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Geiger (Geiger-Reihe Bd.1)

von Gustaf Skördeman

Inhalt/ Klappentext: Das Festnetz-Telefon klingelt, als sie am Fenster steht und ihren Enkelkindern zum Abschied winkt. Agneta hebt den Hörer ab. "Geiger", sagt jemand und legt auf. Agneta weiß, was das bedeutet. Sie geht zu dem Versteck, entnimmt eine Waffe mit Schalldämpfer und tritt an ihren Mann heran, der im Wohnzimmer sitzt und Musik hört. Sie setzt den Lauf an seine Schläfe - und drückt ab. Als Kommissarin Sara Nowak von diesem kaltblütigen Mord hört, ist sie alarmiert. Sie kennt die Familie seit ihrer Kindheit ...

Rezension: Was für ein Romandebüt von Gustaf Skördeman, spannend bis zur letzten Seite. Eine ältere Dame, gerade sieht sie noch ihre geliebten Enkelkinder hinterher die eine Woche bei den Großeltern verbracht haben und gerade hat sie sich auch von ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn verabschiedet, mit dem Küchenhandtuch in der Hand nimmt sie nach dem ersten Klingeln den Telefonhörer in die Hand.

Ein einziges Wort ist durch die Telefonleitung zu hören, ein Schalter wird im Kopf der Frau umgelegt, jahrzehntelang verborgener militärischer Drill ist sofort wieder abrufbar. Ihr Ehemann, der ehemalige Fernsehsuperstar und beliebter Moderator Stellan sitzt im Musikzimmer mit Kopfhörern, um seine geliebte Matthäuspassion zu genießen.

Ohne jeglichen Skrupel richtet Agneta ihren Mann hin, mit einem gezielten Kopfschuss aus nächster Nähe. Danach verändert sie ihr Aussehen, auch das hat sie damals gelernt auf der Akademie, weit weg von Schweden und ihrem idyllischen Heim, sie taucht unter, auch andere frühere Gegenspieler sind aktiviert worden, ein atemberaubendes Katz und Mausspiel beginnt.

Kommissarin Sara Novak schaltet sich in den Fall ein, sie war früher mit den beiden Töchtern des Hauses sehr gut befreundet, sie war quasi eine dritte Tochter, ihre Mutter versorgte der reichen und gesellschaftlich hoch angesehenen Familie den Haushalt, Mutter und Tochter lebten als Migranten eher am Rande der Stockholmer Society. Sara verehrte den liebenswerten Onkel Stellan. Sehr lange tappen die Ermittler im Dunkeln, war der Täter ein durchgeknallter Fan vom Fernsehmoderator oder gar ein ehemaliger Gesprächspartner, den Onkel Stellan durch ein früheres Interview bloß gestellt hatte. Agneta gilt als Entführungsopfer, da sie unauffindbar ist.

Nach langwieriger Recherche und akribischer Ermittlungsarbeit, auch in hohe politische Kreise, offenbaren sich jedoch schmutzige Geheimnisse, Erpressungen der übelsten Sorte. In Regierungs- und Diplomatenkreisen wird anfangs geblockt und vertuscht. Auch Erinnerungsfragmente aus Saras vermeintlich idyllischer Kindheit setzen sich, auch mit Hilfe ihrer Mutter, zu einem Horrorszenario für die Teenager Mädchen, die zu Besuch bei den legendären Gartenpartys beim TV Star waren. Auch die politischen Größen des Landes und Diplomaten gingen bei den Partys ein und aus.

Ein weiterer Mord geschieht, auf Überwachungsbildern erkennt Sara eine ihr gut bekannte Person. Der kalte Krieg aus den 70-er Jahren ist zurück im beschaulichen Schweden, Ost gegen West, Ideologien leben wieder auf, es gibt weitere Opfer, aber wer ist gut und wer ist böse, dies zu entscheiden bleibt dem Leser überlassen.

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 26.03.2020
Genre: Spionagethriller
Einband: Flexibler Einband
Seitenzahl: 496 Seiten
ISBN: 978-3-785-72737-9

Autor: Gustaf Skördeman wurde 1965 in Nordschweden geboren. Momentan lebt er mit seiner Frau und zwei Kindern in Stockholm. Er ist Drehbuchschreiber, Regisseur und Filmproduzent. Geiger ist sein schriftstellerisches Debüt. Die Idee für diesen Thriller kam ihm bereits vor zehn Jahren. Seitdem hat er an dem auf eine Trilogie angelegten Plot gefeilt. Geiger wurde gleich ein internationaler Erfolg und erscheint in 20 Ländern.

FAZIT: Ein gekonnter Pageturner ist das Erstlingswerk von Gustaf Skördeman. Erstklassig recherchiert auch die politische Vergangenheit Schwedens, vorher war mir nicht bewusst, wie tief Schweden doch im sogenannten „Kalten Krieg“ involviert war. Alter Schwede, eigentlich habe ich das skandinavische Volk in der Zeit von Woodstock und Nirwana für wesentlich tiefen entspannter und politisch neutraler in Erinnerung. Auch die gespaltene Gesellschaft, arm und reich, wird gut und authentisch geschildert, Sozialstaat hin oder her. Der erste Roman macht neugierig auf den nächsten Band der angekündigten Trilogie. Und ganz klar, denn Skördeman ist ja auch Drehbuchautor, der Stoff ist filmreif, angeblich soll Hollywood schon Interesse bekundet haben.

 

Verlag: Bastei Lübbe