Die einzig mögliche Zeit
von
Wolfgang Joop
Wolfgang Joop polarisierte schon immer – man mag seinen genialen Geist oder man lehnt ihn ab. Dazwischen ist nicht viel Spielraum. So ist es auch mit seiner Biografie „Die einzig mögliche Zeit“. Die wunderbare, leicht verwunschen wirkende Fotografie lässt den Leser schon erahnen, hier wird eine Lebensgeschichte eines ewig Suchenden und Getriebenen erzählt. Sie zeigt einen einsamen Spaziergänger vor der sich im Nebel versteckten Kulissen von Schloss Sansouci. Der Spaziergänger hat einen Blumenstrauß in der Hand. Wer ist der Empfänger oder die Empfängerin des Straußes. Diese Frage ist auch am Ende der Biographie für den Leser nicht ersichtlich.
Es ist in den einzelnen Kapiteln zwischen den Zeilen zu spüren, Wolfgang Joop leidet auch heute noch unter seinem vom Krieg traumatisierten Vater, der aus der Gefangenschaft heimkehrte, ein Fremder für den Jungen. Wird er doch aus einer von starken Frauen, Mutter, Tanten und Großmutter dominierten, aber sehr liebevollen und behüteten Welt herausgerissen. Ein Umzug ins verhasste Braunschweig entfernt ihn vom Bauernhof in Bornstedt, im Schatten von Schloss Sansouci.
Der Vater kann keine Liebe für diesen seltsamen Jungen entwickeln, die Mutter verhätschelt ihn umso mehr, stürzt sich in das ein oder andere amouröse Abenteuer. Der Ost/West-Konflikt trennt die Familienmitglieder, das geliebte Bornstedt wird während der DDR Zeit fast unerreichbar.
Joops erste große Liebe, seine Ehefrau Karin, die mit ihm studiert hat und die gemeinsame Teilnahme an einem Modedesign Wettbewerb sind die ersten Schritte des Modedesigners Joop. Karin ist hochschwanger mit der ersten Tochter Jette, so werden die beiden Modedesignstudenten ein Ehepaar. Aber auch die Irrungen und Wirrungen des eigenen Sexuallebens wird im der Joop eigenen Erzählstil aufgearbeitet, da wird über Frösche und Kobolde in der Teeniehose berichtet, in anderen Literaturkreisen sind es halt die Blumen und Bienen.
FAZIT: Der Autor selbst beschreibt in seinem persönlichen Vorwort zum Buch „das Sehnsüchte und Ängste nicht vergangen sind“. Dies ist für den einfühlsamen Leser in jeder Zeile in teils bedrückender Intensität zu spüren. Man ist geneigt, der armen gequälten Kinderseele zu helfen. Viele etwas ältere Lesern werden selbst ihre traumatisierten Eltern und Großeltern der Kriegs- und Nachkriegsgeneration in Joops Geschichten wieder erkennen. Und wenn es der arme Silvesterkarpfen in der Familienbadewanne ist.
Allerdings springt Joop sehr in der Erzählung hin und her, teilweise mutet es etwas konfus für den Außenstehenden an. Besonders schwer zu lesen, wenn man bisher keinerlei Berührungspunkte mit der Familie Joop hatte und alle Boulevardblätter – und Sendungen mit Nichtachtung straft. Hier wäre vielleicht ein erfahrener Co-Autor ein guter Ratschlag gewesen. |