Interview mit Casey Nealon von Fiddlehead

Von Gregor Eder

Die aus Boston stammende Band Fiddlehead, welche man schon fast als Supergroup bezeichnen könnte, hat am 21.05. ihr zweites Studioalbum namens „Between the Richness“ veröffentlicht. Im Rahmen der Release durfte ich mich mit dem Basissten Casey Nealon zu einem Interview via Zoom zusammensetzten.

Nachdem wir uns gegenseitig etwas vorgestellt hatten schoss ich unverblümt mit der ersten Frage los: „Was ist von 2014 bis jetzt passiert? Wie würdest du den Fortschritt und die Veränderung in der Band im Generellen beschreiben?

Casey antwortete etwas zögerlich: „Ich bin ja um ca. 2016 herum in die Band eingestiegen und ich hatte die Aufgabe den „Ursprungs-Bassisten“ zu ersetzten. Dieser hat sozusagen das Fundament für mein Bassspiel gelegt und da er weniger Zeit für die Band hatte als ich, konnte ich dann wesentlich fokussiert und ambitionierter mit der Band arbeiten. Beim ersten Release half ich etwas beim Songwriting mit und bei der nächsten konnte ich dann schon etwas mehr zum Ganzen beitragen. Ich würde sagen, dass eben die größte Veränderung darin besteht, dass ich im Songwriting wesentlich mehr beitragen konnte. Andererseits hat sich auch das Verständnis bezüglich der Band selbst verändert. Ursprünglich war die Band ja eher als Studioprojekt gedacht und als wir die ersten Konzerte spielten hielt sich das Feedback in Grenzen. Als wir das erste Mal in Kalifornien spielten sahen wir dann die ersten stärkeren Reaktionen in der Crowd und von dem Punkt an änderte sich unsere eigene Wahrnehmung der Band. Im Generellen spielen wir unsere Musik weil wir es wollen und nicht aus irgendwelchen kommerziellen Gründen. Aber um auf die Frage zurückzukommen würde ich sagen, dass eben die zwei größten Veränderungen in der Selbstwahrnehmung der Band und im Songwriting stattgefunden haben.“

Die Ungewissheit, ob die eigene Musik da draußen gut ankommt, kennt wohl jeder Musiker. Umso schöner ist es, wenn dann positives Feedback kommt und dadurch entstehende Energie die Band weiter antreibt. Meine nächste Frage fokussierte sich etwas stärker auf die Lyrics der Songs: „Euer Sänger verarbeitet ja sehr viel Biographisches und Emotionales in den Texten und so hat sich mir die Frage gestellt wie eigentlich der Rest der Band damit umgeht, wenn es um solch persönliche Themen geht. Wie kommt das Ganze sozusagen zusammen bzw. wie stellt die Instrumentalsektion ihren Bezug zu den Texten her?“

Etwas nachdenklich antwortete Casey: „Hmmm. Also ich glaube, dass wir alle uns einig waren, dass der Sänger auch die Lyrics schreiben sollte. Das war auch bisher in jeder Band in der ich gespielt habe so. Ich selbst fokussiere mich mehr auf die Musik selbst, da unser Sänger die Texte eher während die Songs instrumental komponiert werden schreibt, wenn nicht im Nachhinein. Meist wissen wir gar nicht wie die Texte aussehen bis wir sie im Studio hören. Wir haben oft fertige Song-Ideen, an denen wir zu arbeiten beginnen. Alle miteinander erstellen wir dann das Konzept und das Arrangement. Der Song „Eternally You“ von diesem Album ist ein gutes Beispiel um den Prozess zu erklären. Ich habe hier die Gitarrenparts bis zum „Clean-Part“ geschrieben und wir hatten den ruhigen Part nicht geplant. Im Songwriting-Prozess kam die Band dann auf die Idee, dass ein harter Wechsel hier sehr cool wäre und dann haben wir daran gearbeitet, bis wir mit dem Wechsel zufrieden waren. Man kann also sagen, dass hinter jedem Song ein eigener „Konzeptualisierungsprozess“ steckt. Persönlich habe ich jetzt keine riesige Verbindung mit den sehr persönlichen Texten, aber mit gewissen Aspekten kann ich mich gut identifizieren. Ich glaube aber auch, dass sich keiner in der Band ausgeschlossen fühlt, weil die eigenen persönlichen Ansichten nicht in die Texte miteinbezogen werden.


