Interview mit Natalie Bergman

Von Gregor Eder

Dankenswerter Weise durfte ich ein Interview mit der unvergleichlichen Sängerin und Komponistin Natalie Bergman führen, welche am 07.05.2021 ihr Debütalbum "Mercy" veröffentlicht.
So fanden wir uns am Abend bzw. in der Früh zu einem kleinen Interview ein. Natalie hatte den Tag frisch mit ein paar Interviews begonnen, während ich in einer anderen Zeitzone gerade den Abend genoss. Nachdem wir uns gegenseitig einen guten Abend bzw. Morgen wünschten und ich mich vorgestellt hatte schoss ich direkt mit der ersten Frage los: "Wie war deine Zeit im Kloster?"
Natalie antwortete prompt: "Das ist eine gute erste Frage. Ich habe ein Kloster in der Wüste gefunden. Also flog ich von Kalifornien nach New Mexico und dort gab es dieses wundervolle Kloster. Ich weiß nicht ob du Georgia O`Keeffe kennst, aber sie war eine phänomenale Künstlerin die viel Zeit in der Wüste verbrachte. Es ist dort einfach ein besonderer, wundervoller Ort für Reflexion und Kreation und ich war dort schon öfters. Als ich dann das Kloster dort fand dachte ich mir, dass dies ein guter Platz wäre um zu reflektieren und um zu beten. Ich verbrachte über eine Woche dort und ich war dort in konstanter Stille. Das war eine große Herausforderung für mich. Hast du jemals Zeit in derartiger Stille verbracht?"

Ich war es zwar nicht gewohnt als Interviewer Fragen gestellt zu bekommen, doch ich antwortete wie aus der Pistole geschossen: "Ja, ich habe Erfahrung mit Zeit in der Stille und durch mein Psychologiestudium kenne ich auch gewisse therapeutische Methoden, die Stille nutzen. Und gerade in einer Zeit der Stille habe ich das Album von dir bekommen und als ich es hörte, haben mich so viele Emotionen überkommen. Ich bin eher der Metalhead und es passiert selten, dass mich Musik so berührt wie dieses Album von dir. Ich konnte dem Ganzen emotional sehr viel abgewinnen."

Natalie meinte direkt: " Das ist so wundervoll! Danke das du das mit mir teilst. Diese Worte bestärken mich und geben mir das Gefühl, dass ich das Richtige tue. Wenn ich zu anderen Menschen durchkomme und ihr Herz berühren kann, dann habe ich das geschafft, was ich wollte. Das ist die Macht der Musik. Ich denke gerade darüber nach, dass ich während des Schreibens so in einem solch persönlichen Prozess war, dass ich nicht darüber nachgedacht habe wie meine Message Menschen berühren würde. Ich ging durch den Prozess und am Ende dachte ich nach, wie es auf Menschen wirken würde. Würde es überhaupt jemand mögen oder verstehen? Aber ich lerne gerade, dass es Menschen in einer wunderschönen Art berührt und es berührt Menschen weil wir alle schon Verlusterfahrungen hinter uns haben. Wir haben alle Dinge verloren die wir Leben und ich glaube die Songs haben mir erlaubt zu sehen, dass meine Musik auf eine andere Art und Weise wirkt als je zuvor und dafür bin ich dankbar."

Ich erklärte Natalie, dass ich dankbar für das Album bin, da es mich wirklich bewegt hatte und nachdem ich noch etwas näher ausführte warum, kam ich zur nächsten Frage: "Im Presseschreiben zum Album wurde erwähnt, dass du eine Verbindung zwischen Gospel und Rock`n`Roll siehst. Darauf wollte ich genauer eingehen und einmal hören was du damit genau meinst."

