Von Gregor Eder
Herman ze German, wie Herman Rarebell in England getauft wurde, ist simpel als Schlagzeuger-Legende zu bezeichnen. Der Ex-Scorpions Drummer und Songwriter war seit seinem Ausstieg aus der Band nicht untätig, hat sich mit vielen verschiedenen Musikern zusammengetan und schlussendlich einige feine Scheiben veröffentlicht.
Am 11.04.2025 war es wieder einmal so weit und so veröffentlichte Herman das Album „What About Love“. Als wäre ein Album nicht genug, hat er am selben Tag auch noch ein gleichnamiges Buch veröffentlicht, in welchem er von seinen wilden Zeiten mit den Scorpions berichtet, aber auch einen Einblick in die damalige politische Lage gibt.
Dankenswerterweise durfte ich mich mit dem „Vollblut-Drummer“ via Zoom treffen, um über die Entstehung des Albums und das Buch zu plaudern. Kaum hatte das Zoom-Meeting begonnen, fiel Herman mein E-Schlagzeug hinter mir ins Auge und so folgte direkt eine kleine Fachsimpelei, sowie eine Vorstellung meinerseits. Nachdem wir meinen musikalischen Background geklärt hatten, schoss ich wie gewohnt mit der ersten Frage los: „Wie ist es eigentlich zu dem neuen Album „What About Love“ gekommen?“
„Das kann ich dir ganz genau sagen. Also ich war immer schon ein riesiger Fan des Songs „What about Love“ von Heart und als ich jenen seit langem einmal wieder gehört habe, hatte ich die Idee, dass das im Song enthaltene Thema eigentlich das Perfekte für die aktuelle Zeit ist. Wenn wir um uns herumschauen, dann sieht man so viel Hass und man fragt sich, was eigentlich mit der Liebe passiert ist. „Wo soll das hinführen?“ habe ich mir gedacht und mir vorgenommen, die Menschen wieder etwas an die Liebe zu erinnern. Jedenfalls habe ich dann meinen Co-Produzenten Michael Voss angerufen und der hat dann alle Musiker zusammengetrommelt. Es waren alle begeistert von der Idee und haben direkt zugestimmt, mitzumachen. Als die Band dann zusammenkam, hörte ich zum ersten Mal die Stimme von Vanessa und sie hat mich so beeindruckt, dass ich sie, neben den geplanten Backing-Vocals, auch Solo singen habe lassen. Das hat sie wirklich super gemacht! Mir steht jetzt noch die Gänsehaut.“ erklärte Herman.
Bei den tausenden Kontakten, die Herman hat, war ich nicht gerade verwundert, dass sich die Band schnell zusammengefunden hat. Auf der Platte hört man hauptsächlich Musik aus den 80ern und daher lautete meine folgende Frage: „Wie bist du eigentlich zu den Songs gekommen? Schon klar, dass jene aus der Zeit stammen, in der du selbst Hits gelandet hast, aber warum wurden genau diese Tracks gewählt?“
Herman meinte direkt: „Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich mir aus den 80er Jahren so nehmen kann und viele Songs aus dieser Zeit wieder durchgehört. Die 12 gewählten Songs sind auf jeden Fall hängen geblieben. Als Schlagzeuger musste ich natürlich auch einen Drum-Song nehmen und der Berühmteste aus dieser Zeit ist natürlich „In the air tonight“. Ich werde nie vergessen, wie ich den Song das erste Mal gehört habe und plötzlich dieser Übergang kam. Mir war klar, dass ich diesen Song nehmen und auch ein bisschen härter machen musste, da ich ja, wie du weißt, eher ein „Heavy-Drummer“ bin. Ich finde, der Song ist mir gut gelungen. Wir haben ja auch früher oft Festivals mit Foreigner gespielt und da lag es auf der Hand auch von dieser Band einen Track zu nehmen. Die Lieder für die Damen kommen sozusagen am Schluss sowie zum Beispiel „These Dreams“. Bei meinen zwei Scorpions-Stücken hat sich auch etwas geändert, denn bei „Passion Rules The Game“ gibt es jetzt ein neues Solo und auch 2 Sänger, die miteinander im „Call and Answer“-System singen. Auf die beiden neuen Versionen bin ich auch sehr stolz!“

Fotocredit: Norbert Ivanek
