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SLIME: „Wem gehört die Angst“

Deutschland muss piiieeeeps damit wir leben können!“ schallte es noch vor einigen Jahren lautstark aus meinem Radio, als ich meine ersten zensierten Slime-Songs hörte. Die Zeiten in denen die Truppe den Index fürchten musste sind dann aber doch schon Dekaden her, wenn auch die Texte bis heute Relevanz behalten haben. Am 13.03.2020 hat die Band ihr neues Album „Wem gehört die Angst“, also Scheibe Nummer 8, veröffentlicht.

Die Angst hat Konjunktur!“ ist der erste hörbare Satz im Opener, welcher im klassischen Deutsch-Punk-Stil und mit einem fetten Wah-Solo durch den Gehörgang zieht. Schon bei diesem Track merkt man, dass Slime nicht mehr so grobbürstig sind wie früher, was aber auch etwas am sauberen Klang der Aufnahmen liegen könnte, wobei man dies vom Vorgängeralbum schon wissen könnte. Song 2 „Paradies“ ist nicht zu verwechseln mit dem Hit der Toten Hosen und klingt eher nach Die Ärzte auf ihrem Album „Jazz ist anders". Wenn wir schon mit den deutschen Punk-Größen herumschießen, dann sei der Refrain des Songs: „Und Rio Reiser sang vom Paradies.“ hervor gehoben, da dem legendären Ton Steine Scherben Sänger hier auch gehuldigt werden soll!

Nach dem Paradies geht’s ab in die „Hölle“. Der Track erinnert in den ersten Sekunden an die Dead Kennedys und der Refrain ist so richtig heftiges Mitgröhl-Material. Rhythmisch verspielter wird es bei „Die Suchenden“ wo auch die Slime`sche Neigung zu Reggae hervortritt. „Wenn wir wollen“ wirkt irgendwie wie eine Punk-Hymne von Betontod, also etwas sanfter als durchschnittliches Slime-Material. Ich hatte ein längeres Drum- und Gitarrenintro, wie man es aus den alten Tagen kennt, schon gesucht und in „Ebbe und Flut“ habe ich es dann gefunden. Textlich bewegt sich die Band noch immer auf schön kritischem Terrain, wenn auch mit etwas sanfteren Sätzen im Vergleich zu Slogans wie „Deutschland verrecke!“. „Weisser Abschaum“ ist dann textlich wieder angriffiger als die anderen Songs, wenn auch hier wieder das Intro leicht an die Dead Kennedys erinnert und die anderen Parts eher nach Pop-Punk klingen.

FAZIT: Ehrlich gesagt hat mir das letzte Album wesentlich besser gefallen als das Neue, wenn auch die Texte wie immer brav mitreißen, doch eben etwas softer als am Vorgänger. Es ist schön zu hören, dass gewisse Slime-typische Elemente wie der ihnen eigene Mix von Punk und Reggae noch immer zu Gehör gebracht wird, doch es zeichnet sich schon eine Tendenz zum Radio-verträglicheren Punk ab. Wo sind den die guten Zeiten der „Anti-Radio-Songs“ hin? Textlich hat sich dann doch nicht allzu viel verändert und die Band steht noch immer zu ihren Überzeugungen wie z.B. „Kein Mensch ist illegal“.

Im Endeffekt habe ich mir dann aber doch etwas mehr „Ranz“ erwartet und daher ist mir „Wem gehört die Angst“ etwas zu ruhig und melodisch. Somit bin ich gespannt ob die erwähnte Tendenz zu „Verpopung“ wie bei den Ärzten oder den Toten Hosen führt, oder ob sich Slime an ihre Wurzeln klammern. Alles in Allem bekommt dieses Album 7 von 10 Punkten. Meine Herren, ich glaube ihr habt noch etwas mehr Dampf! 

--> Musikvideo: SLIME - Wem Gehört Die Angst

 
Bewertung:

GENRE: Punk

TRACKLIST:

1. Wem gehört die Angst
2. Paradies
3. Hölle
4. Die Suchenden
5. Wenn wir wollen
6. Ebbe und Flut
7. Die Toten wollen wieder alleine sein
8. Weisser Abschaum
9. Die Masse
10. Fette Jahre
11. Kein Mensch
12. Odyssee
13. Solidarity

VÖ: 13.03.20
Format: CD / Vinyl / Digital
Label: Arising Empire
Vertrieb: Warner Music
Auf Tour im Norden: 27.12.2020 Gr. Freiheit 36, Hamburg

 

Rezensent: Gregor

--> Slime - „Hier und Jetzt“