NIEMAND hat hier (noch) schlechte Laune!

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Bremen, 18.04.2023 (Christian Habeck) - Was für ein unvergesslicher Abend! Gestern hatte ich das große Vergnügen, zusammen mit 1440 anderen glücklichen Musikliebhabern im ausverkauften Bremer Metropol Theater ein absolut faszinierendes Konzert von Max Raabe und seinem Palast Orchester zu erleben. Die Tour, welche den vielversprechenden Namen "Wer hat hier schlechte Laune", trägt hat es echt in sich. Und der Name verspricht nicht zu viel. Denn am Ende dieses Abends hätte diese Frage wohl Jeder verneinen müssen.

Das Konzert startete mit einigen Stücken aus dem gleichnamigen Album, aber auch ältere Hits wie "Für Frauen ist das kein Problem" wurden zum Entzücken des Publikums gespielt. Neben den Liedern aus dem neuen Album und älteren Stücken erklangen aber auch Stücke aus den 1920er und 1930er Jahren, die das Publikum in die faszinierende Welt dieser Zeit entführten.

Einmal mehr verschmelzen Max Raabe und das Palast Orchester dabei moderne Themen mit berückend nostalgischer Schlagerseligkeit. Wie schon in ihrem Mega-Hit „Kein Schwein ruft mich an“, der den Musikern in den Neunzigern den endgültigen Durchbruch bescherte. In ihrem neuen, nach dem gleichnamigen aktuellen Album betitelten Programm „Wer hat hier schlechte Laune?“, das vor Kurzem im Admiralspalast umjubelte Premiere feierte, zeigen sie auf höchst pointierte Weise, dass auch viele Lied-Texte aus den 1920er- und 1930er-Jahren nichts von ihrem Witz verloren haben.

Der erfolgreiche Mix aus frivolen Doppeldeutigkeiten und exzellenter Performance kommt so gut an, dass alle zwölf Konzerte ausverkauft sind. Gesanglich ist er so blendend aufgelegt wie eh und je. Auch das Palast Orchester erweist sich wieder mal als einer der elegantesten und vielseitigsten Klangkörper der Republik. Egal, ob eine kubanische Rumba oder der mitreißende Rhythmus des Tangos, die Musiker beherrschen einfach jedes Genre virtuos.

Während man in Melodien und Gesang schwelgt, weiß man indes inhaltlich zuweilen gar nicht, worüber man mehr lachen soll. Über pfiffige Lieder wie „Unter den Pinien von Argentinien“, in dem der großartige Peter Igelhoff dichtete „Unter den Zypressen, Hab’ ich mich vergessen. Und bei den Kakteen ist es dann geschehen“. Oder über die trockenhumorigen Betrachtungen von Max Raabe. Immer im Smoking, plaudert er darüber, dass es an diesem Abend um das große Ganze geht. Im Allgemeinen und überhaupt. Was letztendlich auf zwei beziehungstechnische Fragen hinausläuft: „Wie lernt man sich kennen? Und wie wird man sich wieder los?“

Biologische Eigentümlichkeiten von Kleinsäugern, wie die praktische Fähigkeit, das eigene Hirn einzuschrumpfen, wurde aber mindestens genauso humorvoll behandelt wie die Behandlung der Fahrgäste der Deutschen Bahn. Das Max-Planck-Institut hat herausgefunden, dass Maulwürfe ihre Hirnaktivität im Winter schrumpfen, um Energie zu sparen – ein Mechanismus, der bei anderen Lebewesen noch nicht erforscht ist, aber vielleicht das merkwürdige Verhalten einiger Zeitgenossen erklären könnte. Daran anschließend besingt Max Raabe schöne Frauen und die Irrungen der Liebe. Ein Schelm, wer sich Böses dabei denkt.

