Station 17: "Blick"
‚Blick‘ heißt das nunmehr zehnte Album der 1988 in Hamburg gegründeten, aus Musikern mit und ohne Behinderung bestehenden Band Station 17, das am 09.03.2018 veröffentlicht wurde. Das Bandprojekt wurde von Bewohnern der Wohngruppe 17 der Evangelischen Stiftung Alsterdorf gemeinsam mit professionellen Musikern gegründet, ursprünglich um im Rahmen eines Projektes nur ein Album aufzunehmen. Aus diesem vorgesehenen einen Album wurde schließlich doch viel mehr; 1991 erschien das Self-titled Album, 1993 folgte ‚Genau So‘, 1997 ‚Scheibe‘, 1999 ‚Bravo‘, 2001 ‚Hitparade – Remix Album‘, 2006 ‚Mikroprofessor‘, 2008 ‚Goldstein Variationen, 2011 Fieber, 2014 schließlich ‚Alles für Alle‘ Zur aktuellen Besetzung der Band gehören: Marc Huntenberg (Gesang, Bläser & Gitarre), Philip Riedel (Keyboards, Marimba & Perkussion) Sebastian Stuber (Keyboards & Vocoder), Alex Tsitsigias (Schlagzeug & Gesang), Felix 'Ernesto' Schnettler (Gesang, Gitarre & Perkussion), Hauke Röh (Bass), Nils Kempen (Gitarre & Synthesizer) Siyavash Gharibi (Gesang & Perkussion), Christian Fleck (Elektronik & Synthesizer) und Pariya Massoumi (Gesang).
Als Gäste wirkten zu diesem Alben mit: Andreas Dorau, Jean-Hervé Péron und Zappi Diermaier von ‚faUSt‘, Andreas Spechtl (‚Ja, Panik!‘), Pyrolator, Grosskopf Kranemann, Datashock, Günter Schickert und auch Ulrich Schnauss, mittlerweile Mitglied der deutsche Elektronikgruppe ‚Tangerine Dream‘. Um für die Aufnahmen von “Blick” die Unrast der Stadt und der modernen Welt abzuschütteln, entschieden sich ‚Station17‘, für drei Wochen ins ‚Watt’n Sound-Studio‘ an der Nordsee zu ziehen. In der Abgeschiedenheit des Küstenidylls befreite die Band ihren Sound vom eher poppigen Klang der letzten Platte, um sich ganz der freien Improvisation hinzugeben. Die Musik sollte gegenwärtig sein, nur im Augenblick existieren. Keine festgelegten Strukturen, keine vorher getexteten Lyrics – nicht einmal eine Grundtonart wurde vorgegeben.
Die Einstiegsnummer ‚Le Coeur Léger, Le Sentiment D’un Travail Bien Fait‘ erinnert stark an Tom Waits, wirkt vor allem durch die breite Basslinie antreibend, hintergründig, bluesig, jazzig, ein wirkliches klangliches Erlebnis. ‚Dinge‘ setzt geruhsam ein, baut langsam und gemächlich eine dichte Klangwand auf, die den Hörer umfängt und auf leichten Schwingen emporhebt. Die Lyriks sind interessant – um Nietzsche unrein zu zitieren: ‚Wenn man ein Ding lange genug anstarrt, starrt es dich an.‘ ‚Über der Stadt‘ ist von elektronischem Klang gekennzeichnet, dabei melodisch und nachgerade lieblich. ‚Schaust du‘ wird von biederen Schlagerrhythmen getragen, die Musik selbst klingt unirdisch, indes die Lyriks herrlich unkonventionell beinahe ein wenig an Helge Schneider erinnern und dabei einen satirischen Blick auf unsere mediale Unterhaltungswelt werfen. ‚Der Schimmelreiter rückwärts‘ wirkt geradezu verstörend, mit dezenten Trance-Einflüssen, dabei eingängigem Beat und einem wunderbar wirren Text, den man wieder und wieder hören möchte, nur um vielleicht doch einmal hinter den Sinn zu kommen.
‚Ein Knall‘ ist eine Nummer die für sich spricht – der Versuch sie zu beschreiben muss unweigerlich an ihrer Originalität und Eigenwilligkeit scheitern; man muss es hören, um es zu verstehen. ‚Zauberpudding‘ besteht aus Tönen, Klängen, die den Hörer direkt aus einer anderen Welt anzuwehen scheinen – vielleicht aus dem Pandämonium, vielleicht aus dem magischen Laboratorium eines wahnsinnigen Musik-Magiers. ‚Die Uhr spricht‘ klingt entspannt, dabei abgedreht und verschroben. So mag es tatsächlich klingen, wenn die Zeit selbst mit einem Male das Wort ergreift. ‚Sternenteleskop‘ ist der letzte Song des Albums, außer man war klug genug sich die limitierte Edition zu sichern – in diesem Falle kann man sich noch auf zwei weitere herrlich unkonventionelle Tracks freuen; es ist eine Nummer, die sich langsam aufbaut und den Hörer mit leichten Instrumentalklängen sanft umschmeichelt.
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