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RAMMSTEIN: „Rammstein“

Diesmal brauche ich, glaube ich zumindest, keine wirkliche Bandvorstellung herunter zelebrieren, da das folgende Review ein Album einer Band in die Mangel nimmt, welche schon fast jeder über 18 Jahre alten Person ein Begriff sein sollte. Heute haben RAMMSTEIN ihr neuestes Album, welches schon von vielen Fans weltweit erwartet wird, veröffentlicht und der Name dessen ist schlicht der Name der Band. Nach insgesamt 10 Jahren ohne Albumveröffentlichung kann man sich vorstellen, das da der ein oder andere gespannt gewartet hat, was da so kommen mag. Das am 28. März releaste Video „Deutschland“ zum ersten Track der neuen Scheibe, lies die Wellen schon einmal hochgehen. Mit altbekannter provokanter Art schafften es die Herren einmal wieder, dass sich die Medien nicht nur das Maul zerissen, sondern sich schon fast selbst überschlugen. Das unglaublich qualitativ hochwertige Video und die auch dementsprechende Musik zählen jetzt schon über 50 Millionen Aufrufe und der Track „Radio“, welcher am Album Platz 2 einnimmt, hat mit dem am 26.4. releasten Video mit über 28 Millionen Views gut nachgezogen.

Als dann vor einer Woche ein weiteres Video zu dem altbekannten Depeche Mode`s „Stripped“ Cover von Rammstein erschien, war ich dann doch etwas verwirrt und überprüfte nochmal die Tracklist des Albums. Anscheinend dürfte das Release des Cover-Video eine gut geplante PR-Aktion gewesen sein, um nochmal eine Woche vor Hauptrelease etwas präsent zu sein. Abgesehen davon, dass Rammstein die letzten Jahre mit ihren Live-Shows enorm gut unterwegs waren, gab es Gemunkel um das Ende der Band und ihr letztes Album. Ob „Rammstein“ nur ihr letztes sein wird kann ich noch nicht beurteilen, doch kann ich schon einmal auf die weitere Tracks die ihr heute wahrscheinlich alle hören werdet, eingehen.

Deutschland“ hatte mich sehr beeindruckt, vor allem auf Grund des wahnsinnige geilen Videos. „Radio“ war mir dann einfach etwas zu lasch und auch der Text etwas zu mager. Daher war ich gespannt was noch so anstand und der dritte Track „Zeig Dich“ lieferte mir dann wieder altbekannte Härte und auch enorm feinen Text. Rammstein übte in ihren Alben immer gekonnt Kritik und „Zeig Dich“ bringt in Anbetracht der heutigen Missstände in der Kirche eine sehr starke Message. „Verbreiten und vermehren, im Namen des Herren….. Zeig Dich!“ heißt es in der Nummer und damit ist glaube ich klar was gemeint ist. Der nächste Track ist für mich der mit Abstand popigste Song der sich auf dem Album finden lässt. „Ausländer“ beginnt mir einer Synthie-Line die etwas an Disko-Party erinnert und das hat mich ernsthaft erschreckt. Die Strophe klingt dann schon fast nach Deichkind und der Refrain wie ein klassischer House-Aufbau zum Drop/Refrain hin. Textlich gibt die Nummer zwar viel Interpretationsspielraum, wobei sich für mich die Message des Tracks in dem Satz: „Sobald ich mein Land verlasse bin ich Ausländer“ zusammenfassen lässt.

Unter Anderem wird in „Ausländer“ auch das Thema Sexualität angesprochen, wobei jenes im fünften Song „Sex“ dann im Mittelpunkt steht. Mit der dritten Wiederholung des Refrains wird eigentlich die Message sehr gut zusammengefasst: „Wir leben nur einmal, wir lieben das Leben, wir lieben die Liebe, wir leben weil SEX!“. Somit wären schonmal Kirche, Sex und Politik abgehakt. Das die folgende Nummer mich so vom Sessel hauen würde hatte ich dann doch nicht gedacht. „Puppe“ beginnt ganz unscheinbar und hat einen Touch von „Mein Herz brennt“ oder „Spieluhr“. Till erzählt aus der Perspektive eines kleinen Kindes, welches von seiner Schwester, welche zur „Arbeit“ geht, mit einer Puppe zurückgelassen wird. Die Arbeit der Schwester stellt sich im Laufe des Songs als Prostitution heraus und was das Kind mit der Puppe macht solltet ihr euch selbst anhören. Die Art in welcher Meister Lindemann die Lyrics vorträgt enthält eine derartig authentische kindliche Aggression, dass ich nur beim Gedanken an den Refrain Gänsehaut bekomme.