Natalie erklärte: "Also Gospel begann ja in der Kirche. Kirchen sind immer eine Gesellschaft von Menschen und wenn du Menschen zusammenbringst um miteinander zu singen, dann hast du meine Interpretation von Rock`n`Roll. Als ich aufwuchs gab es den Chor und die Leute in der Kirche und die Dynamik zwischen Beiden zeigte mir was Musik war. Ich habe sozusagen in der Kirche die Musik kennengelernt, als ich dort zu singen begann. Die Kirche ist irgendwie wie eine große Band und dann dachte ich, wie ich diese Musik auf mein Leben umlegen könne bzw. meine eigene Band starten könnte. Du weißt, Konzerte sind ja im Grunde wie das gemeinsame Singen in der Kirche. Du hast den Chor, also die Musiker und dann die Crowd bzw. die Anwesenden, die mit dir singen.

 


 

Ich habe nie so genau darüber nachgedacht wie jetzt, aber im Grunde sind Konzerte ja auch etwas wie ein Kirchenbesuch. Im Großen und Ganzen stehe ich dazu, dass Gospel die Quelle des Rock`n`Roll ist. Was meine Songs betrifft bin ich mir nicht sicher, ob man jene als Gospel bezeichnen kann, aber ich glaube es ist von dem Genre inspiriert.

Pressefoto Natalie Bergman

Ich habe einfach meinen eigenen Pfad gefunden. Ich glaube meine Musik klingt nicht wie die Anderer. Ich habe nicht so viele Personen getroffen, die auf meine Art und Weise mit solch spirituellen Themen umgehen. Ich bin beispielsweise kein großer Fan von Christian-Rock. Ich habe einfach etwas gemacht, was sich für mich wahr angefühlt hat. Ich würde mich nicht als experimentell bezeichnen, aber ich probiere gerne Sachen aus die mir meine "Sound-Palette" bietet."

Auf diese interessante Interpretation von Rock`n`Roll erzählte ich Natalie, dass es in europäischen Kirchen meist sehr ruhig zugeht und ich bei einem Gospelkonzert einmal miterleben durfte, wie überfordert die ansässigen Kirchengänger mit dem kalifornischen Gospelchor waren, da sie eben derartig dynamische Messen nicht kannten.
Natalie musste bei der Erzählung lachen und meinte: "Wir müssen uns ja in irgendeiner Art mit der Crowd verbinden wenn wir auf der Bühne sind. Wenn ich mit Wild Bell spiele ist es bis heute noch so, dass ich sehr heftige Bühnenangst habe. Ich werde so enorm nervös und es fühlt sich wie eine halbe Kamikaze-Aktion an, aber ich weiß bis heute nicht warum. Die Nervosität hält meistens bis ich den ersten Song performt habe und dann bin ich voll bei der Sache und die Angst löst sich. Es ist zwar nervig, aber irgendwie transformiert sich all diese ängstliche Energie in eine Positive, sobald der erste Song vorüber ist. Diese Transformation ist irgendwo notwendig um mit der Crowd in Verbindung zu treten und das ist ja auch irgendwo unsere Verantwortung als Künstler. Meistens klappt es, doch manchmal springt der Funke einfach nicht über. Mein Bruder Elliot hat einmal zu mir gesagt, dass wir einerseits ein Geschenk in uns tragen, da wir begabte Musiker sind, jedoch haben wir auch die Verantwortung die Crowd mit positiver Energie aufzufüllen. Nachdem er das, nach einem Konzert wo der Funke bei mir nicht übersprang, zu mir sagte, hat sich meine Wahrnehmung des Ganzen verändert und meine Einstellung gegenüber Live-Auftritten. Ich freue mich schon die neuen Songs live zu spielen."

Beim vorletzten Satz musste ich wiederum lachen, da meine Schwester und ich auch in einer Band gemeinsam spielen und ich ähnliches schon einmal zu ihr gesagt hatte. Natalie und ich plauderten noch etwas über unsere Bühnenerfahrung und wie die Verbindung mit der Crowd, speziell bei der Darlegung persönlicher Ansichten funktioniert bis schlussendlich unsere Interviewzeit vorüber war. An dieser Stelle sei nochmal ein großes Dankeschön an Natalie für das sehr persönliche Interview ausgesprochen und euch da draußen ihr Debütalbum "Mercy" (unsere --> Rezension) empfohlen. Wenn ihr authentische spirituelle Musik, welche selbst einem Metaller gefällt hören wollt, dann seit ihr bei Natalie Bergman an der richtigen Adresse!