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Billy Summers

von Stephen King

Inhalt/ Klappentext: Billy ist Kriegsveteran und verdingt sich als Auftragskiller. Sein neuester Job ist so lukrativ, dass es sein letzter sein soll. Danach will er ein neues Leben beginnen. Aber er hat sich mit mächtigen Hintermännern eingelassen und steht schließlich selbst im Fadenkreuz. Auf der Flucht rettet er die junge Alice, die Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde. Billy muss sich entscheiden. Geht er den Weg der Rache oder der Gerechtigkeit? Gibt es da einen Unterschied? So oder so, die Antwort liegt am Ende des Wegs.

Rezension: Billy Summers, Ex-Marine, Spezialeinheit Scharfschützen im Nahost-Konflikt, doppelt traumatisiert, auch durch ein erschütterndes Erlebnis in der Kindheit. Durch seine militärische Ausbildung geht er seinem kaltblütigen Job nach, dem eines Auftragskillers. Aber er ist einer der Guten, denn er erschießt nur böse Menschen, dieses Mantra sagt er immer wieder vor sich her.

Nun nimmt er einen letzten Auftrag an, der Hintermann bezahlt eine große Summe, Bill will sich zur Ruhe setzen. Allerdings hat er dieses Mal kein gutes Gefühl, besonders nachdem er einige Hintermänner und Zuarbeiter kennen gelernt hat. Er wittert eine Falle, legt sich noch eine weitere Identität zu, einem Theaterschauspieler gleich verwandelt er sich in einen übergewichtigen IT-Spezialisten mit dem obligatorischen Schwangerschaftsbauch. Für den schmierigen Mittelsmann Nick ist er der einfältige und etwas zurückgebliebene Billy, der den ganzen Tag nur Comics liest.

Er sucht für Billy ein Büro, er soll einen Schriftsteller mimen und dort einige Monate verbringen, um auf sein „Objekt“ zu warten. Billy, der in Wahrheit alle großen Schriftsteller und Werke gelesen hat, und aus dem Stehgreif ganze Abschnitte rezitieren kann, fängt tatsächlich an, einen Roman zu verfassen, seine Lebensgeschichte.

Geschickt und mit viel Feingefühl baut Stephen King hier eine erschütternde Kindheit und die jungen Erwachsenenjahre von Billy Summers auf. Ein junger Mann geht zu den Marines, die seine Familie wird, seine Kameraden kämpfen mit ihm Seite an Seite im Irak, der Kessel von Falludscha mit all den Gräueltaten beider Kriegsparteien wird ihn für den Rest seines Leben ein zweites Mal traumatisieren. Billy versucht auch immer gestrauchelte und ungerecht behandelte Personen zu retten und zu schützen. Er meint einen Fehler aus seiner Kindheit wieder gut machen zu müssen. Dabei hat er nie einen Fehler gemacht, aber dies wird ihm erst sehr spät in seiner selbst verfassten Autobiographie klar.

Er rettet eine junge Frau, Alice, in einer stürmischen Regennacht. Sie wird direkt vor seinem zweiten Versteck aus einem Van geworfen, schwer misshandelt und vergewaltigt. Er kann und will sie aber nicht dort liegen lassen, sie wird erfrieren, er möchte aus bestimmten Gründen auch nicht, dass die Cops die einsame Gegend absuchen. Somit riskiert er seine Tarnung, aber auch Alice hat ihre Gründe ihn nicht zu verraten. Er geht den Weg der Rache für Alice, er kann es nicht verwinden, wenn jungen Mädchen und Frauen Gewalt angetan wird. Geht er für sich selbst den Weg der Rache oder der Gerechtigkeit?

Ein dramatischer Roadtrip wird zur Therapie für Alice, Billy hat so einige Tricks parat gegen aufkommende Panikattacken, er baut systematisch das Selbstwertgefühl der Frau wieder auf. Alice wird zur Lektorin der Autobiograhie Billy Summers, sie entscheidet letztendlich auf über das Ende der Geschichte. Billy muss seine Hintermänner und den Auftraggeber, der den Mord bestellt hat, finden und enttarnen. Denn Gegner jagen ihn und Alice gnadenlos, auch sein versprochenes „Gehalt“ ist noch nicht auf dem Konto eingegangen.

 
Gesamtbewertung:

Erscheinungstermin: 09.08.2021
Genre: Krimi, Thriller

Einband: gebundenes Buch Seitenzahl: 720 Seiten


ISBN: 978-3453273597

Autor: Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Bislang haben sich seine Bücher weltweit über 400 Millionen Mal in mehr als 50 Sprachen verkauft. Für sein Werk bekam er zahlreiche Preis. 2015 ehrte Präsident Barack Obama ihn zudem mit der National Medal of Arts. 2018 erhielt er den PEN America Literary Service Award für sein Wirken, gegen jedwede Art von Unterdrückung aufzubegehren und die hohen Werte der Humanität zu verteidigen.

Fazit: Chapeau Mister King! Ein von Anfang an spannender Krimithriller. Alle Charaktere werden stimmig aufgebaut, auch die Bösen sind wahrlich bildhaft beschrieben, besonders aber die Verkleidungen von Billy Summers. Auf der Straße, bei zufälligen Begegnungen könnte man in Versuchung geraten freundlich zu grüßen „guten Abend Mr. Lockridge oder guten Abend Mr. Smith.“ Auch die Settings in den Kleinstädten, den heruntergekommenen Motel, den Bürogebäuden und der ganz normalen Arbeitswelt eines Angestellten im amerikanischen System sind sehr ausführlich erläutert. Es ist nicht der typische Horrorthriller von Stephen King, hier liegt der Horror eher in den vergangenen traumatischen Erlebnissen von Billy Summers, der doch immer nur seine Lieben beschützen und die wirklich Bösen ausschalten möchte. Sind ihm seine Morde deshalb moralisch zu verzeihen? Dass muss der Leser selbst entscheiden.

Wer Billy Bob Thornton in der ersten Staffel der Serie „Fargo“, als ruhigen und zielgerichteten Killer mit Moral mochte, der wird Billy Summers erst recht mögen. Auch das Cover kommt im leicht psychedelischen Style a la James Bond der 70-er und 80-er Jahre daher und macht neugierig auf den Inhalt. Sicherlich eignet sich Billy Summers auch hervorragend als Drehbuchvorlage. Gerne darf es auch eine Romanfortsetzung mit einigen Protagonisten aus dieser Geschichte geben.

 

 

Verlag: Heyne Verlag