Von Gregor Eder
Revolverheld sind wohl eher für ihren eher zärtlichen Rock bekannt, doch vor Kurzem zeigte sich die Band mit einer genialen Aktion von einer ganz anderen Seite. Im Januar spielte die Band eine Clubtour, welche etwas mehr als nur eine Tour war, denn nur bei diesen Auftritten gab es die Möglichkeit das Album „R/H/1“ zu bekommen. Eine wirklich interessante Aktion und über genau jene durfte ich mit Sänger Johannes Strate etwas via Zoom plaudern.
Wie gewohnt startete ich, nach einer kleinen Vorstellungsrunde, mit der ersten Frage los: „Ihr habt ja nun das Album „R/H/1″ nur bei den Konzerten veröffentlicht. Warum seid ihr so vorgegangen?“
„Also diese Musik schlummerte schon immer in uns, könnte man sagen. Als wir angefangen haben, noch ohne großes Booking und Plattenvertrag, spielten wir in kleinen Clubs genau solch eine Musik wie auf dem Album. Nach einer Zeit kam dann ein großes Label dazu und ein Booking und auf dem ersten Album waren ja auch noch ein paar Nummern in die härtere Richtung enthalten. Danach wurde es eben etwas „baladesquer“, was völlig in Ordnung ist und die letzten Jahre waren natürlich auch super. Als wir uns aber jetzt 20 Jahre später von Sony getrennt haben, ein eigenes Label aufgemacht haben und selbstständig das in die Hand nahmen, dachten wir darüber nach, wie wir das Ganze nun angehen würden. Wir dachten uns, dass wir jetzt endlich diese eine laute Platte machen wollten, auf welcher wir einfach alles herausschreien. So haben wir ziemlich viele Songs geschrieben, was uns sehr einfach von der Hand ging und schlussendlich dann das Album durchgezogen.“ erklärte Johannes.
Foto: © Nordevents
Es war schön zu hören, dass die Band endlich einmal die Möglichkeit hatte dieses eine laute Album zu produzieren und dies auch noch direkt aus eigener Hand. Ich muss ehrlich sagen, dass ich diese Härte von der Band nicht erwartet hatte und wirklich begeistert war beim Hören. Nachdem das Album auch einige punkige Passagen liefert, stellte ich folgende Frage: „Nachdem das Album ja auch eine punkige Seite hat würde mich interessieren welche Punkbands für euch beziehungsweise dich prägend waren?“
Johannes antwortete direkt: „Also in den 90ern war ich eher bei Suicidal Tendencies und dann gab es Thump, die mich sehr begeistert haben. Der Sänger dieser Band hat mich sehr geprägt und ich bin noch bis heute mit ihm in Kontakt. Der Mann ist mitunter auch der beste Skater, den wir in Deutschland haben, sozusagen der deutsche Tony Hawk. Also der hat mich sehr geprägt, aber auch die Band Such A Surge, welche viel mit Gitarren, Rap und Geschrei gemacht haben. Dann kamen die verrückten Dog Eat Dog, aber schlussendlich auch Papa Roach, Limp Bizkit und Linkin Park. Diese Truppen hatten dann ja auch im Mainstream Erfolg und landeten so auch bei uns am Plattenteller. Also, als wir damals anfingen, lief bei uns in den klapprigen Autos, die wir damals fuhren, viel Limp Bizkit und Papa Roach.“
Ich war sehr verblüfft, dass die Band doch ihre Wurzeln im Punk und NuMetal sieht und fachsimpelte kurz mit Johannes über ein paar weitere Bands. Durch den Einfluss von NuMetal verstand ich auch etwas die elektronischen Elemente, die am Album enthalten sind, doch ein Element auf dem Album interessierte mich ganz speziell: „Hinsichtlich der elektronischen Elemente würde mich interessieren wie ihr den Bass in „So Kaputt“ aufgenommen habt. Der klingt wirklich unglaublich massiv.“
„Oh, also ich bin ja nicht der Bassist, aber es ist auf jeden Fall ein paar mal „gelayert“. Wir haben bei dieser Produktion einige Möglichkeiten ausprobiert und mitunter war hier auch REFUSED etwas der Einfluss. Die waren mitunter ja auch unter den Ersten, die in härtere Musik etwas Elektronik reingemacht haben. Also ja, da sind wir etwas nach diesem Vorbild vorgegangen.“ erklärte Johannes.
