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RUMMELSNUFF: "Salzig schmeckt der Wind"

Salzig schmeckt der Wind‘ heißt das neue Best-Of-Album des als Roger Baptist 1966 in Großenhain geborenen Musikers und Texters Rummelsnuff. Roger Baptist ist der Sohn einer Musikerfamilie, wuchs in der Nähe von Dresden auf und erhielt als Kind und Jugendlicher eine Ausbildung zum Fagottisten. In jungen Jahren spielte er im Symphonieorchester des Kreises Großenhain. Anfang der 1980 Jahre begann Roger Baptist experimentelle Arbeiten mit alten Keyboards, Mikrophonen, Drums und einer Bassgitarre, sowie verschiedenen Tonbandgeräten. ‚Salzig schmeckt der Wind‘ ist die ausführliche Aufarbeitung des musikalischen Lebensweges von Rummelsnuff. Auf 2 CDs oder Doppel-Vinyl finden sich die größten Hits, Gassenhauer und Klassiker des singenden Muskelberges, komplett klangtechnisch überarbeitet und in teils neuen Versionen mit seinem langjährigen Mitstreiter, Maat Asbach. Unter dem Eindruck der Leipziger Band ‚Die Art‘ gründete er 1987 die Band ‚Kein Mitleid‘, die sich vornehmlich englischsprachiger Musik widmete. 1989 stieß er zu der Dresdner Untergrundband ‚Freunde der italienischen Oper‘ und schuf als Mitautor zahlreiche Lieder für die Band. Nach der Auflösung der ‚Freunde der italienischen Oper‘ im Jahre 1992 gründete Baptist die EBM- und NDH-Band ‚Automatic Noir‘, die bis 1999 existierte. Nach dem Niedergang dieses Projekts folgten mehrere Jahre Musikabstinenz.

Durch den Kontakt mit dem norwegischen Künstler Bjarne Melgaard entstand bereits 2004 der Entwurf zur Figur des ‚Rummelsnuff‘. Nachdem der ehemalige Sänger der ‚Freunde der italienischen Oper‘ R.J.K.K. Hänsch anlässlich seines vierzigsten Geburtstags Baptist im Jahr 2004 zu einem ‚Sonderkonzert‘ und vor allem zum Singen überreden konnte, zelebrierte Roger Baptist im Dezember 2005 im Dresdner ‚Kurländer Palais‘ zusammen mit ‚Kaltfront‘ öffentlich seine Wiedergeburt als Rummelsnuff. Als erstes Album erschien im März 2008 ‚Halt durch!‘ und im selben Jahr absolvierte Rummelsnuff eine Deutschlandtour. Es folgte die Zusammenarbeit mit der ‚Bolschewistische Kurkapelle schwarz-rot‘, ‚Polarkreis 18‘ und anderen. Rummelsnuff machte auch einige Regisseure auf sich aufmerksam, und spielte in mehreren Filmen mit. Im Jahr 2010 veröffentlichte Rummelsnuff mit ‚Sender Karlshorst‘ ein zweites Album, diesem folgte 2011 die DVD-plus-EP Box ‚Brüder/Kino Karlshorst‘. Rummelsnuff nennt seine Stilrichtung „Derbe Strommusik“ oder ‚Elektropunk-Gassenhauer‘. Sport- und Arbeiterhymnen sind ebenso vertreten wie düstere Balladen. Die Texte sind überwiegend in deutscher Sprache gehalten. Neben dem spanischsprachigen Stück ‚Hombres, Hombres‘, dem teils rumänischsprachigen ‚Salutare‘ und dem teilweise auf Norwegisch gesungenen ‚Hammerfest‘ spielte er auch einige Coversessions in Originalsprache ein.

