TORI AMOS: "Ocean to Ocean"
Tori Amos- eine meiner persönlichen GROßEN hat am 29.10.2021 ihr neues Album „Ocean to Ocean“ herausgebracht. Die Künstlerin, die mit nur neunzehn Jahren den großen Durchbruch schaffte, überzeugt immer wieder aufs Neue mit ihrem ganz eigenen Klavier-“Pop“/Klavier“-Rock“. Ganz einfach einordnen lässt sich ihre Musik nicht- glücklicherweise. Immer wieder zeigt sie ihre künstlerische Bandbreite, die von schlichten Pianoarrangements über wuchtigen Bandsound bis hin zu leichtfüßigen Popsongs und unerschrocken intime à capella Stücke reicht. Besonders eindringlich fällt mir persönlich dabei immer wieder das Zusammenspiel ihrer Stimme und ihrem Klavierspiel auf. Wartet die Künstlerin, die textlich Geschichten aus ihrem eigenen Leben, dem politischen Geschehen und anderen Momentaufnahmen des Lebens formt und erzählt, mit einer Stimme auf, die vor Fragilität im nächsten Moment zerspringen könnte und im Nächsten wiederum einem mit einer Wucht, fast zerstörerischen Aggression das Mark erschüttert.
Man sucht leider auf den letzten beiden Alben „Native Invader“ und dem aktuellen Werk „Ocean to Ocean“ vergeblich nach der „aggressiven“ Tori, nach der dem Wahnsinn der Kunst verfallenden Tori Amos. Die elf Songs kommen in einem leicht verdaulichen, musikalischen Gewand daher. Auf den ersten Blick für den einen sehr angenehm, für den anderen etwas enttäuschend. Allerdings kann man das auch bei eben diesem eher „poppigen“ Album nicht verallgemeinern, liegt die Würze, die Kraft der Atmosphäre eher im Detail der einzelnen Songs. Der gesamte Klang erinnert mich von der Stimmung an ihr 2014 erschienenes Album „Unrepentant Geraldines“. Schauen wir uns das Ganze genauer an, findet man unterschiedliche Einflüsse und Klangbilder, die sich von ihren vorigen Werken unterscheiden. Die Beats der zweiten Single „Spies“ treiben, fließen dahin, mit kurzen, „heimlich -gesungenen“ „spies- Einwürfen“, als schaue jemand immer wieder hinter einem Vorhang hervor. Lustiger Weise erinnert mich dieser Song an den Soundtrack von „Spyro the Dragon“.
„How does this happen?“ Diese Frage stellt Tori Amos - an sich selbst oder ein Gegenüber - in dem sehr aufwühlenden und bewegenden Song „29 years“. Bei den vielen Möglichkeiten und Wegen, die der Lockdown den Gedanken zum Umherschweifen eröffnete, bogen Tori´s zurück in einen Teil ihrer Vergangenheit. Ihre eigene Vergewaltigung bahnt sich - musikalisch „uncomfortable und haunting“ umgesetzt, mit stabilen, trotzdem unruhig wirkenden Beats, dem immer wiederkehrenden E-Piano- klanglich sehr von der prägnanten und doch dumpfen Gitarre abgespalten, erneut den Weg an die Oberfläche. Da Tori Amos ihre Inspirationen unterwegs, auf Tour, on the road sozusagen, sammelt, war ich persönlich sehr gespannt auf „Ocean to Ocean“ und der Art und Weise, wie sie sich musikalisch mit dem „Eingesperrtsein“, ihren inneren Dämonen, dem Reisen in ihre Gedanken und Gefühle stellen wird. Hat man sich nach mehrfachem „Hinsetzen und Zuhören“ in die fließende, fragile, doch den Stürmen trotzende, musikalische Welt von „Ocean to Ocean“ eingefunden, drängt sich das Gefühl auf, die Musikerin stelle neue, höhere Ansprüche an ihre Zuhörer. Ob es nun so ist oder nicht- mir gefällt dieser Gedanke, denn nur so können Kunst, Künstler und Zuhörer gemeinsam wachsen. |
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