Interview mit Marrok von Anomalie

Von Gregor Eder

Ihr wisst, dass ich ein großer Fan der düsteren und harten Musik bin. Als Anomalie ihr neues Album ankündigten freute ich mich wie ein kleines Kind und umso mehr Grund zur Freude gab es, als ich die Möglichkeit bekam mich mit Mastermind Christian „Marrok“ Brauch auf ein Interview via Skype zusammen zu setzen. Die neue Scheibe nennt sich „Tranceformation“ und genau jene sollte das Thema unseres Gesprächs sein.

Marrok und ich trafen uns am Abend via Skype und wie gewohnt schoss ich nach einer kleinen Begrüßung direkt mit der ersten Frage los: „Tranceformation“ ist schon ziemlich biestig geworden! Wie sind die neuen Tracks entstanden, bzw. wie bist du diesmal ans Songwriting herangegangen?“

„Also nach der letzten EP zog sich die Sache überraschend lang. Ich war doch eher von mir gewohnt, dass ich einen relativ konstanten Output habe, welcher brauchbar ist. Daran ist es diesmal etwas gescheitert. Es waren schon einige Ideen da, doch der Ausgangspunkt war dann doch ein etwas anderer als bisher. Ich war bei den vorherigen Releases am Ende von den Studioaufnahmen immer sehr „on Track“, wenn es darum ging wohin es weiter gehen sollte, weil irgendwo klar war wo man etwas besser machen könnte oder was man noch machen könnte. Vom zweiten Album bis zur letzten Veröffentlichung war der Ablauf für mich sehr logisch und diesmal war es etwas anders. Ich brauchte etwas Zeit um herauszufinden woran es eigentlich lag, dass ich mit nichts wirklich zufrieden war was mir einfiel. Im Endeffekt lag es daran, dass ich mit dem Ergebnis der letzten Release sehr zufrieden war und es nicht mehr darum ging etwas konkret zu verbessern, sondern einen Schritt in eine andere Richtung zu gehen. Es waren einfach viel zu viele Möglichkeiten da, da mir keiner sagt wie etwas zu klingen hat und mich hätten viele verschieden Einflüsse interessiert. Dann habe ich ewig herumprobiert was genauer passen könnte. Es hat über ein Jahr gedauert bis ich aufgehört habe darüber nachzudenken und dann ist es irgendwie wie von alleine gegangen. Ab dann ist das Ganze ziemlich schnell passiert. Das Instrumentale war in guten 3 Monaten fertig und hat sich einfach logisch angefühlt. Irgendwo hat mir der Knopf aufgehen müssen.“ erklärte Marrok

Diese Erklärung zeigt schön wie wichtig es für einen Musiker ist, dass das eigene Werk mit den eigenen Ansichten und Emotionen übereinstimmt. Darauf ging ich noch etwas näher ein und fragte: „Also kann man sagen, das beim „Werden“ des neuen Albums eine Art kathartischer Prozess stattfand?“

„Ja! Also ich war die Situation einfach nicht gewohnt, dass ich bei dem was ich gemacht habe qualitätstechnisch im Vergleich zu Vorherigem vergleichbar gut war. Das war mir zu wenig. Wenn ich etwas neues mache, dann sollte das für mein eigenes Empfinden ein Schritt vorwärts sein. Es ist immer eine schwere Sache für einen selbst zu sagen, wie definiert man „besser“ oder „geiler“. Es ist eine sehr persönliche Ansicht und ein etwas undefinierbares Gefühl irgendwo. In so einer Art von Musik geht es mehr um Bauchgefühl. Eine Tech-Death-Band kann beispielsweise beim nächsten Album technisch einfach besser spielen und so ist es dann per Definition simpel geiler. Das lässt sich auf der Gefühlsebene nicht so einfach sagen. Dadurch, dass meine Ideen sich längere Zeit nicht so bewegt haben wie ich das eigentlich gerne hätte, hat es einfach etwas länger gedauert.“ fügte Marrok hinzu.

Nachdem wir die Herangehensweise hinsichtlich des Songwritings bei diesem Album ausreichend besprochen hatten schoss ich eine etwas simplere Frage nach: „Wie sieht das eigentlich bei dir aus. Kommen bei dir zuerst die Texte und dann die Musik oder umgekehrt?“

 

 

„Immer zuerst die Instrumentals. Ich nehme mir immer vor, dass ich mit den Texten zumindest ein paar Wochen vor dem Studio wirklich fertig werde. Diesmal habe ich es knapper als sonst nicht geschafft. Oft ist es die letzte Zeile eines Textes die bis zu 3 Monate braucht, weil ich einfach mit Nichts zufrieden bin oder auch die Phrasierung nicht ganz passt. Meist habe ich vorab eine Idee wie es von der Rhythmik, oder auch diesmal mit mehr „Clean Vocals“, von der Melodik her klingen soll. Mehr singen als schreien bedeutet einfach, dass man wesentlich mehr an die Melodie denken muss und man kann sagen, dass man das Ganze schon als eigene Instrumentalspur konzipieren muss. Da musste ich etwas dazulernen wie man so etwas macht. Ich habe meist tonal und rhythmisch schon eine klare Vorstellung und dann kommt irgendwann schon eine Idee oder ein grober Inhalt dazu, aber wenn ich mich dann wirklich heran setze an das Ganze, dann muss jede Silbe genau darauf passen was ich melodisch und rhythmisch schon im Kopf habe. Das braucht meist eine Zeit bis es wirklich passt, aber ich brauche gefühlt meist 4 mal länger für die Texte als für das Instrumentale.“ erklärte Marrok.


Fotocredit Anne C. Swallow

Da konnte ich Marrok nur beipflichten, da es mir nicht anders beim Schreiben von Texten geht. Um noch etwas auf die Songs einzugehen erklärte ich ihm, dass ich die Intensitätswechsel zwischen Clean-Vocals und Distorted-Vocals, sowie Blast-Beats und ruhiger Atmosphäre wirklich sehr interessant und gut finde, worauf er direkt einhakte: „Ja, die Blast-Beats sind sehr bewusst gesetzt um einen maximalen Effekt zu erzielen. Jedes Element für sich kann sehr stark wirken, wenn man den richtigen Platz dafür findet. Ein Album das einfach nur „durchholzt“ wird irgendwann auch flach. Ich glaube aber auch, dass mit der Zeit und mit dem Alter es auch einfach besser funktioniert, dass alles homogener zusammenpasst. Ab einem gewissen Punkt denkt man nicht mehr zu viel nach und wenn es sich richtig anfühlt, dann passt das schon. Aber cool, dass die Wirkung bei dir direkt so angekommen ist, denn das Album ist wie ich es mir erwartet habe ein Album, welches nicht direkt bei jedem durch zündet. Einerseits weil sich viele etwas Anderes erwarten und dann etwas überfahren sind von dem was da alles passiert und andererseits weil das Album nichts ist, was man einfach so auf die Schnelle hört. Das ist auch bewusst so gedacht.“

Somit seit vorgewarnt, dass „Tranceformation“ nicht nur ein wirklich gelungenes, sondern auch anspruchsvolles Album ist! Marrok und ich plauderten bis zum Ende unserer Interviewzeit noch etwas über die aktuelle Lage hinsichtlich Konzerten und Corona, bis wir uns gegenseitig noch einen erfolgreichen Abend wünschten.

Danke an Marrok für dieses feine Interview und den Einblick in sein Schaffen! An euch da draußen richte ich natürlich auch das Wort und lege euch Anomalie`s „Tranceformation“ ans Herz! →Hier könnt ihr schon einmal lesen, was ich von dem Werk halte.