Ehrlich, man könnte fast neidisch werden, wenn Max Raabe die erstaunlichen Multitasking-Fähigkeiten von Frauen besingt. Aber bei ihm liegt in seinem lyrischen Bariton neben Bewunderung auch ein Hauch Ironie. Laut seinen Lyrics kann die holde Weiblichkeit nämlich gleichzeitig eine Raumstation leiten, Messer werfen, Tiger zähmen und einen Kühlschrank enteisen. Egal, ob im Sitzen, Liegen oder Stehen, sie schaffen einfach alles und sehen dabei auch noch umwerfend aus. Zumindest im Lied „Für Frauen ist das kein Problem“. Untermalt mit einem unwiderstehlich lässigen Groove vom zwölfköpfigen Palast Orchester, ist es eine Hymne an alle Frauen.

 

Max Raabe und das Palast Orchester begeisterten das Publikum aber nicht nur mit ihrer Musik, sondern auch mit charmanten Anekdoten und humorvollen Geschichten, die er ohne eine Miene zu verziehen, erzählte.  Nur einmal musste der Künstler um Fassung ringen und sich einem Lacher hingeben, als ein ferngesteuerter Zeppelin sich durch das Publikum verirrte und an den Rängen der Zuschauer hängenblieb.

Mit jeder Anekdote und jedem Lied entführten Max Raabe und das Palast Orchester das Publikum auf eine Zeitreise in die goldenen Zwanziger und die wilden Dreißiger. Musiker gaben ihr Bestes, um die Atmosphäre dieser Ära lebendig werden zu lassen. Und das gelang ihnen auf beeindruckende Weise. Die Zuhörer wurden Zeugen eines Konzerts, das in Erinnerung bleibt und das Herz berührt.

Es war bemerkenswert, wie viel Raum Max Raabe seinem Orchester gab. Während er nicht sang, erlosch sein Solobühnenspot sofort, und er lehnte sich im Dunkeln ans Klavier, um zuzuschauen. Die Botschaft war klar: Hier sind alle Stars, nicht nur Max Raabe selbst. Jedes Mitglied des Palast Orchesters bekam sein Solo, und in jeder Sekunde des Konzerts spielte das Orchester wie eine perfekt eingespielte Einheit.

Ein besonderer Höhepunkt des Abends war die Darbietung des Liedes „Der perfekte Moment… wird heut verpennt“, bei dem Max Raabe das Publikum dazu einlud, im Hier und Jetzt zu verweilen und das Leben in all seinen Facetten zu genießen. Die Botschaft kam an, und es war kaum verwunderlich, dass das Publikum am Ende des Abends nicht genug bekommen konnte.

Natürlich fehlte auch der neueste Hit im feinsten Big-Band-Sound nicht: „Ein Tag wie Gold“ vom Gastauftritt in der Kultserie „Babylon Berlin“. Als Zugabe gab es noch beliebte Wohlfühl-Klassiker wie den „Kleinen grünen Kaktus“. Schlechte Laune hatte da wahrlich keine Chance.

Nach zwei Stunden Spielzeit waren die tobenden Ovationen des stehenden Publikums schier endlos, und Max Raabe und sein Palast Orchester kehrten für zwei Zugaben auf die Bühne zurück – das Publikum konnte einfach nicht genug bekommen. Insgesamt hat Max Raabe mit seinem Palast Orchester erneut bewiesen, dass sie mehr sind als nur ein nostalgisches Relikt. Ihre musikalische Virtuosität, der Charme und Witz in ihren Anekdoten und die Fähigkeit, das Publikum in eine andere Zeit zu versetzen, sind einmalig und zeitlos. Es ist genau diese besondere Kombination, die die Konzerte von Max Raabe und dem Palast Orchester zu einem unvergesslichen Erlebnis macht. Als großer Fan von Max Raabe kann ich nur sagen, dass dieser Abend meine Erwartungen mehr als erfüllt hat. Ich bin dankbar, dass ich dieses wundervolle Konzert miterleben durfte und werde diese besondere Nacht in meinem Herzen bewahren. Schon vorher war bei mir von schlechter Laune keine Spur, aber Max Raabe und das Palast Orchester haben erneut bewiesen, dass sie zu den herausragendsten Künstlern unserer Zeit gehören, und ich freue mich bereits jetzt auf das nächste Konzert.