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Seeed - Bam Bam

Nach sieben Jahren ist die Reggae-Truppe Seeed aus Berlin zurück. Die Dub-Reggae-Dancehall-HipHop-Band meldet sich mit ihrem neuen Album „Bam Bam“. Sieben Jahre nach dem letzten Album Seeed und fünf Jahre nach der EP Cherry Oh 2014 stehen die Jungs wieder auf den Bühnen ausverkaufter Venues. Sieben Jahre, in einer so langen Zeit geraten andere Bands in Vergessenheit.

Im Mai 2018 verstarb Demba Nabé alias Boundzound, einer von drei Sängern der Band. Seeed entschlossen sich dennoch weiter aufzutreten. Ticket, die erste Single-Auskopplung, ist ihm gewidmet. „Für Demba“ steht am Ende des Videos und wir sehen ihnzwischen Bäumen herumtanzen. Für das fünftes Studioalbum mussten Peter Fox und Dellé alleine an die Mikrofone. Die elf Gründungsmitglieder der Band hielten seit ihrem ersten Album vor fast zwanzig Jahren fest zusammen, lediglich einen Tausch am DJ Pult gab es.

Bis auf die schwere Ballade „What A Day“ singen Pierre Baigorry aka Enuff aka Peter Fox und Frank A. Dellé aka Eased aka Dellé komplett in deutscher Sprache. In "Sie is geladen" lassen sich Frontmann Fox und Ex-SXTN-Rapperin Nura schön angiften, dazu E-Gitarre, soulige Riffs, Drum Machine und dicke Beats.

Dellés Stimme zum Beispiel wirkt vor allem auf melodischen Songs wie Ticket, Peter Fox glänzt eher auf Dancehall- und HipHop-lastigeren Beats.

Einen politischen Song wie „Komm in mein Haus“ haben Seeed bislang noch nicht geschrieben. „Egal, woher du kommst, an welchen Gott du glaubst“, singen die beiden noch verbliebenen Frontleute: „Öffne dein Herz, mach die Augen auf – komm in mein Haus.“

Bei dem basslastigen „G€ld“ geht es um Dekadenz, Franck Ribérys goldenes Schnitzel lässt grüßen. "Love & Curvoisier (ft. Salsa 359)" sticht als exotische Mischung aus Dancehall und etwas lateinamerikanischem Flair hervor. „Lass das Licht an“ ist eine Hymne auf den beleuchteten Beischlaf, die kein bisschen in Abrede stellt, dass alle Beteiligten ihre physisch besten Tage hinter sich haben.

FAZIT: Zwischen Reggae und Dancehall pendeln die Stücke weiterhin, einen Partykracher schlechthin sucht man vergebens. Der Hybrid aus Marching Band und Reggae-Combo ist verlangsamt wie ein verwundeter Löwe. Das Abschlußlied „What a Day“ besteht aus Demomaterial, das der verstorbene Sänger vor Jahren auf Englisch aufgenommen. Das letzte posthume Wort auf dem Album hat somit Demba Nabé. Es lautet „Night“.

Um die Lücke zu schließen wendet sich die Combo wohl erstmals umfassend Feature-Gästen zu und ist mit 34 Minuten extrem knapp geraten, richtige Partytracks fehlen. Das Comeback ist also nicht zu 100 Prozent gelungen, aber der unverkennbare Sound sehr gut hörbar. Grundlegend bleiben die Berliner da, wo sie immer waren – allerdings mit angezogenen Handbremse. Die anstehende Tour wurde bereits um zig Gigs erweitert und trotzdem ist alles restlos ausverkauft. Der Erfolg geht also weiter.

--> Musikvideo: SEEED: "G€LD"

 
Bewertung:

GENRE: Reggae, Dancehall, HipHop

TRACKLIST:

1. Ticket
2. Lass sie gehn
3. Geld
4. Immer bei dir (+ Trettmann)
5. Lass das Licht an (+ Deichkind)
6. Sie is geladen (+ Nura)
7. Love And Courvoisier (+ Salsa 359)
8. Komm in mein Haus
9. Psycho Piano Interlude
10. No More Drama (alles Pech verbraucht)
11. What A Day

VÖ: 04.10.2019
Format: CD / Vinyl / Digital
Label: BMG Rights Management
Vertrieb: Warner Music
Auf Tour im Norden: 23.10.19 ÖVB Arena Bremen

Rezensent: Wolfgang