Awolnation - Here come the runts
Ja, dieses Mal habe ich ganz schnell den Finger gehoben, als das dritte Studioalbum „Here Come The Runt“ von den Multi-Platin-Künstlern Awolnation für eine Rezension bei uns eintraf. Ich mag Musik von Bands, die sich ernsthaft versuchten Genre-Einordnung widersetzen: Rock, Pop, Punk, Soul, Hip-Hop, Funk, Dubstep, Elektropop, alles ist bei dem Crossover der US-Amerikaner dabei. Wer Awolnation nur von ihrem euphorisierenden Hit "Sail" des Debütalbums „Megalithic Symphony“ kennt, kennt Awolnation nicht. Aber durch diesen Song fand die Band ein gigantisches Publikum und sorgte für eine sechsfache Platin-Auszeichnung. Die Truppe um den Kalifornier Aaron Bruno ist mehr als nur die Lightversion von Imagine Dragons. Alleine die Stimme von Frontmann Bruno fasziniert. Mal wird sie zur nasalen Stimme, dann wieder zum krächsenden Schreimonster.
Das vier Jahre nach dem Debütalbum erschienene und ebenso experimentierfreudige Album „Run“ mit "Hollow Moon (Bad Wolf)" knüpfte an die Aufmerksamkeit seines Vorgängers bei weitem nicht an. Und so fällt dem dritten Album nun die unglückliche Rolle eines Wegweisers zu. Bruno verbrachte das Jahr 2016 damit, das neue Album in seinem Heimstudio, das sich in der Küstenregion zwischen dem Pazifischen Ozean und den Vororten von Los Angeles befindet, da wo er aufgewachsen ist, selbst zu schreiben, aufzunehmen und auch zu produzieren.
Nach längerer Stille meldete sich Bruno im Herbst 2017 mit dem eingängigen Elektro-Song "Passion" öffentlich zurück. Nun zum neuen Album "Here come the runts", das stellenweise weitaus beruhigter ist, als es in den ersten Minuten mit dem schnellen Opener und Titeltrack den Anschein macht. Da ist das nachfolgende "Passion" in seiner Struktur weitaus raffinierter, Brunos hoch einsetzende Stimme samt pathetische Chor zum Ende. „Sound Witness System“ wirkt wie die Fortführung von "Passion" und verknüft repetierende Synthie-Erhebungen hinter Spoken-Word-Passagen mit Brunos pathetischer Frontmann-Röhre.
"Miracle man" macht den Anschein, als ob ein zehn Minuten langer Song in nur 3 Minuten auf die CD gepresst werden musste. Und dabei ist es ein Kunststück, den Song nie nervig werden zu lassen. Das atmosphärische "Seven Sticks Of Dynamite" ist das nächste Highlight des Albums und hat wieder deutlich mehr Gitarreneinsatz, der den beginnenden hohen Gesang Brunos übernimmt. Nach dem ruhigen „My molasses“ wird es mit "Cannonball" wieder rockiger, bleibt aber einen Tick zu stumpf, um mit den verwandten Energiebündeln vom Anfang mitzuhalten. In „A Little Luck… And A Couple Of Dogs“ klingen Awolnation für einige Momente sogar wie Simon & Garfunkel.
Das Ende des Albums wird mit dem keine 2-minütigen, instrumentalen „The Buffoon“ eingeläutet und endet mit dem sechsminütigen Closer "Stop this train". Die Wechsel von einer Rocknummer zum Ruhepol hin bis zur finalen Raserei ist mitreißend.
FAZIT: Monotonie kommt beim Hören wirklich nicht auf. Mit opulenten Synthie-Streichern, akzentuierenden Bläsern, geschickten Tempowechseln und wilden Thrash-Einlagen, einem ständigen Wechsel von Stimme und Stimmungen, ruhigen und schnellen Songs, vergehen die gut 45 Minuten Albumlänge beim Hören wie im Flug. Ein erfrischendes Album mit dem daraus resultierenden Unterhaltungswert. Die Band versucht sich in verschiedensten Klangumgebungen, daher ist das neue Album noch nicht der eingangs erwähnte Wegweiser zur Karriereleiter. Aber muss die Band dafür mehr in den uniformen Mainstream abgleiten? Bruno hat wohl verstanden, dass er vermutlich kein zweites „Sail“ schreiben wird.
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GENRE: Indie-Rock, Alternative Rock, Industrial Rock
TRACKLIST:
1. Here come the runts
2. Passion
3. Sound witness system
4. Miracle man
5. Handyman
6. Jealous buffoon
7. Seven sticks of dynamite
8. A little luck... and a couple of dogs
9. Table for one
10. My molasses
11. Cannonball
12. Tall, tall tale
13. The buffoon
14. Stop that train
VÖ:
02.02.2018
Format: Red Bull Records / Sony
Auf Tour im Norden: Hamburg Germany, Uebel & Gefahrlich 19.04.2018
Rezensent: Wolfgang
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