Das kann Herman auch sein, denn die beiden Songs klingen wirklich schon fast besser als die Originalversionen. Ich plauderte kurz mit Herman über die 80er Jahre und ihm meine Bewunderung hinsichtlich seines Schaffens aus. Daraufhin meinte er: „Ja, ich habe sehr viel gemacht in meinem Leben. Normalerweise müsste man sich ja mit 75 nun langsam zur Ruhe setzen, aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich sonst machen sollte. Da spiele ich lieber Musik, bis ich tot umfalle. Also man kann schon davon ausgehen, dass ich demnächst auch noch auf Tour gehe. Mitunter habe ich auch noch eine Verpflichtung mit Michael Schenker bezüglich einer Tour. Wir haben gemeinsam eine Akustik-Platte aufgenommen und in diesem Rahmen hat er mich gleich dazu verpflichtet, mit den Songs auch auf eine Tour zu gehen. So etwas ist aber für uns ganz normal, da wir uns ja schon über 50 Jahre und wenn wir miteinander spielen, dann ist das schon fast wie Telepathie.“
Man darf sich also darauf freuen, dass Herman noch nicht plant, sich von der Bühne zurückzuziehen. Das Thema „Telepathie zwischen Musikern“ ist mir schon bei einigen Interviews untergekommen und ich selbst hatte schon Erfahrungen mit Kollegen, welche man als telepathisch bezeichnen kann. Nachdem Herman schon etwas über seine Kollegen gesprochen hatte, interessierte mich folgendes: „Du hast ja mitunter auch das Projekt Drum Legends mitbegründet. Wird es von dieser Seite nochmal etwas zu hören geben?“
„Ja, also das Projekt war eine wunderbare Sache. 2019 haben wir uns zusammengefunden und die Band gegründet, sowie eine Show gemeinsam im Brighton Dom gespielt. Die Drummer waren natürlich ich und meine Freunde Ginger Baker und Pete York. Nachdem wir den Gig damals gemacht haben, ist keine 3 Monate später Ginger verstorben und somit war Drum Legends vorbei. Es hatte keinen Sinn dann noch weiterzumachen, wenn ein derartiger Star nicht mehr in der Band ist.“ erklärte Herman.
Schade zu hören, dass von Drum Legends nichts mehr kommen wird, doch auch verständlich, dass man einen Ginger Baker nicht einfach ersetzen kann. Zum Abschluss des Interviews schoss ich Herman noch eine meiner Lieblingsfragen entgegen: „Hast du irgendeinen Ratschlag für junge Drummer?“
„Ja! Es ist das alte Geheimnis, dass du sicherlich selbst kennst: Übung macht den Meister. Ich kann mich gut erinnern, wie ich mit 14 oder 15 Jahren täglich fast 10 Stunden gespielt habe, bis mir fast die Hände abgefallen sind. Die anderen hatten damals schon Freundinnen und konnten denen zumindest eine Cola ausgeben, doch ich musste 20 Mark im Monat hinlegen, um mein Schlagzeug abzubezahlen. Da war damals nicht sehr viel dabei, eine Snare, Hi-Hat, Bass-Drum und ein Becken. Stück für Stück konnte ich mir dann die erste Tom und eine Stand-Tom kaufen. So kam dann langsam mein Set zustande und das Ganze nahm seinen Lauf.“ meinte Herman.
Nachdem mich Herman zu seiner Buchvorstellung in Wien eingeladen hatte, fand ich mich am 17.04.2024 freudig vor Ort ein und hatte so die Möglichkeit, ihm auch einmal persönlich die Hand zu schütteln.
„Es ist das alte Geheimnis, dass du sicherlich selbst kennst: Übung macht den Meister.“
Herman Rarebell
Bei der Vorstellung lauschten ihm einige eingesessene Fans, während er darüber berichtete, wie er zu den Scorpions kam, welche Rolle Michael Schenker dabei hatte, aber auch über seine Erfahrungen mit der Liebe. Natürlich kam er auch auf die Konzerte in Russland, sein Treffen mit Mikhail Gorbatschow und seine Freundschaft mit Ginger Baker zu sprechen.
Es war ein wirklicher Genuss Herman zu lauschen und zu sehen, wie er sich mit dem aktuellen Album und dem Buch dafür einsetzt, dass die Liebe in der heutigen Welt nicht zu kurz kommt. Nachdem die Meute an Fans sich das Buch und teilweise auch Scorpions-Platten signieren ließen, durfte ich auch noch schnell ein Foto mit Herman machen. An unserem Grinsen im Titelbild lässt sich erkennen, welchen Spaß wir hatten.
Nachdem Herman erfahren hatte, dass Michael Schenker an diesem Abend in der Nähe ein Konzert spielte, machte er sich auf dem Weg zu ihm und ich mich auf den Heimweg. Abschließend kann ich mich nur noch einmal bei Herman für die Einladung bedanken und euch das Album und das Buch wärmstens ans Herz legen. Die Review zum Album findet ihr –> hier.
1 Gedanke zu „INTERVIEW MIT HERMAN RAREBELL“
Kommentare sind geschlossen.