter zu "Einer muss den Job ja machen" und ließ sein Eröffnungstrio in "Mein Ding" münden. Authentisch wie nirgendwo sonst ist Udo Lindenberg wenn er auf der Bühne steht und ganz ohne Panik los rockt. Das legendäre Panikorchester war natürlich auch dabei. Um einige jüngere Musiker erweitert, ansonsten aber in Ehren ergraut wie z.B. Jean-Jaques Kravetz, Jörg Sander oder "Steffi" Stephan, die von Anfang an dabei sind. Tänzerinnen in immer neuen Kostümen fegten über die Bühne und waren neben Udo, vor ihm, hinter ihm.

 

Die Show? Gigantisch. Licht und Sound waren (nahezu) perfekt, atemberaubende Luftnummern, kreisende Artisten und schwebende Ballons, donnernde Raketen und Feuerspektakel, eine „Klavierlehrerin“ und Klavier zierte als zwei gigantische Gummipuppen die Bühne, grüne Aliens, bunte Kostüme, anlandende Udo-Liner und ein Ufo, welches 4 Tänzerinnen und Herrn „Gösebrecht“ ausspuckte, mittendrin der Udonaut. Zu „Sternenreise“ hielten die Zuschauer ihr Handylicht hoch- Gänsehautfeeling.

Die Kernzielgruppe waren die über 50- Jährigen, im Publikum waren aber auffallend viele jüngere Fans, um die 20, 30 Jahre alt - die wohl noch nie so einen gesehen hatten. Wie bei seinen letzten Auftritten waren viele musikalische Freunde als Gaststars mit dabei: Stephan Raab kehrte erstmalige wieder zur Bühne zurück und spielte zu „Johnny Controlletti“ und „Sonderzug nach Pankow“ Schlagzeug, Helge Schneider spielte zu „Das kann man ja auch mal so sehen“ Saxophon. Otto Waalkes performte mit Udo den AC/DC-Klassiker „Highway To Hell“, das die Beiden in „Erst auf dem Heimweg wird's hell“ umtauften. Wirtz steuerte einen Rap bei, in dem er beschrieb wie es war, als Udo ihn zur Tournee einlud. Das „Mädchen aus Ostberlin“ Josephin Busch sang zwei Songs aus seinem Musical „Hinterm Horizont“. „Gitarrengöttin“ Carola Kretschmer (einst Thomas Kretschmer) spielt sich die Finger blutig mit einem gigantischen Solo. Es wuselten die Bläser, drei Gitarristen wechselten sich im Solieren ab. Mal schnappt sich eine Background-Sängerin die E-Gitarre und gibt auch ein Solo zum besten, dazwischen tritt eine Hula-Hoop-Tänzerin als Wikinger-Braut auf.

Wenn die Lindenberg-Legende mal nicht sang sondern kleine Geschichten erzählte, dann endeten die Sätze meist mit „Yeah!“. Und dann wird er auch mal ernst: „In jeder Ecke der Welt ist Krieg. Ich frag‘ mich, wie oft ich diesen Song noch singen muss, bis die alle aufhören, sich totzurüsten. Das ist jeden Tag ein Verbrechen“, ruft er der Menge zu. „Wozu sind Kriege da?“ sang er im Anschluß. Udo nahm seine Fans mit auf eine Reise durch über 45 Jahre Lindenberg Musik-Geschichte. Auf der 600 qm großen Leinwand wurden dazu Ausschnitte aus seinem Leben gezeigt sowie kleine Trickfilme. Lindenberg bedankte sich mit dem Song „Mein Body und ich“ dafür bei seinem Körper. „Ich hab' Dich superhart geschunden, Doch Du lebst immer noch!“ „Nun bin ich 70 geworden. Was wäre die Alternative gewesen? Keine 70 werden!“ witzelte Udo und hatte mal wieder die Wahrheit gesagt. Gespielt wurden Klassiker wie „Cello“, „Horizont“, „Johnny Controlletti“, „Alles klar auf der Andrea Doria“. Natürlich stand „Stärker als die Zeit“, das aktuelle Platinalbum, auch im Zentrum. Mit diesen wunderschönen Songs wie „Durch die schweren Zeiten“, „Eldorado“ oder der besonderen Liebeserklärung „Mein Body und ich“.

Er kann einem riesigen Stadion das Gefühl vermitteln: Ich bin da. Ich meine das ernst. Ich gebe für euch alles. Ich bin Euer Udo. Das Publikum applaudierte Minuten lang für seine Kraft und Ausdauer, seine Lieder. Alles war so schön einfach hier im Udo-Land. Aber nun zurück in die Realität, in die weniger bunte. Einen „pompösen Abschlussball“ hatte Lindenberg die Tournee im Vorfeld genannt. „In dieser Form wird es die Shows nicht mehr geben.“ Die Tour ist für ihn das Ende einer Trilogie, die 2014 mit der ersten Stadion-Tour seiner Karriere begonnen hatte. Nach insgesamt sagenhaften 34 Songs und gefühlt 50 über dem Stadion landenden Flugzeugen war mit „Ich schwöre“ und „Woddy Woddy Wodka“ die fast 3-Stundenshow ohne Pause beendet. Eine Mondrakete startete auf der riesigen Leinwand und Udo schwebte im Raumanzug davon.