Sonne statt Schlamm: Moin vom Wacken 2024

Wolfgang Karg

Wacken, 31.07. – 03.08.2024 – Mit gerade einmal 800 Besuchern beginnt 1990 das, was heute als bekanntestes Heavy-Metal-Festival der Welt gilt: das Wacken Open Air. Es ist wieder „WAAAACKEEEEEEEEEEN!!! angesagt, das 33. mal um genau zu sein. Die Investorengesellschaft KKR aus den USA hat den Wacken-Veranstalter Superstruct Entertainment gekauft. Medienberichten zufolge sollen sie dafür 1,3 Milliarden Euro gezahlt haben. In diesem Jahr soll es noch keine Auswirkungen haben.

Wenn sich im hohen Norden die Kühe ihre weißen Flecken einfärben lassen, wissen wir: Es ist wieder einmal so weit. 85.000 Metalheads sind wieder vom 31.07. bis 03.08. dabei. Dort feierten Menschen über 50 Jahre genauso wie 15-Jährige oder Menschen mit fünfjährigen Kindern. Und die Tickets gingen erneut in Rekordzeit weg, in 4,5 Stunden waren alle weg. Das Festival steht dieses Jahr unter dem Motto „Witches & Warlocks“. Übersetzt bedeutet das so viel wie „Hexen & Hexenmeister“. Das Programm, die Dekoration und die künstlerischen Darbietungen auf dem Festival werden also teilweise im Zeichen der Magie stehen.  

Erstmalig war die Frühanreise bereits am Sonntag. Bis zum Montagmorgen waren bereits 15.000 Festivalbesucherinnen und -besucher vor Ort. Die Sonntagsanreise kostet pro Fahrzeug knapp 67 Euro obendrauf. Nach dem Anreise-Chaos im vergangenen Jahr zu Schleswig-Holsteins bekanntestem Dorf müssen Besucher nun einen sogenannten Access Pass dabei haben, der nur an einem bestimmten Anreisetag gültig ist. Außerdem gibt es drei festgelegte Routen, auf die sich die Besucherinnen und Besucher aufteilen sollen.

Der Wacken-Wettergott meint’s besser als 2023

Nachdem starke Regenschauer im letzten Jahr The Holy Ground so in ein Schlammfeld verwandelt hatten, dass viele Festivalbesucher weder auf den Parkplatz noch wegen Einlassstopp ins Infield gelangen konnten, sah es dieses Jahr wesentlich besser aus. Sonne satt an den Anreisetagen. Am Dienstag sengende Sonne bei 26 Grad und das Wacken Freibad musste wegen Überfüllung geschlossen werden.

Diesmal wurden statt „nur“ 8.350 m² ganze 17.250 m² Bodenplatten aus Aluminium verlegt. So sollen alle Heavy-Metal-Fans im Fall von Schauern trockenen Fußes auf die Campingplätze und natürlich aufs Festivalgelände kommen.

Schwarz gekleidete Metalheads bevölkern das 2000-Seelen Dorf Wacken. Empfehlung der Redaktion: Einfach mal hinsetzen und gucken. Es ist besser als Kino. Wie ind den letzten Jahren wurden vorsorglich die Ortsschilder abgeschraubt. (Trophäen für Souvenir-Jäger). Auch in diesem Jahr gilt: Das schwarze Gefolge hilft einander, waren wieder bestens gelaunt und alles war wieder friedlich zusammen. Mittendrin der Drehorgelspieler mit seinen Seemannsliedern, die Kids mit ihren Kettcars fahren als Lastentaxi, ein zehnjähriger Junge spielt am Straßenrand auf seiner E-Gitarre vor einer Gruppe Metalheads.

© NordeventsImpressionen

Wer das Festival besucht, sollte einiges an Bargeld oder eine Bankkarte einpacken, um den Chip am Festivalbändchen aufzuladen, mit dem man Essen und Trinken bezahlt. Um einige Preise zu nennen: 5,50 Euro für ein 0,4 Liter Bier, 5 Euro für eine Cola in der gleichen Größe. Das liegt etwas unter den Preisen anderer Festivals. Fast 11 Euro für einen Hamburger und 5,50 Euro für eine Currywurst – natürlich ohne Pommes.


Bereits am Sonntag hatte die Wacken Firefighters der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr das Festival traditionsgemäß eröffnet, überraschend verstärkt durch EM-Fanmeilen-Liebling André Schnura mit seinem Saxophone. Genauso Kult ist Mambo Kurt, der promovierte Arzt, der seit 25 Jahren als Alleinunterhalter auf den Bühnen der Republik unterwegs ist. Sein Instrument: eine Heimorgel, Baujahr 1980. Und er ist ebenso Kult in Wacken. Nicht zu vergessen 5th Avenue, die Wackenband der ersten Stunde, auch sie dürfen dieses Jahr nicht fehlen. Eine Warm-Up-Party mit Co-Gründer Holger Hübner heizte schon mal ein.

