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Bloodred Hourglass: "Heal" (Deluxe Edition)

Heal heißt das nunmehr dritte Album der 2005 in Mikkeli gegründeten finnischen Melodic Deathmetal Band Bloodred Hourglass – auch simpel ‚BRHG‘ genannt. Das Album erscheint weltweit am 26.01.2018, unter anderem in einer Deluxe-Edition, die auch das Vorgängeralbum ‚Where The Oceans Burn‘ beinhaltet. Die Band besteht aus Jarkko Koukonen an den Vocals, Jose Moilanen am Bass, Jarkko Hyvönen an den Drums, Antti Nenonen an der Lead Guitar sowie Lauri Silvonen an der Gitarre. Das beachtliche, äußerst kunstvolle Albumcover stammt ebenso wie das Cover von ‚Where The Oceans Burn‘ von Toumas Koivurinne. Weitere Bilder stammen von Miika Saari, der auch für die Nachbearbeitung des Covers verantwortlich zeichnete. In den Jahren nach ihrer Gründung veröffentlichte die Band ein Demo, sowie drei EP’s, deren erfolgreichste ‚Deviant Grace‘ betitelt war. Im Jahr 2011 nahm die Band ihr Debutalbum ‚Lifebound‘ auf, das 2012 veröffentlicht wurde.  ‚BRHG‘ kombiniert Elemente und Einflüsse diverser musikalischer Genres: Schnelle Drums, thrashige Riffs und dichte melodische Atmosphäre, verbunden mit Growling und Screaming.

Die Einstiegsnummer von ‚Heal‘ ‚Quit Complaint‘ setzt stürmisch ein, mit dichter Klangwand und erinnert zeitweise etwas an ‚Arch Enemy‘.  Der Text ist apokalyptisch, voll dunkler Bilder, deren Wirkung auf den Hörer vom drängenden Rhythmus der Musik unterstützt wird. ‚The Last Of Us‘ ist eine Nummer mit epischem Klang, die Lyriks sind kraftvoll vorgetragen und doch verständlich. Die Doublebase sorgt – wie eigentlich in jeder Nummer – für einen antreibenden und doch melodischen Hintergrund. Das Gitarrensolo in der Mitte der Nummer hat etwas von klassischem Hardrock im Stile von ‚Deep Purple‘ und ‚Black Sabbath‘. ‚Architects‘ ist eine energiegeladene Nummer, die den Hörer immer wieder wünschen lässt, bei einer Liveversion dieses Songs im Moshpit zu sein. Dazwischen sind indes auch harmonischere, ruhigere Passagen eingestreut. Der Text wirkt verstörend, fatalistisch, zugleich aber wie eine Kampfansage an das Schicksal. ‚We Form The Broken‘ beginnt gemächlicher, mit einer erstaunlich sanften Cleangesangspassage. Wenn dann die nahezu erdrückende Klangwand plötzlich über den Hörer hereinbricht, ist ihre mitreissende Wirkung umso stärker. Wieder sind es vor allem die Gitarren, die dem Sound ein besonderes, rockiges Gepräge geben. Der Text wirkt – soll man sagen hoffnungsvoll? Wenn man bereits am Boden ist, gebrochen eben, kann man sich ohne Furcht daran machen, die Einzelteile aufzulesen, und nach den eigenen Vorstellungen wieder neu zu erschaffen – ohne Rücksicht auf überholte Konventionen und gesellschaftliche Normen.

Remnants‘ beginnt mit einer wunderbaren Kombination aus Schlagzeug und Gitarre und überzeugt zunächst ebenfalls mit gutem Cleangesang, der sich erst langsam zu gekonnten Growling und Screaming steigert. Schnelle, präzise Gitarrenriffs kennzeichnen auch diese Nummer, ebenso wie das meisterhafte Schlagzeug und unerwartet ruhige Töne, die sich indes trefflich in das Gesamtbild einfügen.  Musikalisch erinnert dieses Stück zuweilen ein wenig an ‚Annihilator‘, meistens jedoch an ‚Lamb Of God‘. Die Lyriks der Nummer ‚Six Feet Savior‘ scheinen sich recht kritisch mit der christlichen Heilslehre auseinanderzusetzen, indes die Musik erhebend und zugleich thrashig klingt, mit deutlichem Bezug zum Power Metal. ‚Times We Had‘ beginnt mit geradezu nachdenklichen Gitarrenklängen, sobald indes die Drums einsetzen weicht die Nachdenklichkeit der Bestimmtheit, mit einem Hauch von Aggression. Wiederum eine streckenweise äußerst moshpittaugliche Nummer. Textlich ist dies ein wirklich poetisches Liebeslied ‚Divinia‘ erinnert zunächst ein wenig an soliden Truthmetal, der Rhythmus gemahnt dezent an Paul Di‘Annos ‚Killers‘ und wandelt sich schnell zu bestem Melodic Deathmetal mit überaus groovigem Einschlag. Die Aussage des Textes: meist ist man selbst sein größter Feind, Sorgen, Ängste, und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Ich binden uns in undurchtrennbar scheinende Fesseln. ‚Requiem Of Our Last Days‘ ist als Abschlusstitel zugleich die längste Nummer des Albums, mit gemächlichem Intro, gefühlvoll, nahezu klassisch anmutend. Wiederum ist es das Einsetzen des Schlagzeugs – insbesondere der Doublebase – das den Umschwung bringt. Tempiwechsel, eingängige Riffs und ein wuchtiger Klang überzeugen den Hörer. Vor allem der beeindruckende Gesang lässt einen neuerlich an ‚Lamb Of God‘ denken. 