Live wurde und wird das Soloprojekt Rummelsnuff von verschiedenen Gastmusikern begleitet, so etwa von Rajko Gohlke als Gitarristen, der sonst bei ‚Knorkator‘ und ‚Freunde der italienischen Oper‘ Eine umfassende Werkschau des wohl originellsten Pop-Künstlers aus deutschen Landen war eigentlich schon lange überfällig. Vom DDR-Avantgarde-Punkmusiker zum Berghain-Türsteher und Kraftsportler, bis hin zum Underground-Star und Liebling der Boulevardpresse – Rummelsnuffs Werdegang ist mindestens genauso beeindruckend, wie seine optische Erscheinung, die gerne als eine Mischung aus Popeye und Hulk beschrieben wird. Außerdem sind die meisten seiner Altwerke schon seit einigen Jahren vergriffen, so dass die Nachfrage nach den darauf enthaltenen Sportballaden, derben Arbeiterliedern und Seefahrer-Shanties bei einer stetig wachsenden Fan-Gemeinde schon eine Weile nicht mehr befriedigt werden konnte. So enthält ‚Salzig schmeckt der Wind‘ natürlich nicht nur die titelgebende Seemanns-Hymne – nein, der Käpt‘n führt uns höchstpersönlich durch die wichtigsten Stationen einer unvergleichlichen Hochseefahrt, von den Anfängen bis hin zum bisherigen Höhepunkt auf ‚Rummelsnuff & Asbach‘. Der gesamte Lieder-Reigen ist neu gemastert worden und diverse Klassiker glänzen in neuen Abmischungen und Neuaufnahmen, bei denen sich natürlich auch des Käpt‘ns Kompagnon, Maat Asbach, tatkräftig einbringen durfte. So ist diese wilde, musikalische Seefahrt für Alt-Fans und Neulinge gleichermaßen interessant. In Zeiten, wo die Musiklandschaft immer mehr durch zunehmende Gleichförmigkeit verödet wird, braucht es wieder Originale. Und Rummelsnuff ist einfach in jeder Hinsicht einzigartig, kantig, roh und liebenswert – der heimliche Superheld der deutschen Musikszene. Käpt‘n, nimm uns mit!

FAZIT: Ein hervorragender Querschnitt durch das bisherige Schaffen des eigenwilligen Künstlers und Gesamtkunstwerks Rummelsnuff. Eine Zusammenfassung, die eindeutig Lust auf mehr macht, die einen gut gelaunt zurücklässt, und durchaus dazu angetan ist einem als Hörer den Tag zu retten. Dafür gibt es 10 von 10 möglichen Punkten.

--> Musikvideo: Rummelsnuff - Bratwurstzange

 
Bewertung:

GENRE: Elektropunk, modernes Arbeiterlied

TRACKLIST:

CD1

1. Salzig schmeckt der Wind (Neumischung)
2. Trägt die Woge dein Boot (Neumischung)
3. Der Käpt’n nimmt dich mit
4. Kumpel Glück auf (Neumischung)
5. Der Heizer (Neumischung)
6. Wolgastrom (Neumischung)
7. Rummelkäpt’n
8. Halt durch (Neumischung)
9. La Rochelle (Neumischung)
10. Bursche
11. Stille im Maschinenraum
12. Halbstark und laut
13. Bratwurstzange
14. Gerüstbauer
15. Harzer Käse
16. Crystal Ball
17. Rolling Home
18. Treidler

CD 2

1. Sliwowitz (Neumischung)
2. Salutare (Pankow Remix)
3. Hammerfest (Neumischung)
4. Stalinallee (Neumischung)
5. Hundmann (Neumischung)
6. Freier Fall
7. Brüder
8. Der Schrauber (Neumischung)
9. Eindruck schinden (Neumischung)
10. Der Hund (Neumischung)
11. Ringen (Neumischung)
12. Donnerbolzen
13. Pumper (Tua Remix)
14. Der Türsteher
15. Winterlied
16. Amundsen
17. Dr. Rummel Mr. Snuff
18. Wenn du aus dem Leben schwindest

VÖ: 11.05.2018
Format: 2CD/ Doppel-Viny/Digital
Label: Out Of Line
Vertrieb: Out Of Line
Auf Tour im Norden: 11.05.2018 HAMBURG, Uebel und gefährlich

Rezensent: Florian