Ab Mittwoch ging es dann auf den acht Bühnen richtig los

Infield öffnete am Mittwoch um 15:30 Uhr, es gab wieder ein Opening-Spektakel mit ins Infield rennenden Metalheads aus den ersten Reihen an den Einlasstoren. Gemächlicher ging es danach zu, mag an den hohen Temperaturen gelegen haben. Mehr als 140 Bands spielen in diesem Jahr. Dabei waren Comedian Bülent Ceylan & Band, es kam es am Mittwoch übrigens zu einer Überraschung. Er holte Peter Maffay als Special Guest auf die Bühne. Die Folk-Punk-Rock-Band Flogging Molly spielten zur Goldenen Stunde viele neue Songs und die Mittelalter-Rock-Band und Headliner des Tages In Extremo folgten. Suzi Quatro wollte mit ihren 74 Jahren das erste Mal bei Wacken dabei sein, Hard-Rock- und Heavy-Metal-Gitarrist Axel Rudi Pell mit seiner gleichnamigen Band legte sich mächtig ins Zeug. Der Bochumer war schon 1999 erstmals in Wacken.

Bei den seit den 1970ern erfolgreichen Sweet ging es melodiöser zu – und der hymnische Hard- beziehungsweise Glamrock wie „Fox on the Run“ oder „Ballroom Blitz“ passten gut unter die Mittagssonne. Die Heavy-Metal-Band Accept und die Metal-Band Opeth durften auch nicht fehlen.

Der Rapper, Sänger, Gitarrist, Produzent, Komponist und Songwriter Lukas Strobel, besser bekannt als Alligatoah, konnte schon auf dem Deichbrand Festival begeistern (wir berichteten). Da er in seinem neuen Album viel Metal verbaut hat, zog es ihn auch nach Wacken. Im roten Rollkragen und roter Hose, seinen Fellmantel abgelegt, zerlegte Alligatoah die Büromöbel, die ihm auf der Bühne als Kulisse dienten.

Die Scorpions waren als der Headliner des Donnerstags gesetzt und spielten gut anderthalb Stunden. Es gab einige negative Kommentare, dass es doch kein richtiger Headliner wäre und Klaus Meine stimmlich auch nicht mehr an seine beten Zeiten anknüpfen kann. Außerdem stand der der 76-jährige Meine fast bewegungslos auf der Bühne, hatte er doch im Frühjahr eine schwere Wirbelsäulen-OP. Aber immerhin ist es eine der bekanntesten Bands aus Deutschland und feiern insbesondere im Ausland riesige Erfolge. Laut Klaus Meine will die Band 2025 weitere Konzerte geben und ihr 60-jähriges Jubiläum als Band feiern. „Big City Nights“ wurde von Doro Pesch unterstützt. Pyrotechnik durfte auch nicht fehlen.

© WOA FESTIVAL GMBH – Mittwoch und Donnerstag

Der Freitag

Mit verhangenem Himmel begrüßte das Wacken seine Gäste auch am Freitag. Bereits gegen Mittag trat auf der Faster Stage die finnische Power-Metal-Band Sonata Arctica auf. Die Metal-Band Beast In Black folgte und man hatte vielleicht eine Fahrgemeinschaft. Die Mittelalter-Rock- und Metal-Band Feuerschwanz hatte es da nicht ganz so weit, sie kommen aus Erlangen. Für uns gute Bekannte, haben wir doch schon einige Interviews mit der Band in der Vergangenheit geführt.

Auf der Harder Stage ging es nicht weniger hochkarätig zu. Die kanadische Metal-Band Spiritbox spielte als zweiter Act. Sie wurden bereits bei den Grammy Awards 2024 in der Kategorie Best Metal Performance sowie zweimal bei den Juno Awards nominiert.

Auch abseits der Bühnen wissen sich die Festivalbesucher zu amüsieren. Im Wackinger Village gab es wieder die Ritter und Wackinger, es gab Rollenspiele und Schaukämpfe. Die Wasteland Warriors stellten wieder ihre sehenswerten Endzeitkostüme vor. Sie haben sich auf postapokalyptische Kostüme, Fahrzeuge, Bauten und Requisiten spezialisiert. Sie sind bereits als Show- und Künstlergruppe auf zahlreichen Veranstaltungen in Deutschland und anderen Ländern aufgetreten. Außerdem gab es auf dem Festival Cage Fights, Fahrzeugparaden und Feuershows.

Auf der Wackinger und Wasteland Stage wurde Mittelaltermusik oder -rock bzw. Endzeitrock gespielt. Und das leckerste Essen jenseits des Fast-Food gibt es sowieso im Wackinger-Village.

