Dieter Nuhr in der ausverkaufter Stadthalle

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Bremerhaven, 05.02.2015 - Rund 2000 Besucher kamen in die Stadthalle Bremerhaven, um den berühmten Comedian und Kabarettisten Dieter Nuhr mit seinem aktuellen Programm »Nuhr ein Traum« zu sehen.
Unter großem Applaus und ohne pompöses Intro betrat Dieter Herbert Nuhr, so der vollständige Name, die Bühne. Mehr als einen kleinen farbig-leuchtenden Beistelltisch, auf dem er sein Tabletcomputer ablegte und ein Mikrofon in der Hand brauchte er nicht.
Der 54-Jährige bot dem Publikum ein knapp zweieinhalbstündiges Programm und nahm kein Blatt vor den Mund. Ist alles Nuhr ein Traum? Wer kann heute noch unterscheiden zwischen Wahn und Wirklichkeit? Der Mensch ist ein Selbstbetrüger und sein Gehirn ziemlich schlecht programmiert. Was stimmt? Was ist gelogen? Was sagen die sehr interpretierfreudigen Statistiken („Mit jedem Tag, den ich gelebt habe, wird es laut Statistik unwahrscheinlicher, dass ich sterbe“) ? Fakten waren gestern, heute gilt als Wahrheit, was im Internet verlinkt wird.

Er fragte sich, hat man etwas falsch gemacht, wenn die Zeugen Jehovas nicht mehr bei einem klingeln? Ist im Lokalteil der Zeitung überhaupt noch Platz für gute Nachrichten? Antworten auf diese Fragen suchte der begnadeter Erzähler und Großmeister der nachgeschobenen Halbsätze an diesem Abend, egal ob er Kuriositäten aus unserem Alltag oder die Politik auf’s Korn nahm.

Nuhr schoss in bekannter Manier humorvoll und scharf in alle Richtungen: So bekamen die katholische Kirche, radikale Islamisten, Abiturienten von heute und Vegetarier ihr Fett weg. Allerdings betonte der Comedian, dass er sich ja selber vegetarisch ernähre – nur gäbe es bei ihm nur Fleisch dazu. Außerdem kenne er die Weltformel, und die laute: Irgendwas ist immer.

Seine Stirn zierten aber auch mittlerweile Falten. Die vergangenen Monate, in denen es Kritik an seinen Aussagen bezüglich verschiedener Religionsgemeinschaften gab, sind mit Sicherheit nicht spurlos an ihm vorbei gegangen.

Weiter im Programm analysierte er die Ballermann-Lyrik Mickie Krauses und gab dessen markante Liedtexte zum Besten. Er senierte über den Tod und das man auf den Grabstein auch nicht alles schreiben darf, weil es Normen gibt. Die Grabinschrift »Holt mich hier raus, ich bin ein Star« würde schon mal nicht gehen.

Das große Thema des Abends waren allerdings die Überlegungen für die Gründe der zunehmenden Unzufriedenheit in Deutschland. „Ist der Mensch unfähig, glücklich zu sein?

 

Es wird doch nur noch genörgelt. Wenn man in der Zeitung blättert, könnte man ernsthaft meinen, dass überhaupt nichts mehr in Ordnung ist“. Er hat da einen Psychotherapeuten-Freund, mit dem er sich hin und wieder berät, wie er mehrfach erwähnt. Positiv denken, so lautet dessen Botschaft. Nicht immer nur nöhlen und meckern, worin die Deutschen offenbar Weltmeister sind.

Insgesamt kommen die Medien nicht gut weg bei ihm, weil diese nur davon leben Angst zu verbreiten, so Nuhr. Angefangen vom Ozonloch der 80er Jahre, über das Waldsterben bis zur aktuellen Erderwärmung. Nuhr versuchte, den Meldungen mit Vernunft zu begegnen. Der Höhepunkt des Abends war seine Nacherzählung eines Pornofilms. Begonnen mit einem Postboten, der bei einer Hausfrau mit Strapsen klingelte und in einer Orgie endete. Etwas später im Programm griff er das Thema wieder auf, als ein Postbote bei ihm selbst an der Haustür stand.

Aber auch alltägliches thematisierte Nuhr. „Heutzutage kann man alles direkt per Smartphone oder Tablet recherchieren. Wie will man denn noch Quatsch erzählen?“ und wunderte sich über die merkwürdige Ausdrucksweise von Jugendlichen („Ist Deine Mutter schwul, oder was?“)

Dem Ex-Lehrer Nuhr gelang der Balanceakt zwischen Kabarettist und Comedian. Er machte intelligentes Kabarett. Sein Auftritt war wortgewandt, die Pointen treffsicher. Nach dem »Deutschen Kleinkunstpreis« und dem »Deutschen Comedy-Preis« wurde ihm auch 2014 der Jakob-Grimm-Preis für deutsche Sprache zugesprochen. Er hat eigene Fernsehsendungen und schrieb mehrere Bücher, die es auf Platz 1 der Bestsellerliste schafften.

„Enttäuschung lässt sich durch niedrige Erwartungen vermeiden – das funktioniert auch an diesem Abend“ meinte Nuhr. Enttäuscht war nach dem Abend aber bestimmt niemand.