 
Bewertung:

GENRE: Neue Deutsche Härte (NDH)

TRACKLIST:

1. Deutschland
2. Radio
3. Zeig Dich
4. Ausländer
5. Sex
6. Puppe
7. Was Ich Liebe
8. Diamant
9. Weit Weg
10. Tattoo
11. Hallomann

VÖ: 17.05.2019
Format: CD / Vinyl / Digital
Label: Universal Music GmbH
Vertrieb: Universal Music GmbH
Auf Tour im Norden: 02.07.19 - Hannover, HDI Arena

Rezensent: Gregor

Was Ich Liebe“ folgt auf Platz 7 und erklärt sich auch wieder mit seinem Refrain „Was ich liebe, das wird verderben! Was ich liebe muss auch sterben!“. Ein Teil von diesem Gedanken bleibt bei Track 8 „Diamant“ erhalten, wobei es hier wesentlich konkreter um eine bestimmte Person geht. Mit der Metaphern rund um den Diamanten wird eine Person beschrieben mit welcher der Protagonist des Songs in einem unbefriedigtem Liebesverhältnis steht. In der Liebeslyrik des Mittelalters hatte man die Bezeichnungen der Minnedichtung, welche programmatisch eine verschmähte Liebe schilderte. Als eben solche könnte man „Diamant“ bezeichnen.

Weit Weg“ beschäftigt sich textlich mit dem paradoxen Gefühl etwas gleichzeitig nahe, aber ebenso weit entfernt wahrzunehmen. Ich möchte mich da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, doch tat sich mir beim Hören der zwei letztgenannten Tracks der Gedanke auf, dass eine gewisse Ex-Frau eines der Bandmitgliedern mit dem Inhalt zu tun haben könnte. Doch wie gesagt, ich möchte hier keine unguten Mutmaßungen anmaßen! Interessant war nur das ich dann an einen Vorfall mit einem Tattoo denken musste und der nach „Weit Weg“ folgende Song eben „Tattoo“ hieß. Dieser Track hat wohl das längste Gitarrenintro des Albums, was nicht besser an alte Tracks wie „Wollt ihr das Bett in Flammen sehen“ oder „Bück Dich“ erinnern könnte. Die wunderbar lyrische Beschreibung der Faszination am Tattoo ist auf jeden Fall sehr gut gelungen.

Und so wären wir schon beim letzten Song des Albums angekommen! „Hallomann“ nennt sich das Endstück welches sich einem immer noch akuten Thema annimmt und es kritisch zerlegt. Den Hallomann könnte man auch simpel als Kindesentführer bezeichnen und Till singt aus dessen Perspektive. Da ich nun hauptsächlich vom Lyrischen und weniger vom Musikalischen berichtet habe sei gesagt, dass man abgesehen von „Ausländer“ jeden Song als soliden Rammsteintypischen bezeichnen kann.

FAZIT: Eigentlich war dieses Review eine Mischung aus Fazit und Gegebenheiten, doch auf das Musikalische möchte ich noch kurz tiefer eingehen. An sich haben mir die ersten zwei Tracks mittelmäßig gefallen, da mir der erste Text zu kryptisch und der Zweite zu einfach war und dann muss ich gestehen, dass mir die popigen Anteile nicht wirklich gefallen haben. Das sich die Band hier und da wieder eher rockig gegeben hat und nur ein paar wirklich Industrial Metal Tracks raushaut, hat mir eigentlich wieder gut gefallen. Flake ist für mich immer derjenige, der mit seinen Synthesizern den Songs weitere Facetten gibt, doch der Anfang von „Ausländer“ ist so simpel und hat eben einen mir nicht gerade gefeierten Disko-Sound. Damit wäre ich es dann aber schon wieder mit meiner Kritik. Die Songs sind durchwegs würdige Rammstein Tracks und eigentlich kann man sich für das Album nur bedanken, da die Band sicherlich ein Album zu rein kommerziellen Zwecken nicht mehr notwendig hat. Auf Grund der erwähnten Problempunkte gibt es von mir insgesamt 9 von 10 Punkten. Ich bin schon auf die zu den Songs gehörige Show gespannt!

--> Musikvideo: Rammstein - Radio