Interview mit Shane von Silverstein

Von Gregor Eder

Satte 22 Jahre hat die aus Kanada stammende Truppe namens Silverstein schon auf dem Buckel. Am 06.05.2022 wird das 10. Studioalbum der Band, namens „Misery Made Me“, veröffentlicht und ich hatte die Ehre vorab mit Sänger Shane Told etwas darüber zu plaudern.

Nach einer kurzen Vorstellung schoss ich wie gewohnt recht forsch mit der ersten Frage los: „Wie waren die Arbeiten am neuen Album? Hattet ihr mit irgendwelchen Restriktionen zu kämpfen, oder war die „Recording-Situation“ eher gewohnt.
„Klarer Weise hatten wir uns durch die Pandemie eine gewisse Zeit lang nicht gesehen, bzw. seltener als gewohnt, doch bei den Arbeiten am Album sahen wir uns jeden Tag. Wir haben in dieser Zeit zusammen gewohnt und das Album aufgenommen. Die Restriktionen waren hier kein wirkliches Problem. Es war auf jeden Fall ein schönes Erlebnis wieder so eng zusammen zu arbeiten.“ erklärte Shane.

Ich kann mir vorstellen, dass es eine sehr feine Erfahrung sein muss nur für die Arbeiten an einem Album gemeinsam zu wohnen. Man hat ja sonst selten die Zeit so genau an diversen Ideen zu feilen.
Während der Pandemie hatte die Band ein interessantes Live-Stream-Konzert im Metaverse veranstaltet. Ich hatte leider nur davon gehört und war nicht selbst dabei und daher war klar, dass ich mir aus erster Hand anhören musste, wie es zu solch einem interessanten Konzert kam. Daher folgte diese Frage: „Ihr habt ja ein sehr immersives digitales Konzert abgeliefert. Wie ist diese Sache zustande gekommen und wie kann man sich das Ganze vorstellen?
Shane schoss direkt los: „Ich habe mich schon immer für die Möglichkeiten der Digitalisierung im Generellen interessiert. Mitunter habe ich mich auch nach einer Zeit mit NFT`s auseinander gesetzt und in der Zeit der Pandemie haben ja einige Bands Live-Stream-Konzerte gegeben. Wir haben das dann eben auch direkt in einem digitalen Raum ausprobiert. Man hatte eine digitale Bühne und sogar eine digitale Bar an der man sich ein digitales Bier holen konnte. Am digitalen Merchstand wurden die bandeigenen NFT`s verkauft. Jetzt wo wir wieder auf Tour sind und sich somit unsere alte Vorgehensweise wieder stabilisiert sind solche Konzerte nicht mehr so interessant. Ich würde nicht soweit gehen und sagen, dass derartige Konzerte die Zukunft sind. Es war jedoch interessant so etwas einmal auszuprobieren.“

Ich fand die Idee eines solchen Konzertes, vor allem in Kombination mit NFT`s als Merch sehr interessant, doch schlussendlich gab ich Shane vollkommen recht, dass es sich dabei nicht um die Zukunft der Konzert-Branche handeln kann.
Da Shane erwähnte, dass die Truppe gerade „on the road“ sei, fragte ich: „Wo konzertiert ihr denn heute?
„Wir sind ja gerade mit Beartooth unterwegs. Heute steht Providence in Rhode Island am Plan.“ antwortete Shane.

Ich grinste und erklärte, dass ich Providence gut kenne, da dort der legendäre Autor H.P. Lovecraft geboren ist. Shane war überrascht, dass ein Journalist aus meinen Gefilden das „kleine Dorf Providence“, wie Lovecraft selbst gern schrieb, kannte und fand es erheiternd.
Nach diesem kleinem Zwischenplausch fokussierte ich mich wieder auf das Album und fragte: „Ihr seid ja für eure emotional starken Texte bekannt. „Misery Made Me“ ist ein sehr mächtiger Albumtitel und die Songs sind nicht weniger ausdrucksstark. Welche Messages auf diesem Album sind aus deiner Sicht die wichtigsten?"
„Eine ganz konkrete Antwort kann ich auf diese Frage nicht geben. „Misery“ ist auf jeden Fall das Hauptthema des Albums, sowie der Umgang damit. Die vergangenen Jahre haben uns einiges an Elend beschert und damit muss man auch irgendwie umgehen.

 

 

Das Album wurde während dieser entbehrlichen Zeit geschrieben und daher ist auch klar, dass die damaligen Emotionen ausschlaggebend für die Texte waren. Das Album beginnt ja mit „Our Song“ und hier fällt der Begriff zum ersten Mal. Abgeschlossen wird das Album mit „Misery“ und der letzte Satz darin ist „I cant find my peace in misery“. Dieser Satz birgt auch eine gewisse Motivation. Die Songs beschäftigen sich nicht nur mit dem Elend, sondern auch damit wie man die Motivation aufbringt gegen eben jenes vorzugehen. Ich hoffe das beantwortet deine Frage.“ meinte Shane.

Fotocredit: Wyatt Clough

Das beantwortete vollends meine Frage, da es vollkommen schlüssig ist, dass man nicht nur über Elend wehklagt, sondern auch versucht einen Weg zu finden, jenes zu eliminieren. Ich meinte zu Shane, dass ich interessanter Weise einige Freunde haben, welche Silverstein anführen, wenn es um Bands geht, welche Ihnen mit ihrer Musik durch schwere Zeiten geholfen haben.
Shane meinte dazu: „Ich höre solche Aussagen des Öfteren. Ich habe sogar schon Menschen getroffen, dass unsere Musik ihnen das Leben gerettet hat. Wir schreiben die Musik nicht bewusst so, dass sie diesen Effekt hat, doch dass jener immer wieder auftritt ist ja gerade das Schöne. Genau solche Begebenheiten zeigen mir, dass unsere Musik ihren Sinn hat.“

Da konnte ich Shane nur zustimmen. Es ist wirklich enorm schön, wenn man derartiges Feedback bekommt. Bevor ich Shane entspannt in seine Vorbereitungen vor dem anstehenden Gig entlassen wollte, ging ich nochmal direkt auf seine Vocals ein. „Deine cleanen Vocals sind sehr mitreißend und deine Shout-Passagen verfeinern den Gesamtsound. Wie bist du eigentlich zum Shouten gekommen?“ fragte ich.
„Ich habe nicht wirklich professionell damit begonnen. Es muss noch irgendwo eine Kassette mit meinem aller ersten Versuch zu shouten geben. Damals meinte ein Kollege, dass es sich wirklich gut anhören würde, wenn ich zu dieser Nummer schreien würde und so haben wir das Ganze über eine Boombox aufgenommen. Ich hatte nie Unterricht, es hat sich einfach durchs Probieren entwickelt. Man kann sagen, dass ich es mir durch „Trail and Error“ angelernt habe.“ erklärte Shane.

Also ein weiterer bekannter Metal-Sänger, welcher sich autodidaktisch an seinen musikalischen Werdegang gewagt hat, wenn es um sein Instrument geht. Da ich selbst Sänger in einer Band bin unterhielten sich Shane und ich noch über diverse Gesangstechnicken bis unsere Interviewzeit zu Ende war.
An dieser Stelle sei nochmals ein großes Dankeschön an Shane gerichtet. Es war eine Freude ihm zu lauschen und ich freue mich schon wenn man einmal bei einem Gig der Truppe zusammentrifft.
Euch da draußen kann ich nur noch empfehlen in „Misery Made Me“ rein zu hören. Dort findet ihr tiefgehende Songtexte und brachiale Musik! Was ich ganz genau von dem Album halte findet ihr in meiner --> Review dazu.