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TOM LIWA: „Ganz normale Songs“

Freitag der 13tente ist dieses Monat der Release-Tag schlechthin. Neben insgesamt acht anderen Alben auf unserer To Do-Liste released Tom Liwa sein neues Album „Ganz normale Songs“. In dem Namen des Malers, Schriftstellers, Sängers und Gitarristen versteckt sich ein etwas tiefgründiger Gedanke. Um jenen nun genauer auszuführen muss ich etwas ausholen. Liwa ist ein Dorf im Osten der arabischen Halbinsel am Persischen Golf. Da in diesem Gebiet ein sehr trockenes Klima herrscht, in welchem die Bewohner gezwungen sind sich auf unterirdische Brunnensysteme namens Qanate zu verlassen.

Jene Brunnensysteme sind stark unterirdisch vernetzt und bringen Süßwasser in alle Richtungen und ermöglichen den Anbau von Datteln, Bananen, Mangos und weiteren Früchten. Als eben solch einen Brunnen, welcher mit seinen Kanälen und Schächten Leben unter die Leute bringt, sieht sich Tom Liwa. Dieses außerordentliche Konzept konnte Tom schon auf insgesamt 25 Alben zum Ausdruck bringen. In „Ganz normale Songs“ hat er sich eher auf intime Dramödien, Beziehungsballaden und lebenserfahrungsgesättigte Songs fokusiert. Die Texte drehen sich aber auch um politische Themen, was in einer solch turbulenten Zeiten leicht verständlich ist. Mit mehreren Musiker-Kollegen spielte Liwa die Songs im Studio ein und man könnte sagen, dass fast jeder Song eine oder zwei A4 Seiten lange Beschreibung benötigen würde, um den kompletten Hintergrund des Vorgetragenden zu verstehen. Dies erklärt warum mit dem Album ein 150-seitiges Buch mit allen Texten, diversen Fotos und sogar einem selbstgezeichneten Comic im Gonzo Verlag Mainz erscheint.

Man merkt, dass Liwa sich schon fast einen eigenen kleinen Kosmos aufgebaut hat und diesen andauernd der Welt zu vermitteln sucht. Musikalisch findet man hauptsächlich Gitarre, etwas Percussion und Vocals auf dem Album. Es ist ein nettes Konglomerat aus Geschichten, welche relativ minimalistisch von Musik untermalt wird.

FAZIT: Ich finde es schön, wenn sich Menschen derartig reflektiert mit ihren eigenen Lebenserfahrungen auseinandersetzen, jedoch stellt sich die Frage ob die Leute die Muße beweisen, sich im gleichen Maß mit diesen Themen auseinander zu setzen wie Liwa selbst. Ich muss ehrlich sagen, dass ich nach dem dritten Song schon etwas gelangweilt war. Ein riesiger Background zu den Tracks ist zwar oft nett und gibt Hardcore-Fans die Möglichkeit sich tiefer in die Denkweise des Musikers ein zu arbeiten, doch für den Durchschnitts-Musikhörer kommen die Themen, ohne Betrachtung des Hintergrunds, sehr trivial rüber. In meinen Augen ist es ein netter Versuch etwas sehr tiefsinniges zu leisten, welcher jedoch dann schon so individuell tiefsinnig ist, dass er sich in Trivialität verliert. Daher bekommt das Album von mir nur 4 von 10 Punkten.

--> Musikvideo: Tom Liwa - Witz

 
Bewertung:

GENRE: Indie/ Worldmusic

TRACKLIST:

1. Schuld
2. Meistens
3. Ego
4. Dope
5. Witz
6. Leute
7. Yoga
8. Feuer
9. OK
10. Unisex
11. Ufo

VÖ: 13.04.2018
Format: CD / LP / Digital
Label: Grand Hotel van Cleef
Vertrieb: Indigo

 

Auf Tour im Norden: 02.05.18, Knust - Hamburg | 01.07.18, Jade-festival (mit FLOWERPORNOES) Wilhelmshaven | 22.08.18, Knust (mit FLOWERPORNOES) - Ham-burg

Rezensent: Gregor