Kneipenterroristen

Wolfgang Karg

Cuxhaven, 09.12.2023 – Es gibt auch Terroristen, die greifen zur Gitarre und nicht zur Knarre. So auch die Kneipenterroristen, die mal wieder ein Konzert in der Musikkneipe Franzler zu ihrem Jahresabschluss spielten.

Als Coverband der Böhsen Onkelz eher aus einer Bierlaune gegründet sind sie heute eine eigenständige Band mit über 40 veröffentlichten Tonträgern, wovon die letzten 4 Tonträger die TOP 30 der offiziellen deutschen Chats knackten. Gegründet wurde sie 1998 von Jörn Rüter (Gesang, zweite Band „Torment“) und Rohbert „Goofy“ Wegner (Bass). Ursprünglich saß am Schlagzeug Kristian K., nun trommelte Jason Wöbcke (Martin Christians Sohn). An der Gitarre gab es auch einen Wechsel. Der Ursprungsgitarrist Lars Ramke hatte so viel mit seiner Band Stormwarrior zu tun, dass er von Martin Christian abgelöst werden musste. In der Coronapause entschied man sich, mit Günny Kruse zusätzlich einen 2. Gitarristen in die Band zu holen. 2023 erfolgte dann der gesundheitlich bedingte Wechsel am Bass: Dirk Seifert-Dölves ersetzt Rohbert Wegner. 

Soviel zur Besetzung. Anfang des Monats hat die Band ihr 25 Jahre Jubiläumskonzert im Drafthouse Hamburg gegeben und spielten “Auf die harte Tour”. Die Hamburger Band bezieht ihre stilistischen Einflüsse nicht nur von ihren Frankfurter Vorbildern, sondern auch von Los Tioz, Motörhead, mal eine Metallica-Note mit Thrash-Riffs, aber auch AC/DC oder Rose Tattoo. 

Auf meine Frage wie oft die Band schon im Franzler gespielt hatte, meinte Sänger Jörn: „Kann ich gar nicht sagen, aber zweistellig auf jeden Fall!“. Bei mittlerweile gut 2000 Konzerten kann man auch schon mal die Übersicht verlieren. An den letzten beiden Abenden hatten sie Auftritte in Hamburg und waren noch verkatert.

2000 Konzerte – über 40 Alben

Die Texte sind und bleiben Geschmackssache. Die Songtexte „Nüchtern bin ich schüchtern“, „Hamburger Nächte“, „Ketten & Leder“, „Prost!“, „Mein letztes Bier“ oder „Durstige Männer“ sagen, wo es textlich lang ging. Aber die Songs sind zum Teil wirklich gut. Präzise eingetrümmert und im Prinzip super simpel, ultra eingängig und fast jeder Schuss ein Treffer. Die Kneipenterroristen haben ein Händchen für Eingängigkeit in Verbindung mit metallischer Härte und so bohren sich die Songs von Durchgang zu Durchgang immer weiter in die Gehörgänge und bleiben da auch. 

Reibeisenstimme Jörn kennt sich aus im Musikbusiness. Er ist Eigentümer vom Plattenladen Remedy Records, der Metalkneipe Nightlight, Label Rude Records und Organisator des Festival Metal Bash. Immer wieder prostete er mit seinem Bierhumpen den Zuschauern zu. Zu „Malle schafft sie alle“ setze er auch seine „Ratze voll“-Sonnenbrille auf. Etliche Titel des neuen Albums „Infiziert“ wurden genauso gespielt wie alte Titel oder Böhse Onkels-Cover. Insbesondere Gitarrist Martin Christian -der ebenfalls in der Band Paragon spielt- zeigte, was er auf dem Instrument so drauf hat.

Die fünf Musiker haben an diesem Abend volle 30 Titel komplett durchgezogen, ohne zu schwächeln. Respekt. So eine lange Setlist sieht man sehr selten. Und so hat Hamburgs durstigste Band wieder für einen unterhaltsamen Abend mit ihrem Vollgas-Deutschrock gesorgt. Prost!

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