Nun zum Album ‚Where The Oceans Burn‘, das in der Deluxe Edition von ‚Heal‘ inkludiert ist. ‚The Greatest Time Of Change‘ ist ein gelungener Einstieg, heftig, ein wenig verstörend, packend, das musikalische Äquivalent zu einem guten Horrorthriller. Die Gitarren in ihrer perfekten Akkordierung gemahnen an ‚Iron Maiden‘ in ihrer Glanzzeit. Walküren sind bekanntlich jene weiblichen Wesen der nordischen Mythologie, die gefallene Helden vom Schlachtfeld direkt an Odins gastliche Tafel bringen. Musikalisch sind sie spätestens seit Wagner ein Begriff.

 
Bewertung:

GENRE: Melodic  Deathmetal, Groove Metal

TRACKLIST:

Heal

1. Quiet Complaint
2. The Last Of Us
3. Architects
4. We Form The Broken
5.Remnants
6. Six Feet Savior
7. Times We Had
8. Divinia
9. Requiem Of Our Last Days

Where The Oceans Burn

1. The Greatest Time Of Change
2. Valkyrie
3. Mortal Paradigm
4. There Will Be Blood
5. Where The Sinners Crawl
6. Oceans On Fire
7. Bastard’s Seed
8. Ethereal
9. Perdition
10. Memento Mori

VÖ: 20.10.2017 / weltweit 26.01.2018
Format: CD/Deluxe 2CD/ Limited Double Vinyl/ Digital
Label: Ranka Kustannus
Auf Tour im Norden: -


Rezensent: Florian

Valkyrie‘ wird dem durchaus gerecht, mit an Dimebag Darrell erinnernden Riffs, und einer gesanglichen Glanzleistung, die wiederum den Vergleich mit Randy Blythe nicht zu scheuen braucht. ‚Mortal Paradigm‘ ist zwar textlich traurig, doch rhythmisch aufpeitschend und fesselnd. ‚There Will Be Blood‘ beginnt getragen, erinnert im weiteren Verlauf der Nummer indes ein wenig an ‚Cannibal Corpse‘, jedoch abwechslungsreicher, phantasievoller. ‚Where The Sinners Crawl‘ überzeugt mit donnernden Drums und Gitarrenriffs, die hin und wieder an ‚Judas Priest‘ und ‚Dio‘ erinnern. Der Text scheint den Begriff der Hölle wie wir ihn verstehen in Frage zu stellen – warum haben wir solche Furcht vor diesem Ort, wo sich doch der Mensch in seiner Überheblichkeit die Welt in der er lebt oft selbst schon zur Hölle macht?

Bei ‚Oceans On Fire‘ denkt man manchmal an ‚Slayer‘, vornehmlich an das ‚God Hates Us All‘ Album, jedoch mit harmonischerer Grundstimmung. ‚Bastard’s Seed‘ ist zunächst überraschend. Mit sanften Klavierklänge, und geruhsamem Aufbau, ist dies die wohl mainstreamtauglichste Nummer des Albums – bis zu einem gewissen Punkt, an dem die Kunst des ‚Shreddings‘ wieder hörbar wird. Der Text könnte gesellschaftskritischer kaum sein. ‚Ethereal‘ ist heftig, kräftig und nimmt den Hörer gefangen. ‚Perdition‘ erinnert in bester Art an ‚Pantera‘, wieder einmal mit gesanglicher Höchstleistung punktend. ‚Memento Mori‘ ist ein melodischer Ausklang, der klangliche Traumwelten im Geist des Hörers erstehen lässt, und zehn Minuten wie im Fluge vergehen lässt – ein durchaus turbulenter, stürmischer Flug freilich, aufregend und angriffig. Es erinnert uns an das, was auch die römischen Imperatoren niemals vergessen durften: an die Sterblichkeit – und ist doch so lebensvoll wie man es nur wünschen kann.

FAZIT: Was soll man über dieses Album sagen, was über diese Band? Aus dem kalten Norden Europas kommt hier ein gewaltiges Stück Musik, versehen mit allem, was man sich nur wünschen kann. Beachtliche Präzision, überwältigender Gesang, epische, sinnreiche Lyriks, nahtlose Übergänge, eine geradezu unfassbare Melange aller Metalgenres, mit einem Schuss herrlichem Hardrock und zuweilen auch nachgerade klassischem Ambiente. Durch die eigentümliche und überaus gelungene Mischung diverser Stilrichtungen ist dieses Album nicht nur ein Muss für jeden Freund des Melodic Deathmetal, als vielmehr eine schätzenswerte Fundgrube für jeden  Metalliebhaber. Bemerkenswert ist auch die Covergestaltung, der es gelingt das klangliche Erlebnis des Albums visuell bestens umzusetzen. Für dieses energiegeladene, kunstvolle Stück musikalischer Arbeit kann es nur 10 von 10 möglichen Punkten geben.

--> Musikvideo: Bloodred Hourglass - HEAL Album Teaser