 

Auf den letzten Satz reagierte ich direkt und erklärte, dass es mir bei der Frage speziell darum ging, wie Lyrics und Musik zusammenkommen, da das Gesamtpaket sehr stimmig klingt und auch die Emotionalität der Lyrics sich stark in der Musik widerspiegelt.

Fotocredit: Mitch-Wojcik

Casey legte nach: „Wenn wir im Songwriting-Prozess sind kommt es hier und da vor, dass Patrick zu gewissen Passagen meint, dass die Musik hier nicht unbedingt mit dem Text zusammen passt. Das ist für uns immer etwas komisch, da wir ja nicht wissen wie der Text in seinem Kopf aussieht, doch in diesem Punkt vertrauen wir ihm einfach. Er schreibt hauptsächlich während die Instrumentalsektion komponiert die Texte und das könnte der Grund sein, warum im Endeffekt alles wie Puzzle-Teile zusammenpasst. Vom Prozess her sind also Instrumentalkomposition und das Schreiben der Texte etwas separat und die einzelnen Bandmitglieder haben auch ihre unterschiedlichen Perspektiven, aber schlussendlich finden wir immer einen gemeinsamen Nenner.

Hier sieht man wie divers die heutige Musikproduktion ablaufen kann. Nachdem ich Casey mit solch tiefgehenden Fragen bombardiert hatte, schoss ich zum Abschluss eine etwas leichtere Frage nach: "Kommen wir zum Abschluss zu einer eher simplen Frage. Wie sah die Produktion des neuen Albums denn genauer aus? Wie war die Situation im Studio und hat euch die Pandemie in irgendeiner Art das Vorgehen erschwert?
Also nach dem letzten Album hatten wir eigentlich gar nicht geplant noch eine Scheibe zu produzieren. Bei Proben hatten wir dann einige Ideen und setzten das Songwriting fort, ohne den Gedanken ein Album produzieren zu müssen. Jede Probe kamen dann neue Songs dazu und 2019 hatten wir dann genug für eine neue Release. Im Januar 2020 gingen wir dann ins Studio und eigentlich wollten wir das Album auch in dem Jahr veröffentlichen, doch dann kam die Pandemie. Durch die Krise fühlte es sich irgendwie nicht richtig an etwas zu veröffentlichen und so warteten wir bis jetzt. Was die Studiosituation angeht fand wir uns selbst zum ersten Mal in einem recht großen Studio, wo wir einige Freiheiten hatten. Beispielsweise gab es vor Ort ein Mellotron, welches ich für das Album nutzen konnte. Im Endeffekt haben wir das Album binnen 10 Tagen aufgenommen.“ meinte Casey.

Binnen 10 Tagen ein Album aufzunehmen ist schon eine reife Leistung! Casey und ich plauderten noch etwas über das Mellotron und wie viel Spaß man damit haben kann, bis unsere Interviewzeit vorüber war. Durch das Interview mit Casey habe ich einen guten Einblick in die Arbeit von Fiddlehead bekommen und möchte mich nochmal bei Ihm dafür bedanken. Es war ein wirklich entspanntes Gespräch und vor Allem war es sehr interessant zu hören, wie das neue Album „Between the Richness“ zu Stande kam.
Wenn ihr wissen wollt was ich direkt von dem Album halte könnt ihr euch noch meine --> Rezension dazu gönnen.