Interview mit Jan Hofmann von Long Distance Calling Von Gregor Eder Im Rahmen der am 26.08.2022 anstehenden Release des nun achten Studioalbums der Band Long Distance Calling durfte ich mich mit Jan Hoffmann (Bass) zu einem Interview via Zoom treffen. Nach einer kurzen Einleitung gingen wir beide direkt ans Eingemachte. Da es sich bei dem neuen Album „Eraser“ um ein Konzeptalbum handelt, lautete meine erste Frage: „Wie seit ihr auf die Idee gekommen ein Konzeptalbum dieser Art zu kreieren?“ Jan antwortete direkt: “Also unser Drummer Janosch hat eine Dokumentation über den Grönlandhai gesehen und so fing das Ganze an. Er hat mich direkt darauf angerufen und dann war die Idee geboren ein Konzept zu sammeln, bei welchem es um Artensterben geht. Dann haben wir eine Liste gemacht, auch in Zusammenarbeit mit Greenpeace. Wir haben uns im Vorfeld gut informiert, die Liste gemacht und dann auch sofort angefangen. Also der Ursprung war eine Doku.“ Ich schmunzelte etwas, da es immer wieder interessant ist, aus welch simplen Momenten Großes entstehen kann. Man merkt durch die Intensität der Songs, die Ernsthaftigkeit des Themas und mit dem Mediabook, welches ich dankenswerter Weise vorab bekommen hatte, wird auch bildlich gezeigt, ernst die Lage ist. Zum Ende des Albums wird die Rolle des Menschen als kritischer Wendepunkte vorgetragen, was ich persönlich sehr gelungen finde. Dies teilte ich Jan mit, woraufhin jener meinte: „Auf der Platte sind viele Details versteckt. Zum Beispiel beim Mensch, also der letzte Song am Album, dass ist ja der Titel-Track „Eraser“. Der ist ja im Prinzip zweigeteilt. Die erste Hälfte hat musikalisch mit der zweiten Hälfte nichts zu tun. Das soll eigentlich symbolisieren, dass wir auch so eine Spezies sind, welche früher oder später, wenn alles zu Grunde gerichtet ist, dann auch natürlich verschwindet. Zugleich sind wir aber auch die Einzige, welche etwas tun kann dagegen. Von daher haben wir hier zwei Rollen als Mensch und wir wollten einfach mit dem Album dafür etwas Aufmerksamkeit erreichen.“ Auf diese Aussage verfiel ich in eine kurze Lobpreisung dieses edlen Vorsatzes und erklärte, dass ich es immer wieder gut finde, wenn Bands ihre Reichweite für derartige Vorhaben nutzen. Jan meinte darauf: „Ja genau! Man hat eben eine gewisse Reichweite und da kann man auch ein bisschen Verantwortung übernehmen. Gerade als Intrumentalband ist das etwas ungewöhnlich ohne Texte, aber wir versuchen es eben mit anderen Mitteln zu erreichen. Bisher ist das Feedback auf die Platte wirklich mega!.“ Der Ansatz das eigene Medium zu nutzen um etwas Verantwortung für die Allgemeinheit, bzw. den weltlichen Zustand, zu übernehmen, ist ein wirklich lobenswerter und beeindruckender! Da wir schon beim Feedback zur Platte bzw. den Songs gekommen waren, schoss ich folgende Frage hinaus: „Wenn wir schon bei den Songs sind, wie entstehen jene bei euch? Wie läuft bei euch das Songwriting ab?“ „Ach, das generell zu sagen ist etwas schwierig. Meistens entstehen die Songs im Jam. Wir treffen uns, haben sozusagen „Nichts“ und fangen an etwas herumzuspielen. Dann steigt jeder au den Anderen ein. Das hat sich in den letzten Jahren sehr gut zusammengespielt. Es kommt ab und zu einmal vor, dass man etwas mitnimmt von zu Hause und dann wird das gemeinsam ausgearbeitet. Bei der Platte war es eher so, dass wir zuerst die Tiere hatten und dann angefangen haben zu schreiben. Normal schreibt man erstmal einen Song und dann sieht man nachher wie erst heißt, oder ob sich das irgendwie in eine thematische Klammer setzen lässt. |
Diesmal war es wirklich anders herum. Wir hatten zuerst die Tiere, haben dann versucht jene zu vertonen und eine gewisse Atmosphäre, den Lebensraum, wie die Tiere leben und aussehen, mit einzufassen.“ erklärte Jan. Photo Credit: Andre Stephan Nun verstand ich, dass die Bilder, welche beim Hören in meinem Kopf aufkamen, möglicherweise jenen ähneln könnten, welche die Musiker beim Komponieren visualisiert hatten. Damit die Songs auch derartige Bilder hervorrufen können muss natürlich auch der Sound passen und daher stellte ich die nächste Frage: „Das Album hat einen sehr breiten Sound. Wie habt ihr das hinbekommen?“ Jan antwortete: „Wir haben sehr analog aufgenommen. Also das Lustige an der Sache ist, dass das Team exakt das Gleiche wie bei der letzten Platte war, aber die Neue trotzdem komplett anders klingt. Auch die Studios waren die Gleichen. Wir nehmen die Gitarren immer selber auf, im Studio bei unserem Gitarristen Dave. Das Schlagzeug haben wir in einem in der besten Räume Deutschlands, in welchem man Schlagzeug aufnehmen kann, aufgenommen. Das ist in Hannover. Der Mix wird auch in einem Studio in Hannover gemacht. Wir haben alles separat aufgenommen, aber dabei extrem auf die Räume und das Equipment geachtet. Wir haben uns sündhaft teure Mikrophone ausgeliehen. Also absolut „Top-Notch“. Es war uns sehr wichtig, dass wir den besten Sound herausholen, gerade bei einer Instrumentalplatte ist das ganz wichtig. Zusätzlich sollte sie, im Gegensatz zur alten Platte, welche natürlich auch geil klingt, sehr natürlich klingen. Also schon fett und „state of the art“ aber natürlich. Nicht so überproduziert mit Drumsamples und „Tralala“, sondern es ist alles echt.“ Das an diesem Album Alles echt ist kann ich nur bestätigen. Andererseits kann ich auch das Bedürfnis verstehen in der heutigen Zeit eher zu ursprünglichen analogen Methoden zurückzugreifen, da uns die digitalen Hilfsmittel doch einiges vom „rohen menschlichen Sound“ nehmen. Jedenfalls ist der Sound absolut gelungen, speziell durch die gekonnte Raumwahl. Genau über dieses Thema plauderte ich noch etwas mit Jan, bis ich noch kurz eine Frage nach anstehenden Konzert-Terminen stellte. Wer nach dem Hören der neuen Platte Bock auf ein Live-Konzert bekommen hat, darf sich auf jeden Fall auf die kommende Tour von Long Distance Calling freuen. Da Jan meine Hauptfragen beantwortet hatte, glitt ich noch kurz mit Ihm in eine Plauderei hinsichtlich der aktuellen Lage in der Welt der Konzerte ab, bis wir uns freudig voneinander verabschiedeten. An dieser Stelle sei nochmal ein großes Dankeschön an Jan gerichtet! Euch da Draußen sei „Eraser“ von Long Distance Calling wärmstens ans Herz gelegt, wenn ihr ein absolut gelungenes Instrumental-Album hören wollt, welches euch einiges zum Nachdenken gibt. Ich bin mir sicher, dass ich mir auch noch eine der feinen Coloured-Vinyl gönnen werde. Falls euch noch interessiert was ich ganz genau von „Eraser“ halte, dann findet ihr hier die --> Rezension. |
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