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THE NOTWIST: "Vertigo Days"

Die aus Weilheim stammende Band The Notwist, 1989 gegründet, präsentiert mit dem am 29.01.2021 erschienen Album „Vertigo Days“ ein neues Werk voll strahlender Sounds, lebendiger, mittelalterlicher Atmosphäre, abrupten Songübergängen, die geschmeidiger kaum sein könnten. Die - nennen wir es- Geräusche, denn laut Definition ist Musik nichts anderes als geordnetes Geräusch, sind kalt und organisch zugleich.

Sie klingen in einem Raum ins Unendliche, fordern zum Tanzen auf, zum mitschwingen, sich ergeben in den endlosen Strom an Möglichkeiten, Klängen und Gefühlen. Die Songs fließen fast unsichtbar in einander über als seien die 14 Stücke im Grunde genommen ein Einziger. In „Exit Strategy To Myself“ erinnern die gezerrte, rauschende Gitarre und Orgel an Songs von Portishead zu ihrer „Third“ Zeit. Die Stimmen scheinen die Verbindung zum Erdboden zu sein- unüberhörbar, leicht melancholisch, dezent durchdringend- ein bisschen an Eels erinnernd.

Sehr interessant und auch ein bisschen amüsant finde ich den rhythmischen Einstieg bei „Ships“- nach den ersten Klängen wartet man auf „Low Rider“, wird bei dem, was dann jedoch kommt, in keinster Weise enttäuscht. Sehr repetitiv, fast wie eine Meditation mit außerirdischen Sounds. So „elektronisch- kalt“ die Soundlandschaft auch sein mag, so ist die Musik, die Sehnsucht doch ganz nah. Klar und ohne großes „Drama“ vorgetragen, dadurch tief berührend. Insgesamt kommen einem Gedanken an Gotye auf, der doch bei weitem viel mehr als nur „Somebody That I Used To Know“ zu „bieten“ hat.

Sehr durchdacht, gezielt, komponiert, jedoch nie konstruiert- jedes „Geräusch“ hat seine Berechtigung und leistet seinen Beitrag. Bei Songs wie „Into The Ice Age“ wirbeln bei mir viele Erinnerungen, Gefühle durcheinander aus verschiedenen Songs und Zeiten, für die die Stücke stehen oder standen- vertrautes trifft auf „noch-nicht-gehörtes“. Die Verbindung und Kombination aus elektronischen Sounds und „sehr organischen“ Instrumenten wie der Klarinette, wecken Sehnsucht und Einsamkeit, Akzeptanz und Unwohlsein, ein nicht greifbares Empfinden von Befriedigung der inneren Abgründe.

Fazit: Ein sehr vielseitiges, interessantes Album mit „Klanggeschichten“ der etwas anderen Art. Äußerst empfehlenswert wenn man sich mal ein bisschen in sich selbst und der Welt verlieren möchte… Welt abschalten, sich selbst einschalten und sehen, was passiert. 09/10 Punkten von mir. Und große Freude über solche Perlen der deutschen Musik.

--> Musikvideo: The Notwist: Oh Sweet Fire

 
Bewertung:

GENRE: Independent, Elektro, Ambient

TRACKLIST:

01. Al Norte
02. Into Love/Stars
03. Exit Strategy To Myself
04. Where You Find Me
05. Ship
06. Loose Ends
07.Into The Ice Age
08. Oh Sweet Fire
09. Ghost
10.Sans Soleil
11.Night´s Too Dark
12.*stars*
13.Al Sur
14.Into Love Again

 

VÖ: 29.01.2021
Format: CD / Vinyl / Digital
Label: Morr Music/ Indigo
Vertrieb: 375 Media
Auf Tour im Norden: -

Rezensent: Patricia