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Der geheime Code der Frauen

von Celia Rees

Klappentext: Deutschland im Jahr 1946. Für den britischen Geheimdienst ist Edith Graham die perfekte Spionin – sie ist jung, alleinstehend und spricht Deutsch. Ihre heikle Aufgabe: Sie soll den Arzt Kurt von Stavenow finden, ausgerechnet den Mann, mit dem sie vor dem Krieg eine Liebesaffäre hatte. Bald erkennt Edith, dass von Stavenow ein Kriegsverbrecher ist – und dass die Briten ihn nicht suchen, um ihn vor Gericht zu stellen, sondern dass sie sich vor allem für seine Forschungsergebnisse interessieren. An eine Freundin beim Geheimdienst schickt Edith daher codierte Berichte, um dafür zu sorgen, dass von Stavenow nicht davonkommt. Doch damit bringt sie sich in höchste Gefahr. Ein packender Roman über eine junge Frau in einem Netzwerk von Spionen. Eine Geschichte über Verrat, Liebe und Freundschaft.

Rezension: Ende 1945 in London wird die junge Edith von ihrem Cousin Leo angeworben, um als Lehrerin nach Deutschland zu gehen, sie soll sich dort um den Wiederaufbau des Schulsystems kümmern, natürlich nach den Richtlinien der alliierten Besatzungsmächte.
Edith und Leo waren bereits vor dem 2. Weltkrieg längere Zeit in Deutschland unterwegs. Edith verliebte sich damals in den Mediziner Kurt von Stavenow, die Verbindung wurde dann aber von Kurt unrühmlich beendet. Jedoch ist Ediths humanitäre Aufgabe gekoppelt mit einem Spionageauftrag, die junge Frau ergreift die Chance, ihrem strengen Elternhaus und dem grauen, eintönigen Leben als unverheiratete Jungfer zu entkommen.

Empathisch und enthusiastisch übernimmt Edtih die Aufgabe im völlig zerstörten Lübeck. Sie hat nun einen militärischen Rang, der ihre Stellung als Frau in der Männerhierarchie der britischen Truppen nicht unbedingt einfacher macht. Auch in ihrer Lübecker Wohngemeinschaft mit anderen britischen, weiblichen Militärangestellten leitet, muss Edith sich erst einmal Loyalität und Respekt erkämpfen. Ein weiterer Konfliktpunkt in diesem Wohnhaus ist immer wieder die deutsche Haushälterin, Frau Schmidt. Sie knüpft weiterhin Kontakte zu alten Naziseilschaften, diese Verbindungen bringen Edith mehr als einmal in Lebensgefahr.

Edith lernt sehr schnell, wem sie vertrauen kann. Andere Agenten suchen wie sie nach den von Stavenows. Jeder ist auf seinen Vorteil bedacht. Nach und nach wird für die einst unbedarfte Edith das Ausmaß der Gräueltaten der SS und des Naziregimes sichtbar. Nicht zuletzt durch die Erzählungen des Augenzeugens Harry. Bis an den Strand von Lettland zieht sich die mörderische Spur der Kriegsverbrecher. Das dortige Geschehen traumatisiert Harry bis heute. Auch er ist ein Agent, auch er jagt die Mörder seines Volkes. Edith übermittelt alle Erkenntnisse an ihre Freundin Dori nach England. Die beiden Frauen haben sich einen schriftlichen Geheimcode ausgedacht. Die Nachrichten über den Verbleib von Stavenows werden in Kochrezepten übermittelt. Sehr unverfänglich muss der Text sein, denn alle Schriftstücke von Deutschland nach England werden geöffnet und überprüft. So kommt das alte fleckige Kochbuch von „Miss Graham's Cold War Cookbook“ als Codierungsvorlage zu neuen Ehren.

Edith gerät immer mehr zwischen alle Fronten, sie möchte nur der Partei den Unterschlupf von Kurt von Stavenow mitteilen, die ihn letztendlich vor das Kriegstribunal stellt. Einige deutsche Forscherkollegen sind schon an das Ausland ausgeliefert worden, an Amerika und Russland, aber nicht als Kriegsverbrecher sondern sie arbeiten dort als Wissenschaftler weiter.

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 18.08.2020
Genre: Historischer Roman, Spionage- und Agentenroman, Nachkriegsroman

Einband: Flexibler Einband
Seitenzahl: 528 Seiten
ISBN: 978-3-352-00948-8

Autorin: Celia Rees ist einer der erfolgreichsten Jugendbuchauto-innen Großbritanniens.

Ihre Bücher wurden bisher in 28 Sprachen übersetzt. "Der geheime Code der Frauen" ist ihr erstes Buch für das erwachsene Publikum.

Verlag: Rütten & Loening/ Aufbau-Verlag

Kann Edith ihrer ältesten Freundin Dori noch trauen, denn auch Dori hat Verluste durch die Nazis erlitten, will sie nur ihre eigene Rache befriedigen, opfert sie Edith für diesen Feldzug?

FAZIT: Der geheime Code der Frauen ist ein Spionagethriller der Extraklasse. Auch wenn man schon einige historische Romane über das Nachkriegsdeutschland gelesen hat, dieses Buch übertrifft die Schilderungen über die Ränkespiele der Alliierten um einiges, was bisher bekannt war. Das nationalsozialistischen Wissenschaftler und Mediziner auch nach dem Genozid von Millionen. Menschen immer noch hinter ihrer Ideologie standen und kein Unrechtsbewusstsein entwickelt hatten und Alliierte Interesse an deren Forschungsergebnissen hatten und für ihre Zwecke genutzt haben, ist erschreckend und abstoßend.
Celia Rees hält den Spannungsbogen bis zum Ende und hat einige extrem überraschende Wendungen für die Leser parat. Ein sehr gelungenes Debüt, sehr authentisch recherchiert und mit vielen Kochrezepten aus der Mangelzeit in den Nachkriegsjahren bereichert. Das alte Berliner Rezept „Hoppelpoppel“ (S. 425) werde ich mit Sicherheit einmal nach kochen.