JUSTIN SULLIVAN: "Surrounded"
Wer New Model Army kennt ist bestens vertraut mit der Stimme des Frontmannes Justin Sullivan. Jener hatte vor 18 Jahren schon einmal ein Solo-Album veröffentlicht und am 09.04.2021 ging es in die zweite Runde. Die neue Scheibe nennt sich "Surrounded" und wurde in den ersten Wochen des Lockdowns 2020 geschrieben. Insgesamt 16 Songs hat Sullivan komponiert und jene mit brillanter Unterstützung mehrerer Kollegen, mitunter auch der aktuellen New Model Army Besetzung, aufgenommen.
Sullivan ist ein unglaublich guter Geschichtenerzähler bzw. Meister des narrativen Stils und weiß auch, wie man Geschichten musikalisch in große Klangwelten einbetten. Alleine ist es jedoch schwer diese Welten herzustellen und daher zog sich Sullivan als Unterstützung beispielsweise Jon Thorne von Lamb am Bass und Tom Moth von Florence and the Machine an der Harfe heran. Die einzelnen Songs hier zu besprechen würde den Rahmen sprengen, doch dankenswerter Weise hat Sullivan schon vorab den Song "Amundsen" veröffentlicht und dazu einen Einblick gegeben, welcher die Vorgehensweise des Künstlers auf dem Album schön darlegt.
Der Titel ist der Name von Roald Amundsen, welcher sich zu Beginn des 20ten Jahrhunderts ein Rennen um den Südpol mit Robert Scott lieferte. Diese Geschichte hat Sullivan in dem Song musikalisch aufgearbeitet und der Song klingt so weit und beeindruckend wie die Antarktis selbst. Auch die anderen Songs sind ähnlich tiefgründig und es ist ein wirklicher Genuss Sullivan in diesen massiv atmosphärischen Soundwelten zu lauschen. Die Geschichten die erzählt werden ziehen einen in ihren Bann und der Klang ist wirklich fesselnd. Sullivans Stimme ist so unglaublich beruhigend, selbst wenn der Text etwas beunruhigende Aspekte darlegt und auch der Sound eine gewisse Schwere mit sich bringt, wie beispielsweise in "Clean Horizon".
Irgendwo könnte man Sullivan auch als Barden bezeichnen, welcher mit seinen Liedern durch die Gefilde zieht und mit voller Emotion seine Geschichten erzählt.
Fazit: Dieses Album ist definitiv etwas für Genießer. Das perfekte Setting dafür ist wohl, wenn man sich die Vinyl-Version gönnt, sie auf den Plattenteller legt, eine Flasche Wein aufmacht, sich in einen großen Sessel zurücklehnt und Meister Sullivan zufrieden lauscht. Das Album ist sehr lang und bedarf einer gewissen Aufmerksamkeit, was es definitiv nicht zu "Radiomaterial" macht. Daher ist es auch sicherlich nichts für Jedermann, was die Scheibe aber auch irgendwo zum Unikat macht. Nach dem Hören dieses Albums habe ich mir das erste Soloalbum ebenso gegönnt und bin in Sullivans Welt richtig hineingekippt, was möglicherweise auch damit zu tun hat, dass ich großer New Model Army Fan bin. Alles in allem finde ich das Album wirklich gut gelungen und vergebe 7 von 10 Punkten. |