MUSIC
Songwriterin und Popstar Sia (bürgerlich: Sia Kate Isobelle Furler) hat nun ihr Regie-Debüt mit dem Film „Music“ gewagt. Ganz neu ist sie nicht im Filmgeschäft, denn sie hat ihr Talent für ausgefallene und knallbunte Bildkompositionen bereits bei einigen Musikvideos unter Beweis gestellt.
Der Film erzählt die Geschichte von einem autistischen Mädchen namens Autistin Music (gespielt von Maddie Ziegler), die bei ihrer Großmutter Millie (Mary Kay Place) aufwächst und nach deren plötzlichem Tod von heute auf morgen allein dasteht. Neue Umweltreize überfordern sie schnell, weswegen sie Sicherheit in einem strikt regulierten Alltag findet, den sie gemeinsam mit ihrer Großmutter lebt. Um Music herum gibt es aber noch ein ganzes Netzwerk von Nachbarn und Bekannten, die allesamt dabei mithelfen, dass sie ihr Leben bewältigen kann.
Der Tod der Mutter ruft Musics einzige verbleibende Angehörige - Halbschwester Kazu-, genannt Zu (die extra für den Film kahlrasierte Kate Hudson) auf den Plan. Sie ist gerade auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen worden und versucht, von Alkohol und Drogen wegzukommen. Natürlich ist Zu erstmal völlig überfordert mit der Aufgabe, weil sie nicht um all die Rituale und Gewohnheiten weiß, die Music braucht, um sich geborgen zu fühlen. Denn jeden Morgen hatte ihre Großmutter zum Beispiel zwei Eier gebraten. Auf dem Teller gbit es noch aus Ketchup ein Lächeln dazu. Und schon ist auch das Spiegelei-Smiley für das Filmplakat und dem dazu gehörenden Musik-CD Cover fertig für den. Unsere Rezension gibt es –> hier.
Es kommt zu Annäherungen, denn Zu lernt die Welt von Music (die natürlich zu einem großen Teil aus Musik besteht) immer besser kennen. Außerdem entwickelt sich mit dem Nachbarn und HIV-positiven Boxer Ebo (Leslie Odom Jr.) eine zarte Liebesgeschichte.
Sia sah sich bei einer Trailer-Veröffentlichung jedoch mit einem gigantischen Shitstorm konfrontiert, in dem ihr eine respektlose und klischeehafte Darstellung von autistischen Menschen vorgeworfen wird. Auch Maddie Zieglers (übrigens Patentochter Sias) bereits im Vorfeld stark kritisierte Besetzung als Autistin war etwas unglücklich. Sia hatte sie als damals 11-Jährige für ihr Video „Chandelier“, immerhin grammyprämiert- sowie in weiteren Musikvideos eingesetzt. Eine Art Pop-Avatar für den schüchternden Star im Hintergrund.
Die eingeschobenen Songs und Tanznummern mit farbenfroher Sets, witzigen Kostümen und ausdrucksstarken Choreographien haben leider wenig mit der Handlung zu tun und könnten mit ihren knallbunten Sets, schnellen Kamerabewegungen und Stroboskoplicht sicherlich bei Authisten zum nächsten Anfall führen. Eine von vier Autisten hat Epilepsie. Die Clips sollen Musics ganz eigene Gedankenwelt illustrieren, sorgen aber eher dafür, dass der Film in seine Bestandteile zerfällt.
FAZIT: Während „Music“ vorgibt, sich mit dem Leben einer autistischen Frau auseinandersetzen, wird bald klar, dass Sia vertrautes Terrain nicht verlässt. Gezeigt werden ihre Musikvideos, ihre Songs und ihre langjährige Muse. Es bleibt ein fader Beigeschmack, dass Sie einen Grund gesucht hat, um Maddie Ziegler in wilden Kostümen zur eigenen Musik tanzen zu lassen.
Das der Film nicht im Kino, sondern erscheint nur digital sowie auf DVD und Blu-ray, das hat nicht nur mit der Pandemie zu tun, sondern auch mit Kontroversen, die den Film von Anfang an begleiteten. Autistische Person nehmen ihr Umfeld eben nicht als kunterbunte Zuckerwattewelt wahr. Die Hauptfigur bleibt leider Nebensache, anstatt zur eigenständigen Figur aufzusteigen. Letzten Endes werden Musics Gefühle und Bedürfnisse für den Zuschauer nicht greifbar. |