© NordeventsWasteland Warriors

Auf der W:E:T Stage performten u.a. John Coffey, Baroness und Nachtblut. Auf der Wasteland-Stage waren Shredhead und Dear Mother zu finden. Auch die Endzeit-Rock-Band Megabosch spielten im Wasteland. Umrahmt von Wasteland Warriors und deren Interieur war es eine perfekte Kombi und sind immer wieder sehens- und hörenswert.

Grund für den stilistischen Wandel und das neue Markenzeichen der Band – die Farbe rot – war für die Band April Art die Coronapandemie. Sie spielten bei „70.000 tons of metal“, der weltgrößten Heavy-Metal-Kreuzfahrt und dann kam die Anfrage: Wollt ihr in Wacken spielen? Und so flogen die feuerroten Zöpfe der Sängerin Lisa auf der Wasteland Stage zu modernem Metal mit melodischen Hooks, knackigen Elektro- und HipHop-Elementen.

Weiter dabei waren am Freitag die Punkrock-Band Betontod -zum vierten Mal dabei- und die schwedische Bluesrock-Band Blues Pills. Die fünfköpfige US-amerikanische Punk-Rock-Band Zebrahead heizte auf der Louder Stage ein. Gitarrist Dan Palmer (der mit dem Zwirbelbart) machte wieder seine Sprünge und ließ sich an einer auf der Bühne aufgebauten Bar Jameson (irischer Whiskey) einflößen. Whitechapel aus Knoxville, Tennessee, folgten und groulten, was das Zeug hielt. Nach der schwedische Metalgruppe Pain um Peter Tägtgren performte Deutschlands „meiste Band der Welt“ – Knorkator. Gero Ivers (Stumpen) trat wie jedes Mal barfüssig auf. Seine Backgrundsängerin und Tochter Agnetha Ivers setzte sich erst einmal in einen Stuhl, las ein Buch und wartete auf ihren Einsatz. Und beim 3. Song bat Stumpen alle Pressefotografen, eimal auf die Bühne zu kommen. Hat man auch nicht alle Tage. Weiterhin im Einsatz: Die Symphonic-Metal-Band Xandria, Primal Fear, eine der erfolgreichsten Power-Metal-Bands, die ukrainische Melodic-Metal-Band Ignea sowie die US-amerikanische Metal-Band SOiL mit einer Special „Scars“-Show.

Gene Simmons kam mit seiner Solo-Band, es war das erste Konzert in Deutschland ohne Kiss. Die US-amerikanische Metal-Band Korn trat als Headliner des Tages auf. Trotz ihres weltweiten Erfolgs standen sie noch nie in Wacken auf der Bühne. Sie gaben 15 Songs zum Besten – mit „Freak on a Leash“ als krönendem Abschluss.

© Nordevents – Musikalische Acts vom Freitag: Embryonic Autopsy, Megabosch, Zebrahead, April Art, Ignea, Whitechapel, Knorkator u.a.

Blind Guardian haben bis 2020 mehr als 3 Millionen Tonträger verkauft und gehört somit zu den Schwergewichten bei Wacken. Metal-Sänger, Komponist und Produzent Tobias Sammet machte mit seinem All-Star-Projekt Avantasia auf der Faster Stage nach Mitternacht das Licht aus.

Food

Wer das Festival besucht, sollte einiges an Bargeld oder eine Bankkarte einpacken, um den Chip am Festivalbändchen aufzuladen, mit dem man Essen und Trinken bezahlt. Um einige Preise zu nennen: 5,50 Euro für ein 0,4 Liter Bier, 5 Euro für eine Cola in der gleichen Größe. Fast 11 Euro für einen Hamburger und 5,50 Euro für eine Currywurst – natürlich ohne Pommes.

Wir haben die Holsteiner Caterjungs in der Bullhead City besucht. Sie haben 2013 mit 2 Food Trucks angefangen, mittlerweile sind es 20 und sie sind auf Festivals und Straßenfesten wie die Hamburger Hafentage vertreten und bieten außerdem Catering an. In Wacken verkaufen sie mit zwei Trucks, einer mit BBQ aus dem Smoker und ein Burger Stand, an dem 5 verschiede Burger (z.B. Avocado, Double-Cheeseburger, Hamburger) angeboten werden. Wir empfehlen die Sauerei (Kringel Pommes, Pulled Pork, Baconkraut, BBQ Sauße und Röstzwiebeln) sowie den Chili-Cheeseburger. Beides sehr, sehr lecker.

© NordeventsFood

Wacken als Briefmarke

Und zuletzt: Die Deutsche Post hat eine Briefmarke für das Wacken Open Air entwickelt. Alle Heavy-Metal-Fans und auch alle anderen konnten die Sonderedition im Online-Shop der Deutschen Post erwerben. Nach dem Festival ist wohl wieder Eile geboten, wenn man noch Tickets ergattern möchte. Damit es auch im nächsten Jahr vom 30. Juli bis 2. August 2025 wieder heißt: See you in Wacken – rain or shine! Die Preise 2025 bleiben mit 333 Euro stabil.

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