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LONG DISTANCE CALLING: „Eraser“

Kommen wir einmal zu einem rein instrumentalem Album mit nachdenklich stimmenden Hintergrund. Die 2006 gegründete Post-Rock Band Long Distance Calling veröffentlicht am 26.08.2022 ihr nun achtes Studioalbum, namens „Eraser“ und eben jenes bringt, trotz fehlendem Gesang, eine gewaltige Message. Janosch Rathmer (Drums/Percussions), David Jordan (Guitar/Synth), Florian Füntmann (Guitar) und Jan Hoffmann (Bass), haben sich zusammen getan und ein Konzept entwickelt, welches ein schon immer wichtiges, aber auch immer wichtiger werdendes Thema aufgreift. Unsere Erde ist ja nicht nur „unsere“, sondern gehört ebenso allen Lebewesen die darauf existieren. Dass die aktuellen Umstände den Letztgenannten mehr Schaden als Freude bringt steht außer Frage und dass die Menschen die schon lange die Funktion als „Eraser“ bzw. „Auslöscher“ oder „Ausradierer“ haben ebenso.

Um genau diese Angelegenheit geht es in den insgesamt 9 neuen Songs. Begonnen wird mit dem eher bedrückendem Intro „Enter: Death Box“, welches direkt die ernsthafte Stimmung für das Album setzt. Mit „Blades“ wird es dann direkt rockig, wenn auch die ruhigen Passagen ein gewisses Unbehagen vermitteln. Kein Wundern, denn dieser Song ist dem schwarzen Rhinozeros gewidmet, welches kurz vor seiner Ausrottung steht. Diese Widmung ist kein Einzelfall, denn jeder Song auf der Scheibe ist einem vom Aussterben bedrohten Lebewesen gewidmet. Dieser Umstand gibt den instrumentalen Kompositionen eine ganz eigene Tiefe. Nicht nur die Metaebene, sondern der Sound der Tracks selbst ist sehr beeindruckend. Die Band hat in mehreren Studios aufgenommen und hierbei speziell auf die Beschaffenheit der Räume geachtet. Durch diese Genauigkeit beim Aufnehmen haben die Songs eine enorme Breite und Wirkungskraft. Die Intensitätswechsel sind massiv gut gelungen und ziehen einen immer mehr in das Album hinein.

Aber kommen wir zurück zu der Bedeutung der Songs. Bis zu „Landless King“ sind unsere koexistierenden Lebewesen das Thema, doch mit „Eraser“ wendet sich das Blatt und der Mensch steht im Mittelpunkt. Der insgesamt 9 minütige Song legt nicht nur unsere Übermacht als Mensch gegenüber der Natur dar, sondern auch den Fakt, dass wir uns durch unser Handeln wohl bald selbst als aussterbende Rasse klassifizieren müssen. Somit zeigt die Band nicht nur die Problematik des Artensterbens auf, sondern stellt auch klar fest wer dafür verantwortlich ist und welche Gefahren diese Verantwortung mit sich bringt.

Fazit: Mir war klar, dass Long Distance Calling ein feines Post-Rock Album liefern würden, doch dass es sich um ein so geniales Konzept handelt konnte keiner ahnen. Abgesehen von dem genialen Hintergrund der Songs sind jene selbst qualitativ vom Feinsten! In meinem Interview mit Jan Hoffmann durfte ich mir erklären lassen, wie die Band beim Aufnehmen der Songs vorgegangen ist und alleine die Art in welcher er dies darlegte zeigte mir, dass alle Musiker der Band absolute Profis in ihrem Bereich sind. Für mich hat die Band mit ihrem Mediabook zum Album nochmals den Vogel abgeschossen, denn hier findet man im Booklet eine klare Aufschlüsslung der Lebewesen, welchen die Songs gewidmet sind, sowie Daten zu jenen. Alles in allem ist „Eraser“ ein absolut beeindruckendes Album und hat nichts Anderes als 10 von 10 Punkten verdient!

 
Bewertung:

GENRE: Post-Rock

TRACKLIST:

1. Enter: Death Box
2. Blades 
3. Kamilah
4. 500 Years
5. Sloth
6. Giants Leaving 
7. Blood honey
8. Landless King
9. Eraser 

VÖ: 26.08.22
Format: CD / Vinyl / Digital
Label: earMUSIC
Vertrieb: Edel Music & Entertainment
Auf Tour im Norden: -

Rezensent: Gregor

--> Musikvideo: LONG DISTANCE CALLING "Giants Leaving"

  Interview mit --> Jan Hofmann von Long Distance Calling