VORCHECKING: Frische und unabhängige CD-Kritiken

RAUSCHFLUT: „Die Schönheit des Klischees“ (EP)

Wer im Norden ein offenes Ohr für Rock hat, dem dürfte folgende Band sicherlich ein Begriff sein. Rauschflut sind mir erst 2018 mit ihrem Album „Optimisten und Marionetten“ aufgefallen, obwohl sie schon seit 2014 mit ihrem Brett-Rock durch die Lande ziehen. Bei diesen Touren durften sie schon die Bühne mit Max Giesinger, Pohlmann oder auch Glasperlenspiel teilen, doch heute geht es nicht um die Live-Performance, sondern um eine Scheibe die demnächst von der Truppe released wird.  

Marko Butt (Vocals/Guitar), Rasco Rauschflut (Vocals/Guitar), Michael Klöckner (Bass) und Andreas Mahler (Drums/Vocals) präsentieren am 06.03.2020 ihre EP „Die Schönheit des Klischees“ und natürlich habe ich, nachdem mich das letzte Album sehr angesprochen hat, schon einmal vorab hineingehört. Endlich einmal wieder Rockmusik auf Deutsch. Ehrlich gesagt gefällt mir Rock mit deutschen Lyrics selten, doch Rauschflut schaffen es jedesmal wieder mir zu gefallen.

Begonnen wird die EP mit dem titelgebenden Song „Die Schönheit des Klischees“, welcher vom Beginn her eher etwas an alten Heavy Metal erinnert, wenn dann auch der Hard Rock überhand nimmt. Der Aufbau bis zum Refrain ist sehr dezent gehalten, dafür fetzt der Refrain dann erst recht richtig. Inhaltlich dreht sich der Song um alltägliche Handlungen die man als aufgeklärter Mensch etwas kritisch sehen sollte, doch Klischees machen dies wesentlich einfacher. „Bin ich Anti oder Hipster“ heißt es in dem Refrain, was ich als kritische Frage gegenüber der momentan verwirrenden Gesellschaftshaltung interpretieren würde. Das Outro des Songs erinnert ganz kurz an Black Sabbath, wobei es sich hier wirklich nur um die letzten Töne handelt. „Ich wollte nur mal nett sein“ ist der Titel des zweiten Songs, welcher mit einem sehr starken Riff startet und dann wieder etwas entschleunigt. Der Gitarrensound ist schon sehr mächtig, doch teilweise für meinen Geschmack etwas zu stark, sodass er die Drums überdeckt. Aber das ist wirklich nur I-Tüpfchen-Reiterei, denn der Song hat schon einen fetten Klang.

Inhaltlich bringt für mich der Satz „Ich setz die Maske“ auf das verarbeitete Thema sehr schön auf den Punkt. In der heutigen Gesellschaft gelten Konflikte als zu vermeidende Situationen, wenn auch Konflikte manchmal notwendig sind um Sachen zu klären. So kann man das Aufsetzen der Maske, mit dem Satz „ich wollte nur mal nett sein“, so interpretieren, dass hier die Tendenz zum „Maske aufsetzen“ und zur Konfliktvermeidung kritisiert wird. Auf Platz 3 kommt passend der Song „3 Worte“ und es geht nicht um die mit Liebe verbundenen Drei, sondern eher um jene die Nena schon besungen hat: „Irgendwann, Irgendwo, Irgendwie“. Der Song ist als solider Classic-Rock-Song zu bezeichnen, wobei eine Neigung zum Hard Rock hörbar ist. Der Text behandelt das Thema der Hilflosigkeit, welche mit den 3 Worten rationalisiert wird.

 
Bewertung:

GENRE: Brett-Rock

TRACKLIST:

1. Schönheit des Klischees
2. Ich wollte nur mal nett sein
3. 3 Worte
4. Flugmodus
5. Wo der Frisch die Locken hat

VÖ: 06.03.2020
Format: CD / Digital
Label: Artistfy Music  
Vertrieb: Eigenvertrieb
Auf Tour im Norden: -

Rezensent: Gregor

Flugmodus“ hat bei mir schon bei den ersten Sekunden das „Sommer-Hit-Feeling“ ausgelöst, was auch thematisch gut zu den Lyrics passt. Der Songaufbau erinnert etwas an Red Hot Chili Peppers, wobei der Refrain dann schon sehr punkig ist. Inhaltlich wird hier das Problem der andauernden Verfügbarkeit angesprochen. Heute sollte man am Besten den ganzen Tag erreichbar für alles sein und wenn man sich bewusst widersetzt, dann setzt man sich einen Shitstorm aus. Im Grunde unterstützt der Song einen dabei den „Flugmodus“ einzuschalten und persönlich kann ich dazu nur sagen, dass dieser Flugmodus wohl eines der besten Mittel ist, heutzutage zu verorten wer wirklich zu einem hält.

Der Abschlusssong „Wo der Frosch die Locken hat“ dreht am Ende noch einmal richtig auf und liefert ein Thema, dass schon in den frühen Zeiten des Punks aufgekommen ist, nämlich, dass jeder in Wahrheit nur für sich selbst weiß „Wo der Frosch die Locken hat“. Damals führte dieses Gefühl erst recht zur „Zusammenrottung“ von Menschen mit den selben Gedanken. „Ich fühl mich allein“ heißt es in diesem Track und als Begründung wird vorgelegt, dass dieses Gefühl auf der Überzeugung basiert, dass man nur für sich selbst weiß, was man will. Ein Song mit starker Message, welcher sehr zum Nachdenken anregt.

FAZIT: Wieder einmal bin ich textlich sowie musikalisch von Rauschflut sehr beeindruckt worden. Sich als Rock-Band mit deutschen kritischen Texten so gut zu etablieren, dass man auch mit „Mainstreamern“ die Bühne teilt, ist schon eine feine Leistung. Als Mainstream würde ich Rauschflut auf Grund der Texte und der doch etwas härteren Musik nicht einstufen, sondern eher als eine Band, welche klar ihre Linie fährt und eine Unterteilung in Mainstream oder nicht absolut nicht notwendig hat. Chapeau meine Herren! Die EP ist wiedereinmal richtig fein geworden und die Texte haben mich wieder extremst angesprochen. Danke für diese coole Scheibe. Da es sich um eine EP handelt gibt’s diesmal nur 8/10 Punkten, aber ich glaube beim nächsten Album gibt es dann wieder 10 ! 

--> Musikvideo: RAUSCHFLUT - Die Schönheit des Klischees