Interview mit Engel Mayr von Russkaja

Von Gregor Eder

Die unvergleichliche Metal-Polka Band Russkaja bringt am 03.02.2023 ihr nun achtes Studioalbum, wenn man das Best-Of mit rechnet, auf den Markt und im Rahmen der Veröffentlichung durfte ich mich mit Gitarristen Engel Mayr via Zoom zu einem Interview treffen. Als langjähriger Fan der Band freute ich mich schon sehr auf das Interview und hatte natürlich einige Fragen. Kaum hatten wir uns begrüßt schoss ich auch direkt mit der Ersten los: „Wie nehmt ihr als Band auf? Ihr habt ja durch die Bläsersektion sehr viele Elemente die zusammenwirken sollen. Wie sieht da der Recording-Prozess aus?

Engel schoss direkt los: „Also, ich habe schon immer die Alben der Band produziert und Songs geschrieben, aber in den letzten Jahren hat sich erst mein Studio per Zufall mehr aufgebaut. Das habe ich nicht unbedingt geplant, doch es hat sich ergeben. Bei diesem Album war es nun zum ersten Mal soweit, dass ich wirklich alles selbst machen konnte. Das heißt, dass ich die Songs alle geschrieben habe. Das läuft meist so ab, dass ich meist die erste Idee in mein Handy singe oder wenn eine Gitarre in der Nähe ist, singe und spiele ich das Ganze einmal. Wenn ich dann Zeit habe mache ich direkt die Demos zu Hause. Die werden dann direkt ausgearbeitet, sodass der Text da ist und die Melodien sitzen. Die Bläser und das Schlagzeug werden vorerst einmal programmiert und Bass sowie Gitarre spiele ich selbst. Wenn ich den Song dann richtig gut finde, dann lege ich ihn einmal unserem Sänger vor. Da gibt es dann Songs die werden direkt übernommen und andere an denen nochmal herum feilt. Beispielsweise bei „No Borders“ wurde direkt alles übernommen. Da haben wir sogar die Lead-Vocals direkt schon auf die Demo aufgenommen. Wenn das Demo dann passt gehen wir in die Studiophase. Dort beginnen wir dann mit Schlagzeug, Gitarren und Bass. Bläser, Geigen und Saxophon kommen dann gemeinsam im Studio dran. Es wird natürlich alles einzeln aufgenommen, doch manchmal muss man beim Feinschliff hier und da etwas umdrehen und daher ist es gut, dass die Musiker gleichzeitig im Studio sind. Da wird hier und da Stimme getauscht oder auch dreistimmige Sätze bearbeitet. Zum Schluss kommt dann Georgij zu mir und dann werden die Vocals gemacht. Es passiert also alles bei mir im Studio. Ich arbeite ja auch mit vielen anderen Bands, aber es ist großteils Zufall, dass sich da so viel tut.“

Ein gewaltiger Haufen an Arbeit den Engel hier mit seinen Kollegen bewältigt! Das Resultat lässt sich auf jeden Fall hören. Als Amateur-Techniker konnte ich es mir nicht verkneifen etwas bezüglich des Mixes der Bläser nachzufragen und so gab mir Engel ein paar Tipps (danke nochmal dafür!) bevor ich zu folgender Frage kam: „Ihr habt ja einige Kooperationen am Album. Was mich speziell interessiert ist wie ihr zu Benji Webbe von Skindred gekommen ist?