Ich kam noch einmal darauf zurück, dass Johannes meinte, dass der Songwriting-Prozess leicht von der Hand ging, da ja einiges schon in der Band selbst steckte und fragte: „Wie sah jetzt schlussendlich der Songwriting-Prozess aus? Du meintest ja, dass da einiges schon in euch steckte. Hat sich der Prozess sehr unterschieden von den vorherigen Alben?“
„Der Songwriting-Prozess eigentlich nicht wirklich. Es ist mehr so, dass Chris und ich Ideen haben und die ausarbeiten. Diesmal war es genauso, nur mit anderen Arten von Ideen. Meist schreibe ich eher mit akustischer Gitarre und Klavier, doch diesmal saß ich eben mit der E-Gitarre da und hab direkt den Fuzz hineingepackt. Damit habe ich dann die Riffs ausprobiert und auch Experimente gemacht. Beispielsweise habe ich ausprobiert, wie weit ich meine Gitarre runter stimmen kann und Ähnliches. Das Schreiben der Songs war diesmal also etwas mehr auf die Riffs fokussiert, aber ansonsten ist es oft so, dass man einen Satz hat und eine Melodie darum baut. Diesmal war es eben so, dass das Riff vorher stand und dann wurde darauf ein Satz geschrieben. Bei „Das mit uns wird nichts“ haben wir mit Digitalism aus Hamburg gearbeitet und da hatten wir eigentlich nur das Riff und den Refrain. Das reichte uns ja eigentlich schon als Aussage für den Song, denn in jenem geht es ja eigentlich um Kritik an der Gesellschaft. Es singt also jemand die Gesellschaft an und erklärt, dass das zwischen ihr und ihm nichts wird. Um dieses Grundkonzept konnte man dann die Strophen leicht bauen.“ meinte Johannes.
„Wir dachten uns, dass wir nun endlich diese eine laute Platte machen wollten, auf welcher wir einfach alles rausschreien.“
Johannes Strate (Revolverheld)
Nachdem wir das Thema Songwriting abgehakt hatten, ging ich noch einmal direkt auf die Clubtour ein und fragte: „Wie war dann eigentlich das Feedback bei den Gigs selbst rund um die Albumveröffentlichung?„
„Ja, das war natürlich etwas ganz Besonderes. Es ging ja erst einmal darum, den Leuten zu erklären, dass sie nun ein Ticket kaufen und sie mit diesem Ticket auch ein Album direkt vor Ort bekommen. Die Leute haben das total verstanden und auch abgefeiert. Sie gingen also zum Konzert, feierten die Songs ab und danach holten sie sich bei der speziellen Ausgabestelle mit ihrem Token, welcher zuvor ausgegeben wurde, einen Jutebeutel mit Vinyl, CD und Download-Link. Das hat einfach super geklappt. Es gab kaum jemanden, der sich das Packet nicht abgeholt hat. Also wenn wir so an einem Abend 2000 Leute hatten, dann kam es maximal vor, dass 2–3 Personen ihr Packet nicht abgeholt haben, weil sie schon zu betrunken waren. Schlussendlich waren aber alle Alben weg.“ antwortete Johannes.
Ein wirklich bewundernswertes Projekt, welches die Truppe da auf die Füße gestellt hat. Da Johannes ja für seine brillante Stimme bekannt ist und das neue Album doch gewaltig „harsche“ Vocals liefert, fragte ich: „Auf dem Album singst du ja sehr hart. Was sind generelle Effekt, welche du gerne beim Aufnehmen nutzt?„
„Also bei diesem Album haben wir beispielsweise bei dem Refrain die Spuren gedoppelt, wenn nicht getrippelt, was fast schon untertrieben ist. Meist gibt es eine „Clean-Spur“ und dann wurden mehrere Spuren darüber geschrien, oder auch eine Oktave darunter geflüstert. Also ich möchte nicht übertreiben, aber es gibt auf dem Album sicher Refrains bei denen 10 oder mehr Vocal-Layer vorhanden sind. Natürlich muss man das von den Frequenzen gut ausarbeiten, aber das war auf jeden Fall mehr Arbeit als bei den gewohnten Produktionen. Meist singe ich ja nur eine klare Stimme ein mit etwas Harmonien, aber wenn da ein gewaltiger Bass und tiefer gestimmte Gitarren drüberfahren muss man etwas mehr dagegen halten.“ meinte Johannes
Nachdem Johannes und ich anscheinend beide eine große Vorliebe für Technik und musikalisches Equipment haben, plauderten wir noch etwas über unsere bevorzugten Mikrophone uns Instrumente, bis unsere Interviewzeit leider vorüber war.
Es war wirklich ein feines Gespräch mit Johannes und ich möchte mich auf diesem Wege nochmals bei ihm dafür bedanken. Das Interview hat meinen Blick auf Revolverheld wirklich stark verändert und ich bin schon sehr gespannt, was in Zukunft noch von der Band kommen mag.
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