„Also beim Benji ist es so, dass ich ein „Die-Hard-Fan“ von ihm bin. Ich bin schon Fan von ihm bevor es Skindred überhaupt gab. Um 1998 ist das erste Soulfly-Album veröffentlicht worden und damals hat die Band interessante Einflüsse verschmolzen. Langer Rede kurzer Sinn, auf diesem Album hat Benji zwei Gastauftritte. Von eben diesen zwei Tracks bin ich riesiger Fan geworden und habe einmal recherchiert wer dieser Benji überhaupt ist. Dann bin ich auf seine Band Dub War gestoßen und nachdem er die Band aufgelöst hat, wurde Skindred gegründet. Bei der Kooperationsnummer habe ich mir gedacht, dass es cool wäre Benji bei dem Song dabei zu haben. Skindred waren ja lange bei unserem Label und unser Booker hatte den Kontakt zu ihrem Management. So kam der Kontakt zustande. Das Coolste war dann, dass der Manager Benji meine Nummer gegeben hat und ich eine Whatsapp-Nachricht von ihm bekommen habe. „Ich hätte gerade Zeit den Track zu machen. Hast du auch Zeit?“ so in die Richtung lautete die Nachricht. Das war für mich unglaublich, dass einer meiner Helden an einem meiner Songs mitarbeiten wollte.

 

Er hat mir dann Ideen geschickt und wollte nur wissen wie es mir gefällt. Wir haben dann ein paar Stunden an dem Song gearbeitet. Für mich wirklich surreal.“ erklärte Engel.

Fotocredit: Markus HAAS

Es war wirklich cool zu hören, dass Engel hier einen seiner Helden auf einem Album verewigen konnte. Ich selbst bin großer Skindred-Fan und mein innerer Fanboy würde möglicherweise explodieren, wenn ich an Engel`s Stelle wäre. Da das Album mit einem sozialkritischen Lied beginnt und die Band ein doch eher „feier-wütiges“ Image hat, stellte ich folgende Frage: No Borders“ bringt zu Beginn eine klare Message, andererseits liefert das Album einige Party-Songs. Welche dieser Facetten steht für euch beim Songwriting im Vordergrund? Denkt ihr viel darüber nach oder kommen die Nummer so wie es euch gerade passt?"

Engel antwortete direkt: „Eigentlich steht für mich bei Russkaja das Party-Element im Vordergrund. Hauptsächlich schreibe ich lustige spaßige Sachen. Aber bei „No Borders“ bin ich von der akuten Kriegs-Thematik inspiriert worden. Gerade für uns ist es eine spezielle Situation, da wir einen Bassisten aus der Ukraine und einen Sänger aus Russland haben. Andererseits haben wir wieder einen Italiener am Saxophon, es ist wirklich gemischt bei uns. Irgendwann saß ich im Tour-Buss und irgendwie sind mir die Worte direkt eingefallen. Die Leute wollen in erster Linie Party machen und Spaß haben, aber als Künstler ist es dir natürlich auch ein Anliegen, dass du irgendwann etwas mitteilst. Ich finde bei Russkaja kommt es immer wieder vor, doch das liegt prozentual gesehen nicht einmal bei 50%, eher bei 20%.“

Eine klare Antwort! Russkaja kann Party, aber ebenso etwas klar und deutlich mitteilen! Ein Lied des Albums lies mich in Frage stellen, was die Band uns genau mitteilen will und inwiefern der Song mit Party zu tun hat. Meine letzte Frage lautete: „Warum eigentlich „Last Christmas“?“

„Also das ist ach auf meinem Mist gewachsen, muss ich zugeben. In einer „Willkommen Österreich"-Sendung vor Weihnachten habe ich zu meinen Kollegen gemeint, dass ich sehr gerne den meist gehassten Weihnachtssong spielen will. Die Band hat eingewilligt und dann war das Cover eigentlich so cool, dass es im Internet viel Zuspruch gefunden hat. Wir haben dann auch ein Video dazu gemacht und schlussendlich hat das Label gemeint, dass wir es auch auf das Album tun sollten“ klärte mich Engel auf.

Ich muss ehrlich zugeben, dass diese Version auch für mich hörbar ist und ihr schon alleine wegen diesem Song das neue Album der Band hören solltet! Ich bedanke mich auf diesem Wege nochmals bei Engel für das wirklich entspannte Interview und freue mich schon auf weitere Musik aus seiner Hand. Hier die --> Rezension des neuen Albums.